Joshua Kimmich sollte den FC Bayern verlassen - im Interesse aller Parteien - Kommentar
Aktualisiert: 19.07.2024
20:50 Uhr
Chris Lugert
Die Verhandlungen zwischen Joshua Kimmich und dem FC Bayern stocken, die Fronten scheinen verhärtet. Der Blick auf das Gesamtbild lässt eigentlich nur einen Schluss zu: Eine Trennung wäre das Beste für alle Beteiligten. Ein Kommentar.
Manchmal läuft es in einer Ehe nicht so, wie man es sich zu Beginn erhofft hatte. Man heiratet aus Liebe, über die Jahre erkalten die Gefühle füreinander aber, ehe am Ende nur noch eine Zweckgemeinschaft besteht.
An diesem Punkt bleiben zwei Möglichkeiten: der Versuch, das Verhältnis mit Therapie noch zu retten. Oder die Erkenntnis setzt sich durch, dass es keinen Sinn mehr hat. Und eine Trennung beiden Seiten einen Neuanfang ermöglicht.
Auch die Ehe zwischen dem FC Bayern München und Joshua Kimmich ist an diesem Punkt angekommen. Neun Jahre nach der Zusammenkunft geht es inzwischen um Wertschätzung, um Vertrauen - und um Geld.
Mit seinen inzwischen 29 Jahren befindet sich Kimmich an einem entscheidenden Punkt seiner Karriere. Will er noch einmal ein neues Abenteuer wagen? Oder folgt doch die Bindung an die Bayern, bis das Karriereende sie scheidet?
Sein Vertrag läuft noch ein Jahr, was Kimmich per se eine gute Verhandlungsposition sichert. Er kann problemlos das eine Jahr noch absitzen und dann mit 30 ablösefrei wechseln - fettes Handgeld beim neuen Klub inklusive.
Ein Szenario, das die Bayern natürlich vermeiden möchten. Wenn, dann soll er in diesem Sommer gehen, um noch eine Ablöse einzubringen. Ein langfristiger Verbleib von Kimmich, so viel scheint inzwischen klar, ist alles andere als sicher.
Laut "tz" bestünde zwar gegenseitiges Interesse, die Zusammenarbeit fortzusetzen. Doch die angestrebten Konditionen unterscheiden sich deutlich. Kimmich will sein aktuelles Gehalt zwischen angeblich 20 und 25 Millionen Euro behalten. Ganz anders der Klub.
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Eberl und Freund müssen Drahtseilakt bewältigen
Denn laut dem Bericht fühlten die Bayern bei Kimmich vor, ob er zu einem Gehaltsverzicht von 25 Prozent bereit wäre, was für den Nationalspieler "inakzeptabel" sei. Vor allem deshalb, so heißt es, weil der bereits 34-jährige Thomas Müller diese Gehaltseinbußen im vergangenen Dezember nicht hinnehmen musste.
Dabei gibt es durchaus Argumente, warum der Vorstoß der Bayern verständlich ist. Sportvorstand Max Eberl und Sportdirektor Christoph Freund müssen den Klub sportlich fit für die Zukunft machen. Was konkret heißt: Gehaltsausgaben senken, aber dennoch weiterhin zu Europas Top-Adressen gehören.
Ein Drahtseilakt, gerade im Bayern-Kader. Denn die Kosten sind hier in den vergangenen Jahren explodiert. Mit den steigenden Gehältern nahmen gleichzeitig aber die sportlichen Leistungen ab - ein Horrorszenario für jeden Verein.
So blicken Eberl und Freund auf einen Kader, der schlicht überbezahlt ist. Mit Spielern wie Serge Gnabry, Leon Goretzka - und auch Kimmich.
Natürlich ist Kimmich ein guter, oft auch sehr guter Spieler. Aber die Zeiten, in denen gute Spieler wie Weltklasse bezahlt wurden, sind beim FC Bayern vorbei. Das ist richtig und wichtig. Erfordert aber auch schwierige Entscheidungen.
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Kimmich ist das Sinnbild einer gescheiterten Generation
Kimmich ist dabei das Sinnbild einer am Ende doch gescheiterten Generation. Gemeinsam mit Gnabry, Goretzka oder auch Leroy Sane sollte er die Dominanz der Bayern, die 2012 begann, in das neue Jahrzehnt tragen.
