Abschied aus Frankfurt wirft Fragen auf
Unfinished Business: Warum es Fredi Bobic zu Hertha BSC zieht
- Aktualisiert: 05.03.2021
- 13:48 Uhr
- ran.de / Kai Esser
Der kommende Abgang von Sportvorstand Fredi Bobic von Eintracht Frankfurt zu Hertha BSC schlug in den vergangenen Tagen hohe Wellen. Doch warum verlässt der 49-Jährige die erfolgreiche Eintracht um zur kriselnden Hertha zu wechseln? Eine Spurensuche.
München/Frankfurt - 42 Punkte nach 23 Spieltagen, mit 46 Toren die drittbeste Offensive der Bundesliga und Platz vier, der am Ende der Saison für die Champions League berechtigt: Man sollte meinen, in Frankfurt ist die Welt in Ordnung. Das war sie auch, bis Fredi Bobic verkündete, die SGE verlassen zu wollen.
Warum Frankfurt für die Hertha verlassen?
Diese Entscheidung bestätigte der SGE-Vorstand im "Sportschau-Thema". Zu Hertha äußern wollte er sich aber nicht. Darauf angesprochen sagte Bobic: "Ich will auf das Thema nicht mehr eingehen, weil zu viele Indiskretionen in die Öffentlichkeit gekommen sind." Damit meint der 49-Jährige die Medienberichte, die seit Wochen um ihn und die Hertha ranken.
Der erste Reflex bei dieser Nachricht ist zwangsläufig ein fragender Blick. Wieso sollte man die mögliche Champions League gegen die drohende 2. Liga eintauschen? Wieso bringt Fredi Bobic jetzt Unruhe in den Verein, der in dieser Spielzeit erst drei Spiele verloren hat?
Ein Teil der Antwort: Bobics Lebensmittelpunkt ist nicht Frankfurt, sondern Berlin. Dort leben seine Frau sowie seine beiden Töchter. Als Spieler war der ehemalige Stürmer ebenfalls bei der Hertha aktiv, von 2003 bis 2005 mit eher mäßigem Erfolg.
Bobic will es besser machen als damals
Mit einigen Vorschusslorbeeren kam Fredi Bobic damals aus Hannover zu Hertha BSC. Die Zielsetzung war der Europacup, am Ende wurde es der Abstiegskampf. Hans Meyer musste den Hauptstadtklub vor dem Gang in die 2. Liga bewahren, keiner der Neuzugänge erfüllte die Erwartungen. Auch nicht Bobic mit seinen sieben Toren.
In der kommenden Spielzeit überzeugte der Europameister von 1996 genau so wenig, zwei mickrige Törchen schoss der Ex-Stuttgarter 2004/05. Am Ende der Saison verließ Bobic den Verein ablösefrei. Ein Abschied als Missverständnis.
Für den (noch) SGE-Sportvorstand ist somit noch ein unvollendeter Job zu erledigen. In Berlin, seiner Wahlheimat. "Es ist eine persönliche Sache und das haben sie [die Vorstände der Eintracht, Anm. d. Red.] auch verstanden", äußerte sich Bobic bei der ARD, ohne dabei die Hertha zu nennen.
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"Projekt SGE" abgeschlossen
Der 49-Jährige hat für sich das "Projekt SGE" erfolgreich abgeschlossen. 2016 übernahm er Eintracht Frankfurt, die sich in der Vorsaison haarscharf durch die Relegation gegen den 1. FC Nürnberg in der Bundesliga halten konnten.
Danach kamen zwei Europapokal-Saisons, davon ein Halbfinale, zwei Auftritte im DFB-Pokalfinale, ein Pokalsieg und nun möglicherweise die Champions League-Qualifikation. Das alles innerhalb von fünf Jahren. Was könnte Bobic mit der SGE noch erreichen? Der Meistertitel ist genau so utopisch wie ein Weiterkommen in der Champions League.
Ähnlich ist es bei Marco Rose in Dortmund. Mit Borussia Mönchengladbach ist die Qualifikation für das Champions-League-Achtelfinale das höchste der Gefühle. In der kommenden Saison kann er sich nur verschlechtern. Der BVB hat ein Unweit höheres Potential als Gladbach.
Familie, Geld, Herausforderung - das erwartet Bobic in Berlin
Fredi Bobic ist zwar Sportmanager, aber in erster Linie ein Mensch. Nach fünf Jahren abseits der Familie könnte ihm niemand den Wunsch verübeln, wieder täglich bei ihr zu sein.
Zudem wäre Hertha BSC die ultimative Herausforderung, die Bobic offenbar sucht. Wäre der FC Schalke 04 nicht, dann würde die alte Dame wohl den meisten Hohn und Spott im deutschen Fußball abkriegen. Den "Big City Club" dorthin zu bringen, wo Investor Lars Windhorst ihn sieht, ist eine Mammut-Aufgabe.
Nicht zuletzt sind die finanziellen Rahmenbedingungen bei der Hertha deutlich besser als in Frankfurt. Allerdings bedeutet das eine entsprechende Fallhöhe. Bobic könnte seine mittlerweile gute Reputation gefährden. Ein Risiko, doch sein Selbstvertrauen durch die Arbeit in den vergangenen Jahren scheint immens.
Die "Bobic-Saga" steht erst am Anfang. "Ich wollte schon im Sommer 2020 gehen, wegen Corona bin ich geblieben. Der Verein weiß schon länger Bescheid", sagte Bobic in der "ARD"-Sendung. Er hätte den Verein bereits vor Monaten in seine Pläne eingeweiht. Diese Aussage wiederum sorgte für Irritationen in Frankfurt. Das letzte Wort scheint noch nicht gesprochen.
Für Bobic steht der Entschluss fest. Er will weg, wohl nach Berlin. Sein Zuhause. Sein neues, altes Projekt. Was bereits 2003 begann.
Kai Esser
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