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Vor Bayern-Kracher: Gründe für die Krise

Paris Saint-Germain am Scheideweg: Neymar spaltet die Kabine

  • Aktualisiert: 15.02.2023
  • 10:54 Uhr
Article Image Media

Vor dem Duell mit dem FC Bayern brennt es bei Paris St. Germain an allen Ecken und Enden. Zerstrittene Spieler, ein Kapitän auf Abruf, Verletzungssorgen und ein Superstar auf Ego-Trip halten den Klub auf Trab.

Aus Paris berichtet: Stefan Kumberger

Auch das Megafon half Presnel Kimpembe nicht. Tapfer schrie der PSG-Verteidiger seine Durchhalteparolen Richtung der Pariser Fans. Doch der Anhang des französischen Top-Klubs ließ sich nicht beruhigen.

Wüste Beschimpfungen und entsprechende Gesten schlugen den Stars am Samstagabend entgegen, die sich gerade mit 1:3 bei der AS Monaco blamiert hatten. Den einzigen Treffer erzielte Warren Zaire-Emery. Ein 16-Jähriger, kein Neymar. Bezeichnend für die aktuelle sportliche Situation.

PSG befindet sich – trotz der Tabellenführung in der Ligue 1 – in einer tiefen Krise. Die Stimmung ist miserabel – das ist in Gesprächen mit Fans und Journalisten spürbar. Der Frust über den verkorksten Start ins Kalenderjahr 2023 sitzt tief. Drei Niederlagen seit Jahresbeginn sprechen eine eindeutige Sprache. Der Vorsprung auf Platz 2 ist auf nur fünf Punkte geschrumpft.

Die Gründe sind vielfältig…

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Grund 1: Mbappe und Messi sind angeschlagen

Auch wenn die beiden Superstars im Abschlusstraining am Montag dabei waren: Die Leistungsfähigkeit von Kylian Mbappe und Lionel Messi hängt am seidenen Faden. Während die Knieprobleme des argentinischen Weltmeisters überstanden sind, wäre ein Einsatz von Mbappe mit enormem Risiko verbunden. Dass der Torjäger nach seiner Oberschenkelverletzung von Anfang an auf dem Platz steht, ist daher unwahrscheinlich.

PSG-Trainer Christophe Galtier wollte sich hier in der Pressekonferenz nicht festlegen: "Ich weiß es nicht. Wenn er in der Anfangself steht, dann aber nur um zu spielen, nicht um dem FC Bayern Angst zu machen." Hinter den Kulissen arbeitet man fieberhaft daran, Mbappe auf jeden Fall im Rückspiel am 8. März topfit einsetzen zu können.

Im Hinspiel ist nach ran-Informationen wohl nur ein Kurzeinsatz geplant. Insgesamt wäre man – auch wenn das öffentlich niemand sagt – am Dienstagabend auch mit einem Remis zufrieden. Das wäre französischen Beobachtern zufolge eine gute Ausgangslage, um dann in der Allianz Arena auf Konter zu setzen. Hier glaubt man den Schwachpunkt der Bayern gefunden zu haben. Vorbild ist der Sieg im April 2021.

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Grund 2: Der Kapitän steht vor der Ablösung

Besonders Kapitän und "Abwehrchef" Marquinhos steht in der Kritik. Zu leise, zu zaghaft, zu mutlos sei der Brasilianer. Neben Sergio Ramos, der vor allem aufgrund seiner Leistungen im Trikot von Real Madrid seit vielen Jahren den Ruf eines echten Anführers hat, sieht Marquinhos blass aus.

Während es ihm auf dem Platz nicht gelingt, die Reihen zu schließen und ein echter Leader zu sein, schafft er es außerdem nicht, die vielen Top-Stars und deren Eigenheiten unter einen Hut zu bekommen. Trainer Christophe Galtier, der daran bisher auch scheiterte, verfügt also über keinen "verlängerten Arm" in die Mannschaft hinein.

Ein echtes Team ist PSG jedenfalls nicht, eher eine Schicksalsgemeinschaft, die zum Siegen verdammt ist. Ein Thema, das zum dritten Grund für die PSG-Krise führt.

