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Thomas Müllers Wandlung: Vom Sündenbock zum "GOAT"

  • Aktualisiert: 08.02.2020
  • 11:36 Uhr
  • ran.de / Rainer Nachtwey
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© 2020 Getty Images

Unter dem neuen Trainer Hansi Flick blüht Thomas Müller beim FC Bayern auf und bringt sich für die EM und Olympia ins Gespräch. Aus der NFL erhält er das Prädikat "GOAT".

München - Tyrell Crosby ist schwer beeindruckt. Was bei einem 1,96 Meter-140-Kilogramm-NFL-Profi unter schwer zu verstehen ist.

"Ich weiß, ich habe schon öfter Thomas Müller erwähnt, aber ihn live zu sehen, ist unglaublich", twittert der 24 Jahre alte Offensive Tackle der Detroit Lions aus der Allianz Arena während des Spiels des FC Bayern gegen die TSG 1899 Hoffenheim.

"Der Kerl lebt den Wettbewerb, er ist ein großartiger Sportler."

Tyrell Crosby, der erstmals in der Münchner Heimspielstätte ein Spiel von Thomas Müller live verfolgt, hat zahlreiche große Sportler aus der NFL spielen sehen. Unter anderem auch Super Bowl-MVP Patrick Mahomes.

Bei Müller twittert er nach dessen und Robert Lewandowskis Auswechslung das Emoji Ziege und ^2, also "GOAT" hoch zwei. Für Tyrell Crosby ist Müller der "Greatest of all time".

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Sündenbock nach dem WM-Aus

Die Aussage dürfte der Football-Profi zwar größtenteils exklusiv haben, allerdings durchlebt Thomas Müller derzeit eine Wandlung seiner Wahrnehmung in der Öffentlichkeit - und auch unter den Fans.

Insbesondere nach dem Vorrunden-Aus der deutschen Mannschaft bei der WM 2018 in Russland hatte der Weltmeister von 2014 starke Kritik über sich ergehen lassen müssen, und wurde von Bundestrainer Joachim Löw gemeinsam mit Mats Hummels und Jerome Boateng durch die Ausbootung aus dem Nationalteam zum Sündenbock abgestempelt.

Die Teils vernichtende Kritik war auch noch während der vorangegangenen Spielzeit und in den ersten Spielen der Vorrunde unter Niko Kovac zu hören.

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Aufschwung unter Hansi Flick

Seit dem Trainerwechsel von Kovac zu Hansi Flick hat sich das geändert.

Müller symbolisiert den Aufschwung der Münchner unter dem neuen hauptverantwortlichen Trainer. Das sieht auch der neue Bayern-Präsident Herbert Hainer so.

"Alle Erfolge und Titel des FC Bayern in den vergangenen zehn Jahren sind eng mit dem Namen Thomas Müller verbunden. Auch in dieser Saison zeigt Thomas wieder seinen großen Wert, insbesondere unter Hansi Flick ist er wieder ein absoluter Leistungsträger", sagt Hainer im "kicker".

Sieben Tore und neun Torvorlagen in 14 Spielen unter Flick sind eine deutliche Sprache. Von den möglichen 1260 Spielminuten war Müller 1001 auf dem Feld. Er ist aus dem Team nicht wegzudenken.

"Ich kenne Thomas sehr lange. Er ist für uns Trainer sehr wichtig", sagt auch Flick zu seinem Schützling, den er aus Zeiten als Assistent von Löw schätzt.

"Müller spielt immer" - auch unter Flick

Müllers teilweise unorthodoxe Art zu spielen, Tore "reinzumüllern" - damit kam und kommt nicht jeder Trainer zurecht, weiß ihn nicht richtig einzusetzen. Das war bei Kovac-Vorgänger Carlo Ancelotti so, das war bei Kovac so.

Flick dagegen kann es, weiß, mit ihm umzugehen, ihm das Vertrauen zuzusprechen. So war Müllers Hereinnahme Flicks erste Handlung.

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"Müller spielt", hatte Flick ganz nach Louis van Gaals Credo "Müller spielt immer" auf seiner ersten Pressekonferenz verkündet - und damit Müllers "Wenn Not am Mann ist, wird er seine Minuten bekommen"-Degradierung unter Kovac entgegengewirkt.

