Bundesliga
Jürgen Klopp verleiht Red Bull Flügel: Ein böser Fiebertraum für alle Traditionalisten - eine Glosse
- Veröffentlicht: 14.01.2025
- 19:45 Uhr
- Andreas Reiners
Es gibt Dinge, die sind so absurd, dass sie viel zu wild sind, um wahr zu sein. Eine PK wie ein Fiebertraum zum Beispiel. Eine Glosse.
Als Fußball-Romantiker liebt man Traditionen.
Denn der Sport ist schon kaputt genug. Er steht am Scheideweg, wird durch die unendliche Gier der Macher zerstört und nervt inzwischen sogar treue Fans durch den schieren Überfluss, durch das Überangebot, mit dem die nächsten Kühe gemolken werden sollen.
Daher lechzt man nach Dingen und Persönlichkeiten, an denen man sich festhalten kann. Die sich als konstante Begleiter bewährt haben, die dem Fan-Leben eine gewisse Stabilität verleihen.
Denn die Zeiten haben sich geändert, das Milliarden-Geschäft wird immer absurder, aufgeblähter und kommerzieller.
Das Wichtigste in Kürze
Man träumt von besseren Zeiten
Deshalb träumt man als Fußball-Romantiker von besseren Zeiten. Und es tut gut, dass man sich auf Kontinuität verlassen kann. Darauf, dass es auch in dem längst versauten Business Menschen gibt, die für Werte und Normen stehen. Für die so wichtigen Traditionen.
Dass sich die letzten echten Typen des Geschäfts nicht den Mund verbieten lassen, sondern als verbale Verfechter der Wurzeln des Spiels gegen den kalten Kommerz antreten. Typen wie Hans Meyer. Wie Christian Streich. Oder wie Jürgen Klopp.
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Jürgen Klopp: "Ich möchte den Leuten hier Flügel verleihen"
Denn was für ein absoluter Alptraum wäre es, wenn Klopp in einem von Red-Bull-Devotionalien durchsetzten Flugzeug-Hangar sitzen würde, neben sich ein Formel-1-Auto in RB-Farben und vor sich eine Dose des Brausegetränk. Ein Stück weiter weg noch einer dieser Mini-Kühlschränke im Bullen-Design. Dann nimmt er einen tiefen Schluck, genießt und fabuliert, es sei sehr leicht, sich mit Red Bull zu identifizieren. Hui.
Dieser Schmerz ist kaum auszuhalten. Fehlt eigentlich nur noch dieser nervige Werbeclaim.
Und dann schiebt er tatsächlich grinsend hinterher: "Ich möchte den Leuten hier Flügel verleihen". Und parallel dazu hebt im Hintergrund eine Maschine der Dubai Air ab.
Wow.
Was für eine irre PR-Horrorshow, die selbst Werbeexperten so für maßlos überzogen halten würden. Unglaubwürdig. Drüber. Zu viel, selbst für eingefleischte Leipzig-Fans.
Nicht nur für die. Die Bilder gehen um die Welt, denn Klopp spricht im prall gefüllten Hangar 7, ein Dutzend Kameras sind aufgestellt, und rund 200 Journalisten aus 18 Ländern sind dabei.
Was für ein Auflauf, was für eine Bühne.
Jürgen Klopp: Ein 90 Minuten langer, quälender Fiebertraum
Red Bull fährt groß auf, setzt neben das firmeneigene Logo auf dem Podium Klopps Unterschrift. Für die Gäste gibt es ein Cartoon, auf dem Klopp im bekannten Werbestil der Marke mit Flügeln über die Fußballwelt schwebt. Dabei hat er einen Ball in der Hand und eine Getränkedose in der Hosentasche. Zu kitschig, um wahr zu sein.
"Nach fast 25 Jahren an der Seitenlinie könnte ich nicht aufgeregter sein, mich an einem Projekt wie diesem zu beteiligen", sagt Klopp. Und das nach Stationen wie Borussia Dortmund und dem FC Liverpool.
Echte Liebe.
Klopp kann seine Aura im maximalen Anschlag wirken lassen, es ist seine Bühne, er ist der Hauptdarsteller, und er darf über Philosophien, Pläne und Vorhaben anderthalb Stunden lang emotionalisieren. Für Romantiker ein 90 Minuten langer, quälender Fiebertraum.
Ein Traum. Zum Glück.
Wie kaputt wäre der Fußball, wenn das tatsächlich wahr wäre.