Bundesliga
Union Berlin ist ein (mehrfacher) Titelkandidat - ein Kommentar
- Aktualisiert: 12.02.2023
- 08:13 Uhr
- ran.de / Timo Nicklaus
In Leipzig dreht Union Berlin einen 0:1-Rückstand in einen 2:1-Sieg um und setzt sich damit weiter im Spitzendrittel der Tabelle fest. Nach dem Spiel üben sich alle Beteiligten wie gewohnt in Understatement. Das ist gar nicht nötig. Denn Union ist kein kleiner Klub mehr. Union ist ein Titelkandidat. Ein Kommentar.
von Timo Nicklaus
Mit den Armen in der Luft und einem fetten Grinsen im Gesicht standen sie da. In einer fast leeren Red Bull Arena wurde im Gästeblock noch gefeiert. Aber so richtig. Die Mannschaft mit den Fans - die Fans mit der Mannschaft.
"Die Zeit ist nun gekommen, ihr werdets alle sehen", hallte es ins weite Rund: "Der 1. FC Union wird endlich oben stehen!"
Wird? Nein, Union steht oben. Das 2:1 bei RB Leipzig war der fünfte Sieg in der Bundesliga in Serie. Tabellenplatz zwei, 42 Punkte nach 20 Spielen. Nur ein Zähler hinter den großen Bayern. Und das Mitte Februar. Das ist kein Zufall mehr. Und auch keine Momentaufnahme.
Union Berlin: Nicht immer schön, aber erfolgreich
Kapitän Rani Khedira beschrieb es zwar noch immer als "ein Stück weit surreal", doch der Blick auf die Tabelle sollte langsam, aber sicher keinen mehr wundern. Das Team von Trainer Urs Fischer hat sich festgesetzt im Titelkampf. Und es steht völlig zu Recht da, wo es eben steht.
Die Köpenicker mögen nicht immer den ansprechendsten Fußball spielen. Viel geht über den Kampf, nicht immer über die spielerische Klasse. Das mag nicht immer schön sein, ein wenig Zeitspiel gehört auch mal gerne dazu. Einige Kritiker stört das - vielleicht auch zu Recht. Doch wie heißt es so schön? Die Wahrheit liegt auf dem Platz. Und die Tabelle, sie lügt nicht. Manchmal passt es eben einfach, dann entwickelt eine Mannschaft eine Eigendynamik, der Erfolg ebenso.
Und Hacke, Spitze, eins, zwei, drei - das können gerne andere machen.
"Kein schöner Sieg" sei es in Leipzig gewesen, sagt Khedira daher passend: "Aber ein Sieg der Moral." Und eben das ist genau der Punkt. Dieser so oft besagte "Sieg der Moral", die "Leidenschaft", der "unbändige Wille" - all das sind Attribute, die auf Union zutreffen. Auf dem Platz - und gewissermaßen auch daneben.
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Auf und neben dem Platz arbeitet Union solide
Seit Jahren arbeitet die Vereinsführung wirtschaftlich solide. Finanziell ist man für die Zukunft gut aufgestellt. Mit spektakulären Transfers à la Isco darf man sich beschäftigen. Diesen Stellenwert hat Union mittlerweile.
Doch wenn es aus wirtschaftlicher Sicht nicht passt, dann passt es eben nicht. Für den großen Namen gibt es kein Harakiri.
Darüber hinaus bewies man bereits, dass kleinere Rückschläge das Gesamtkonstrukt nicht ins Wanken bringen können. Vor der langen WM-Pause kassierte man in Leverkusen eine 0:5-Packung, in Freiburg ein sattes 1:4. Viele sahen sich bestätigt: Jetzt bricht Union ein!
Pustekuchen. In der Vorbereitung gewann das Fischer-Team alle sechs Testspiele, in Liga und Pokal folgten nun ebenfalls sechs Pflichtspielsiege am Stück. Union ist gefestigt, Union ist ein Top-Team. Und ein Titelkandidat.
Drei Hochzeiten - und ein Titel?
Nach Tabellenplatz sieben im Jahr 2020/21 und Platz fünf im Vorjahr spielt Union - das ist spätestens jetzt klar - in diesem Jahr erneut um die Champions League.
Ach was, Union spielt um die Meisterschaft!
Im meist bescheidenen Umfeld an der Alten Försterei mögen die Zeilen nicht gut ankommen - Understatement ist das Stichwort - aber es ist eben so.
Und das gilt übrigens nicht nur für die Bundesliga. Am Donnerstag (ab 18:45 Uhr im Liveticker auf ran.de) geht es bei Ajax Amsterdam im Sechzehntelfinale der Europa League auf der großen Bühne weiter. Im DFB-Pokal steht man im Viertelfinale.
Drei Titelchancen. Schwierig, klar. Aber bei weitem nicht unmöglich, sich nach der Saison etwas in die Vitrine zu stellen.
Union hält den Ball flach
In Köpenick hält man den Ball aber lieber weiter flach - "Glückwunsch zum Klassenerhalt, Unioner", twitterte der offizielle Kanal am Samstagabend. In aller Bescheidenheit, so sind sie eben.
Dabei ist die Zeit doch jetzt eigentlich mal gekommen. "Der 1. FC Union wird endlich oben stehen." Das tut er. Und er wird dort auch noch ein wenig bleiben. Zu Recht. Ob es gefällt oder nicht.