Und Müller zahlt es Flick mit Leistung zurück. In den sechs Startelf-Einsätzen über die vollen 90 Minuten blieb er nur beim ersten Flick-Spiel gegen Piräus ohne Torbeteiligung, seit dem Rückrunden-Auftakt traf er in allen vier Spielen. Hertha, Schalke, Mainz. Jetzt Hoffenheim.

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Wieder das alte Schlitzohr

Müller ist wieder das alte Schlitzohr, der Lausbub, der mit seinen Sprüchen am Mikro und seinen Taten auf dem Spielfeld begeistert.

Bestes Beispiel: seine Großchance in der 52. Minute gegen Hoffenheim.

Nach einem Zweikampf blieb er mit brummendem Hinterkopf im Strafraum liegen, ließ sich von Hoffenheims Keeper Philipp Pentke aufhelfen, schlich dann langsam Richtung eigene Hälfte.

In der Zwischenzeit hatten seine Teamkollegen den Ball abgefangen, spielten schnell nach vorne. Kaum aus dem Abseits raus, lief Müller in den freien Raum mit, ließ sich anspielen und lief auf Pentke frei zu. Einzig sein Heber über den Keeper landete nicht im Tor, sondern nur auf dem Tornetz.

In der derzeitigen Phase, in der es bei so Müller überragend läuft, eher untypisch für den mittlerweile 30 Jahre alten Filou.

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Olympia oder EM?

Müller macht sich unverzichtbar. Selbst die Nationalmannschaft ist nach der Ausbootung durchaus wieder Thema. Bundestrainer Löw hatte unlängst erwähnt, dass Müller durchaus eine Option für die EM sein könnte.

Schließlich wisse er, Löw, dass er sich auf sie, Boateng, Hummels, Müller, verlassen könne, "wenn wir kurz vor der EM Probleme bekämen".

Zur EM könnte aber auch die Teilnahme am Olympischen Fußball-Turnier eine Alternative sein. U21-Trainer Stefan Kuntz kann drei Kaderplätze der U23-Auswahl mit Spielern besetzten, die vor dem 1. Januar 1997 geboren sind.

Und Müller steht auf der rund 50 Spieler umfassenden Longlist, die der nationalen Anti-Doping-Agentur vorgelegt werden musste.

Zwar gab es noch keine Gespräche zwischen Kuntz und Müller, aber wie der "kicker" berichtet, soll Müller ein Wunschkandidat für den nur aus 18 Mann umfassenden Kader sein.

Unlängst hat Kuntz die Kriterien für seine Auswahl der drei Ü23-Spieler klar definiert. Dabei geht es ihm darum, "welche Typen uns im Gesamtgefüge noch fehlen, um die junge Mannschaft anzuführen, und welche Spieler bereits über Turniererfahrung verfügen".

Alles Attribute, die Thomas Müller derzeit beim FC Bayern vorlebt.

Vertragsverhandlungen im Sommer

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Aber nicht nur die nahe Zukunft mit EM oder Olympia beschäftigt Müller derzeit, auch die, die über 2021 hinausgeht. Denn dann läuft Müllers Vertrag beim FC Bayern aus.

Sportdirektor Hasan Salihamidzic stellt die anstehenden Vertragsverhandlungen hinten an.

"Wir werden sicher Gespräche führen, die Spieler wissen Bescheid. Aber wir konzentrieren uns die nächsten Wochen erst einmal auf das Sportliche", sagte Salihamidzic auf die Vertragssituation von Müller und Thiago angesprochen.

Auch Müller gibt sich Zeit bis Sommer - "da werde ich mit dem Verein sprechen und mit mir selbst" - und bei den Verhandlungen ergebnisoffen. "Dann schauen wir mal, in welche Richtung das geht", sagte er kürzlich "Sport1".

Aber Thomas Müller bei einem anderen Klub? Bayerns neuer Präsident Herbert Hainer mag es sich gar nicht vorstellen: "Thomas verkörpert den FC Bayern und repräsentiert den Verein hervorragend. In München, in Bayern, in der ganzen Welt."

Das ist auch bis in die USA und zu Tyrell Crosby durchgesickert.

Rainer Nachtwey

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