Stattdessen jedoch sind diese Spieler ein Symbol für den schleichenden Niedergang der Bayern in den vergangenen Jahren. Eben das, was Thomas Müller nie war. Natürlich: Solch einen Niedergang hätten andere Klubs gerne. Aber aus Sicht des Rekordmeisters lief die Entwicklung in die falsche Richtung. Spätestens seit dem Corona-Sextuple.
Es ist aus Klubsicht nicht verwerflich, sondern eigentlich selbstverständlich, Bilanz zu ziehen. Und diese fällt nicht positiv aus. Kimmich verdient wie ein Spieler, der unersetzlich ist. Das ist er aber nicht.
FC Bayern - So könnte Kompany aufstellen: Sane auf links, Goretzka außen vor
So könnte der FC Bayern 2024/25 spielen Lang ist es nicht mehr hin, dann startet die neue Bundesligasaison. Beim FC Bayern hat sich bereits einiges getan, für Joao Palhinha, Hiroki Ito und Michael Olise gaben die Münchner knappe 130 Millionen Euro aus. Auch auf der Abgangsseite werden noch Wechsel erwartet. Wer hat im Kader also die Nase vorn auf seiner Position? ran zeigt euch, wie die Bayern-Startelf zur neuen Saison aussehen könnte
Tor: Manuel Neuer Im Tor des Rekordmeisters wird es auch in dieser Saison keine Veränderung geben - Manuel Neuer ist trotz einiger Patzer in der vergangenen Saison gesetzt. Hinter ihm reihen sich mit Sven Ulreich und Daniel Peretz zwei hochkarätige Ersatzspieler auf, die wegen des Bayern-Kapitäns jedoch erneut kaum auf Spielzeit kommen dürften.
Rechter Verteidiger: Joshua Kimmich Eine der unsichersten Personalien derzeit im Bayern-Kader. Durch die Verpflichtung von Joao Palhinha als Holding Six sind die Plätze im Mittelfeld noch limitierter als letzte Saison. Wie Kompany mit Kimmich plant, ist nicht bekannt. Durch seine starken Leistungen könnte sich der Mittelfeldmotor aber wie zuletzt auf der RV-Position wiederfinden. Ein Wechsel ins Ausland ist zudem auch nicht ausgeschlossen.
Rechter Innenverteidiger: Min-Jae Kim Wer bildet die IV des Rekordmeisters? 50-Millionen-Mann Kim überzeugte in der Vorsaison, bis zur Zwangspause durch die Asienmeisterschaften. Gegenüber Dier ist Kim der spielstärkere Verteidiger, Upamecano hat trotz erstklassiger Leistungen bei der EM einen schweren Stand bei Bayern - der Südkoreaner könnte als die Nase vorn haben. Matthijs de Ligt dürfte den Verein zeitnah verlassen.
Linker Innenverteidiger: Hiroki Ito Neben Kim könnte Neuzugang und Linksfuß Hiroki Ito auflaufen. Der Japaner begeisterte beim VfB Stuttgart in der vergangenen Spielzeit durch einen exzellenten Spielaufbau, starke Zweikampfwerte und gutes Stellungsspiel. 23,5 Millionen legten die Bayern für ihn auf den Tisch, durch seine gute Form könnte er direkt in die Startelf rutschen.
Linker Verteidiger: Alphonso Davies Vor einiger Zeit galt es sicher, dass Davies den Verein verlassen würde - Real Madrid sollte das auserkorene Ziel sein. Da Davies nur noch ein Jahr Vetrag in München besitzt, eine nachvollziehbare Entscheidung des FC Bayern, ihn gehen zu lassen. Aber hochkarätigen Ersatz zu finden, ist schwer, dementsprechend soll der Kanadier laut neuesten Informationen bleiben - und ist die klare Nummer 1 auf der LV-Position.
Defensives Mittelfeld: Joao Palhinha Er war Thomas Tuchels Wunschspieler, für den Ex-Trainer kommt er aber zu spät. Seit Donnerstag ist offiziell, dass der Rekordmeister 51 Millionen Euro an den FC Fulham überweist, um Palhinha an die Säbener Straße zu holen. Der portugiesische Nationalspieler überzeugte bei der EM und dürfte als Holding Six in der Bayern-Elf gesetzt sein.
