Ex-Schalke-Profi im ran-Interview
Jörg Böhme im ran-Interview: "Diese Mannschaft hat allen Trainern in den Arsch getreten"
- Aktualisiert: 05.03.2021
- 18:29 Uhr
- ran.de/Timo Nicklaus
Jörg Böhme trägt Schalke noch immer in seinem Herzen und leidet mit Königsblau. Mit der Mannschaft geht er im ran-Interview schwer ins Gericht - und spricht positiv über Jochen Schneider. Von Dimitrios Grammozis ist er überzeugt.
München - Insgesamt 131 Pflichtspiele absolvierte Jörg Böhme für den FC Schalke 04. Mit den Königsblauen holte er 2001 und 2002 den DFB-Pokal, wurde auch "Meister der Herzen".
Auch heute noch macht er keinen Hehl daraus, dass der Verein noch immer einen besonderen Teil in seinem Herzen einnimmt. Umso mehr leidet auch Böhme am derzeitigen Absturz des Traditionsvereins.
Im Interview mit ran spricht der 47-Jährige vor dem Spiel gegen den 1. FSV Mainz 05 (ab 20:30 Uhr im Liveticker auf ran.de) über die Gründe des sportlichen Abstieges und lässt dabei kein gutes Haar an der Mannschaft.
Zudem gibt Böhme seine Einschätzung zur Schalker Personalrochade und erklärt, warum er Jochen Schneider noch immer für den richtigen Mann hält.
ran: Herr Böhme, wie sehr blutet derzeit ihr Schalker Herz?
Jörg Böhme: Das blutet natürlich sehr, aber nicht erst seit den letzten Tagen. Es ist im Prinzip über die letzten Jahre ein schleichender Prozess. Das, was jetzt passiert, ist ja nur die Krönung des Ganzen. Aber klar, wenn man sich speziell das 1:5 in Stuttgart anschaut, macht das einen schon sprachlos.
ran: Bekommt man als ehemaliger Profi in so einer Situation das Bedürfnis, in irgendeiner Form helfen zu wollen?
Böhme: Ganz klar. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es nicht so wäre. Aber der Kontakt zum Verein ist natürlich nicht mehr so vorhanden, wie es früher mal war.
ran: Haben Sie es eigentlich in Ihrer Zeit schon einmal erlebt, dass ein Verein auf einen Schlag fünf Personen entlassen hat?
Böhme: Nein, definitiv nicht. So etwas gab es zu meiner Zeit nicht und wenn ich so drüber nachdenke, hab ich das auch in den letzten Jahren nirgendwo gesehen. Aber ich habe schon vor zwei Wochen gesagt: Wenn das die letzte Patrone ist, dann muss man sie ergreifen. Man darf sich im Nachhinein nicht vorwerfen lassen, dass man etwas unversucht gelassen hat. Ob es dann schlussendlich zu spät war, wird sich zeigen.
ran: Sie hoffen noch auf den Klassenerhalt ...
Böhme: Natürlich tue ich das. Die Hoffnung stirbt immer zuletzt. Aber es stellt sich natürlich die Frage, wie diese Mannschaft, die da auf dem Platz steht, jetzt auf einmal eine Serie starten sollte. Ich kann es mir leider nicht vorstellen. Es gab so viele unterschiedliche Trainer-Charaktere und die Mannschaft hat allen in den Arsch getreten.
ran: Wie meinen Sie das?
Böhme: Wenn ich schon sehe, wie manche Spieler vor dem Anpfiff auf den Platz laufen, bekomme ich teilweise schon zu viel. Da hängen die Köpfe, als ob es schon 0:5 stehen würde. Und wenn ich dann lese, dass manche Spieler den Rauswurf des Trainers fordern. Jeder sollte sich hinterfragen, ob er die Bedeutung von Schalke 04 verstanden hat und erst einmal vor der eigenen Haustüre kehren.
ran: Spieler wurden noch nicht entlassen, dafür aber die komplette sportliche Führung. War das erste Schritt zur Besserung?
Böhme: Ich glaube schon. Mit Leuten wie Gerald Asamoah oder Mike Büskens hat man wieder ein wenig das Gesicht des Vereins hergestellt. Das sind verschiedene Generationen, die wieder greifbar für die Fans sind.
ran: Dabei hatten Sie eine hohe Meinung zu Jochen Schneider?
Böhme: Die habe ich auch immer noch. Das 1:5 in Stuttgart war gewissermaßen der Tropfen, der das Fass zum überlaufen gebracht hat. Er steht ja schon seit Wochen in der Kritik und dass er trotz seines Abschiedes im Sommer noch einen geordneten Übergang finden wollte und auch auf seine Abfindung verzichtet, das zeigt seinen guten Charakter. Ich hätte da glaube ich schon lange gesagt: Danke, das war's für mich.
ran: Was schätzen Sie an Schneider?
Böhme: Meiner Ansicht nach passte er mit seiner beruhigenden Art sehr gut zu einem Verein wie Schalke, der natürlich eine ungeheure Wucht mitbringt. Er hätte jemanden an seiner Seite gebraucht. So war er letztendlich die Person, die alles auslöffeln musste.
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ran: In Dimitrios Grammozis hat der Verein jetzt elf Spieltage vor Saisonende noch einmal einen neuen Trainer installiert. Macht das in der aktuellen Situation überhaupt noch Sinn?
Böhme: Erst einmal glaube ich, dass er mit seiner Art und seiner Emotionalität gut zu Schalke passen könnte. Er hat als Trainer die Mannschaft in Darmstadt damals sehr gut entwickelt. Es geht jetzt in erster Linie darum, die restliche Saison halbwegs gut über die Bühne zu bringen. Da sind alle im Verein in der Bringschuld.
Das Interview führte Timo Nicklaus
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