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Grund 3: Neymar spaltet die Mannschaft

Größter Problemfall im PSG-Theater ist und bleibt Neymar. Er sei hauptverantwortlich dafür, dass die Kabine fast einem "Kriegsgebiet" ähnle, sagen Beobachter des Klubs. Während er sich mit Lionel Messi zwischenmenschlich gut versteht, bleibt das Verhältnis zu Kylian Mbappe weiter angespannt. Der Franzose beschäftigt sich ohnehin lieber mit Achraf Hakimi.

Der ehemalige Dortmunder gilt als enger Vertrauter und "Kabinen-Buddy" von Mbappe. Jetzt, in der sportliche Krise, brechen die Konflikte rund um Neymar sogar öffentlich aus. Der Brasilianer gab sich zuletzt nicht mal mehr Mühe, seinen Frust über die aus seiner Sicht limitierten Mitspieler zu verstecken. Gegen Monaco motzte er mehrmals seine Kollegen an und konnte selbst keine wirklichen Impulse setzen.

Ohne Messi und Mbappe stand er quasi allein auf weiter Flur und lieferte eine durchwachsene Leistung ab. Kurz vor dem Spiel gegen Bayern ruderte der 31-Jährige zwar ein wenig zurück und sprach von gemeinsamen Zielen, die man gemeinsam erreichen wolle, doch die Berichte häufen sich, dass es in der Kabine immer wieder kracht. Stets im Mittelpunkt: Neymar. Der steht übrigens im 9000-Seelen-Dorf Bougival vor dem Rauswurf. Wegen seiner ausschweifenden Partys und der lauten Musik in seiner Villa, haben sich Anwohner bereits bei der Polizei und beim örtlichen Bürgermeister beschwert…

Grund 4: Die Transfers schlagen nicht ein

Voller Neid blickt man in Paris auf die Neuverpflichtungen des FC Bayern im Winter. Während in München Spieler wie Joao Cancelo, Yann Sommer und Daley Blind anheuerten, hielt sich PSG auf dem Transfermarkt zurück. Gezwungenermaßen. Denn die Franzosen fingen sich reihenweise Absagen ein: Weder Hakim Ziyech, noch Malcom wollten an die Seine wechseln.

Zudem gilt bereits die sommerliche Transferperiode 2022 als Katastrophe. Hugo Ekitike, Fabian Ruiz, Ex-Bayern-Profi Renato Sanches, Carlos Soler, Nordi Mukiele – die Neuen konnten allesamt nicht überzeugen und versprühen natürlich bei weitem nicht den Glanz von Neymar, Messi, Mbappe oder Ramos. Genau solche Neuverpflichtungen fordert das verwöhnte Publikum allerdings.

Auch neutrale Beobachter halten den Kader der Pariser für zu dünn besetzt. Hinter den Top-Stars ist das Leistungsgefälle einfach zu groß, weshalb französische Experten unisono davon sprechen, dass Bayern leichter Favorit sei.

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Grund 5: Die Stars wollen nicht verteidigen

Es ist ein Dauerproblem bei PSG: Die Offensiv-Stars halten sich zumeist aus der Defensivarbeit heraus. Neymar, Mbappe und Messi sind höchstselten dabei, wenn es ums Verteidigen geht. Böse Zungen behaupten, die Pariser würden grundsätzlich nur mit sieben Feldspielern versuchen, Gegentore zu verhindern. Auch hier zeigte sich die fehlende Balance im Kader der Franzosen. Faktisch verfügt das Team nur über einen starken Mann auf der Sechser-Position: Marco Verratti.

Zu wenig für die höchsten Ansprüche in der Champions League, wo PSG seit Jahren dem Titel hinterherhechelt. Apropos "starker Mann": Hier kristallisiert sich das große Manko von Christophe Galtier heraus. Stark ist er nämlich überhaupt nicht. Der Coach, der bisher nur in der Provinz als Trainer arbeitete, scheint mit den drei großen Egos von Mbappe, Messi und Neymar heillos überfordert. Kein Wunder, dass sich die französische Zeitung "Le Monde" einen echten Star-Trainer wünscht: Pep Guardiola…