Defensives Mittelfeld: Aleksandar Pavlovic "Ein Spieler, wie wir ihn uns wünschen", sagte Max Eberl über den jungen Sechser, der bereits in seiner Debütsaison für die Münchner für viele Wow-Momente am Ball sorgte. Wahnsinnig reif für sein Alter ist dem Bayern-Eigengewächs der Sprung in die Startelf zuzutrauen - als offensiver Gegenpart zu Palhinha. Nach Mandel-OP steht Pavlovic bereits wieder auf dem Trainingsplatz.
Rechtes Mittelfeld: Michael Olise Trotz der Palhinha-Verpflichtung ist der von Max Eberl als "Unterschiedsspieler" bezeichnete Olise der Star-Transfer des Sommers. Die meisten Fans hatten den Flügelstürmer von Crystal Palace wahrscheinlich nicht auf der Rechnung, den Bayern war Olise dennoch 53 Millionen Euro wert. Der 22-Jährige besitzt eine wahnsinnige Technik, gepaart mit einem fantastischen Schuss wird die Bundesliga-Verteidiger vor Probleme stellen.
Offensives Mittelfeld: Jamal Musiala No-Brainer auf der Zehn. Jamal Musiala hat bei der EM erneut unter Beweis gestellt, warum viele in ihm einen zukünftigen Ballon-d'Or-Gewinner sehen. Ohne Konkurrenz auf seiner Lieblingsposition im zentralen offensiven Mittelfeld wird er ein Schlüsselspieler des FC Bayern in der neuen Saison werden - wie erfolgreich der Rekordmeister sein wird, hängt auch von seinen Leistungen ab.
Linkes Mittelfeld: Leroy Sane Durch die Verpflichtung von Olise könnte der Nationalspieler auf die linke Seite umziehen müssen - und ist da wohl die einzige Wahl. Denn: Kingsley Coman und Serge Gnabry sollen den Verein verlassen können, in Vincent Kompanys Planungen spielen beide offenbar keine tragende Rolle. Wer also sonst, außer Leroy Sane? Mathys Tel stände zur Verfügung, ist für eine Stammspieler-Rolle aber noch nicht komplett genug.
Sturm: Harry Kane Auch im Sturm besteht kein Diskussionsbedarf. Für 95 Millionen von Tottenham Hotspur gekommen, zerlegte der Engländer regelmäßig Bundesligisten in ihre Einzelteile. 36 Ligatore, dazu noch acht in der Champions League - das sind die Zahlen eines Weltklasse-Stürmers, der Kane zweifellos ist. Ob er den Titelfluch über seine Person ablegen kann, bleibt allerdings abzuwarten.
Ein neues System? Laut der "Sport Bild" gibt es von Vincent Kompany und den Bayern-Verantwortlichen Pläne, das seit Jahren in Stein gemeißelte 4-2-3-1-System über den Haufen zu werfen. Eine Formation mit zwei offensiven Mittelfeldspielern in den Halbräumen soll eine mögliche Neuerung sein. Eine Position wäre für Jamal Musiala reserviert, die andere für einen potenziellen Neuzugang wie Dani Olmo oder Xavi Simons.
Nah dran an der Startelf: Konrad Laimer Durch seine kämpferischen Auftritte in der Rückrunde machte der Österreicher auf sich aufmerksam, neben einem offensiven Gegenpart überzeugte der Mittelfeldmotor auf der Sechs. Durch die Verpflichtung Palhinhas ist in der Startaufstellung der Bayern vermutlich kein Platz mehr für Laimer, in einem defensiven System könnte er aber an die Seite des Portugiesen rücken.
Kompany soll ein Fan sein von: Dayot Upamecano Upamecano liebäugelte wie IV-Partner de Ligt in diesem Sommer mit einem Wechsel - Neu-Coach Kompany legt sich nun aber mächtig ins Zeug für den französischen Nationalspieler. Nach "Sky"-Informationen schätzt der belgische Trainer vor allem die Geschwindigkeit und die Spielaufbau-Qualitäten des 25-Jährigen. Ein Argument für die Startelf?
Unerwünscht? Leon Goretzka Schon vor einem Jahr galt Leon Goretzka bei Bayern als Verkaufskandidat. Durch die Verpflichtung Palhinhas sind die Plätze im defensiven Mittelfeld hart umkämpft, an einen Abschied denkt Goretzka aber wohl nicht. Laut einem Bericht der "Sport Bild" will der Ex-Schalker um seinen Platz im Kader kämpfen, ein Gespräch mit Trainer Kompany über seine Rolle fand offenbar noch nicht statt.
Er soll gehen: Mathijs de Ligt "Er hat sich bei Bayern nicht zum Leader entwickelt", resümierte Ex-Nationalspieler Holger Badstüber, de Ligts Karriere bei Bayern betreffend. So sehen das auch die Bosse: De Ligt darf gehen, das Preisschild liegt laut "Sky" bei 50 Millionen Euro - Manchester United gilt als sehr interessiert. Bei einem Verkauf des Niederländers soll Jonathan Tah das nächste Transferziel der Bayern sein.
Kapital freischaufeln: Kingsley Coman Durch den teuren Kaderumbruch beim Rekordmeister muss wieder Kapital reingeholt werden. Einer, der dieser Mechanik zum Opfer fallen könnte, ist Kingsley Coman. Er gilt als Verkaufskandidat, für 50-60 Millionen darf der Franzose wohl gehen. Damit würde man nicht nur die Ablöse generieren, sondern auch die hohen Gehaltskosten von angeblich 17 Millionen Euro einsparen. Unter anderem PSG soll interessiert sein.
Wie fit ist er? Serge Gnabry Der Faserriss im April 2024 stellte die vierte Verletzung Gnabrys in der vergangenen Saison dar - auch aufgrund dieser Verletzungsanfälligkeit ist der Flügelstürmer ein potenzieller Abgangskandidat. Aber obwohl er den Verein laut Bosse verlassen dürfe, das berichtet "Bild", will Gnabry sich unter Kompany wohl durchsetzen. Ein Abschied steht für den 28-Jährigen nicht im Raum.
Zumal Eberl und Freund längst den neuen FC Bayern bauen. Joao Palhinha kam für das Mittelfeld, die Verträge mit Aleksandar Pavlovic und Josip Stanisic wurden verlängert. Alle drei sind - je nach Position - potenzielle Kimmich-Konkurrenten. Neue, hungrige Spieler sollen den Klub künftig prägen. Dieser Hunger, den viele Bayern-Fans zuletzt in ihrer Mannschaft vermissten.
Apropos Position: Auch diese Frage müsste hinsichtlich einer möglichen Vertragsverlängerung von Kimmich erst einmal geklärt werden. Soll er nun dauerhaft in der Mitte spielen? Oder doch als Rechtsverteidiger? Diese Entscheidung müsste ein für allemal getroffen werden, um die Debatte zu beenden.
Doch auch hier bleiben Fragen. Wenn die Wahl auf die Mitte fällt, was wird dann aus Pavlovic? Oder spielen beide zusammen? Wo ist dann der Platz für Palhinha? Und wenn es die rechte Seite werden soll: Ist irgendein Rechtsverteidiger ein derartiges Gehalt wert? Dafür ist die Position einfach nicht relevant genug. Zumal Kimmichs Tempodefizite bekannt sind.
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Kimmich täte ein Neuanfang gut
Es ist allerdings auch verständlich, dass Kimmich sich selbst wertvoller sieht, als mancher im Verein das tut. Er ist quasi nie verletzt, gibt immer vollen Einsatz und verkörpert das bajuwarische "Mia san Mia" wie kaum ein anderer Spieler. Doch das alleine rechtfertigt keine bis zu 25 Millionen Euro im Jahr.
Aber das ist auch gar nicht schlimm. Denn Kimmich wäre gut beraten, wenn er seine Zelte in München abbrechen würde, um woanders noch einmal neu durchzustarten. Er ist ein exzellenter Fußballer, der vielleicht auch diese neue Herausforderung, diese neue Umgebung braucht, um die letzten Prozentpunkte noch einmal aus sich herauszuholen.
Kimmich hat es verdient, bei einem Verein zu spielen, der ihm zu 100 Prozent vertraut, der für Jahre auf ihn setzt und um ihn herum etwas aufbaut. Und auch der FC Bayern hat jedes Recht, sich nach schwierigen Jahren neu zu orientieren. Ein Neuanfang für beide Seiten wäre besser, als sich noch einmal krampfhaft für mehrere Jahre aneinanderzubinden.
Auch wenn eine Scheidung nie ein schöner Moment ist.