Wilder Bundesliga-Auftakt
VAR-Drama bei Borussia Mönchengladbach vs. Bayer Leverkusen: Die Entscheidungen im Protokoll
- Aktualisiert: 24.08.2024
- 09:10 Uhr
- Chris Lugert
Das Eröffnungsspiel der 62. Bundesligasaison war geprägt von Spektakel, vielen Toren - und zahlreichen VAR-Situationen. Die strittigen Szenen im Überblick.
von Chris Lugert
Bayer Leverkusen gewinnt, und standesgemäß fällt das entscheidende Tor reichlich spät im Spiel.
Florian Wirtz trieb die Spannung auf den Siedepunkt, als er erst per Elfmeter-Nachschuss in der elften Minute der Nachspielzeit zum 3:2 (2:0)-Sieg des amtierenden Meisters bei Borussia Mönchengladbach traf.
Dem Strafstoß vorausgegangen war die letzte einer ganzen Reihe von Szenen, in denen Videoassistent Benjamin Cortus eingriff und maßgeblich Einfluss auf das Ergebnis nahm. Aber war das immer nötig?
ran analysiert die VAR-Entscheidungen im Eröffnungsspiel im Detail.
Das Wichtigste in Kürze
42. Minute: Gladbacher Anschlusstreffer wird zurückgenommen
Erstmals in Erscheinung trat der VAR an diesem Abend kurz vor der Halbzeitpause. Die Leverkusener waren kurz zuvor durch Florian Wirtz mit 2:0 in Führung gegangen, ehe die Gladbacher in Person von Tim Kleindienst fast postwendend zurückschlugen.
Nachdem Rocco Reitz zunächst an Leverkusens Keeper Lukas Hradecky gescheitert war, bugsierte Kleindienst den Ball im Zweikampf mit Piero Hincapie schließlich liegend per Kopf in der 42. Minute über die Linie.
Doch aus Köln kam Meldung von Cortus, dem ein Foulspiel von Kleindienst aufgefallen war. Im Kampf um den Ball traf der Stürmer tatsächlich nur Hincapie und nicht die Kugel, weshalb Schiedsrichter Robert Schröder nicht lange brauchte, um nach Ansicht der Bilder korrekterweise auf Foulspiel zu entscheiden.
„Also ich habe es tatsächlich überhaupt nicht gemerkt. Als mir dann am Ende jemand erzählt hat, dass ich der war, der gefoult hat, fand ich es ein bisschen komisch", kommentierte Kleindienst im ran-Interview. "Diese Theatralik und alles, die dann immer dazugehört, ich glaube da fallen sie (die Schiedsrichter, Anm. d. Red.) immer noch zu viel rein."
Und weiter: "Natürlich gibt es da Kontakte, wir sind im Sechzehner, aber dass dann jedes Mal eine kleine Berührung ein Foul ist, ist einfach nervig. Wenn sowas dann nächstes Mal ein Foul ist, dann müsste es – keine Ahnung – 300 Fouls im Spiel geben."
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59. Minute: Itakura im Abseits - oder doch nicht?
Zum Anschlusstreffer der "Fohlen" kam es schließlich nach fast genau einer Stunde, Nico Elvedi drückte den Ball im Nachschuss gegen Hradecky über die Linie. Doch wieder kam Meldung aus Köln.
Geprüft wurde dieses Mal, ob sich Ko Itakura bei der vorausgegangenen Freistoßflanke von Kevin Stöger im Abseits befunden hatte. Der Japaner setzte sich im Kopfballduell gegen Granit Xhaka durch und bediente Elvedi.
Und hier war es richtig knapp, die Überprüfung dauerte lange. Schließlich kamen Cortus und sein VAR-Assistent Frederick Assmuth zum Ergebnis: gleiche Höhe zwischen Itakura und Xhaka, kein Abseits. Der Treffer zählte.
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85. Minute: Kleindienst darf jubeln
Gladbach gehörten weite Teile der zweiten Halbzeit, fünf Minuten vor Ende der regulären Spielzeit belohnte sich die Elf vom Niederrhein schließlich durch den Treffer von Kleindienst nach klugem Stöger-Pass.
Erneut meldete sich der VAR, denn wieder war es knapp in Sachen Abseits. Im Vergleich zu Itakura zuvor war es aber deutlicher zu sehen, dass sich Kleindienst in regelkonformer Position befand. Der Treffer zählte.
90+9. Minute: Später Elfmeter für Bayer
Richtig hektisch wurde es dann tief in der mit zehn Minuten veranschlagten Nachspielzeit. Nach einem Zweikampf zwischen Itakura und Leverkusens Amine Adli ließ Schröder zunächst weiterlaufen, bekam dann aber eine Nachricht aus Köln.
Cortus hatte sich das Duell noch einmal angesehen und erkannte, dass Itakura nicht den Ball, sondern nur Adli erwischt hatte. Schröder sah sich die Szene selbst an und kam zum selben Ergebnis.
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Es gab den Elfmeter für Leverkusen. Wirtz schnappte sich den Ball, seinen Versuch parierte Gladbachs Keeper Jonas Omlin, doch der Ball sprang zurück zum deutschen Nationalspieler, der den Nachschuss versenkte.
Schröder erklärte die Entscheidung bei ran wie folgt: "Ich hatte bei der Elfmetersituation zuerst die Wahrnehmung, dass der Gladbacher Spieler den Ball spielt, deshalb habe ich zunächst auch weiterspielen lassen. Aber beim VAR-Check habe ich dann gesehen, dass das nicht so war. Am Ende kann ich den Gladbacher Frust verstehen, so spät ein Spiel zu verlieren, auf der anderen Seite spielt Itakura eben nicht den Ball."
Gladbachs Trainer Gerardo Seoane haderte danach mit den Entscheidungen. "Insgesamt bin ich für den VAR, weil der Sport insgesamt gerechter wird. Aber dennoch gibt es immer Interpretationsspielräume für den Schiedsrichter. Und heute waren die Entscheidungen nicht auf unserer Seite", so der Schweizer.
Kleindienst wittert Verschwörung
Tim Kleindienst erklärte derweil bei "DAZN", man fühle sich "ziemlich beschissen". Er witterte sogar eine Verschwörung: "Irgendwie geht es einem auf den Sack. Jede 50/50 Situation wird überprüft. Jedes Tor wurde bis ins kleinste Detail überprüft. Man hatte irgendwie das Gefühl, dass die nicht wollten, dass wir überhaupt etwas holen.“
Sportchef Roland Virkus kommentierte: "Sie haben alles gecheckt, alles nur gegen uns. Keine einzige Situation für uns, wo man auch mal hätte schauen können. Beim Elfmeter war es für mich keine klare Fehlentscheidung, also muss er nicht raus."
So ganz stimmte das aber natürlich nicht. Letztlich fielen zwei VAR-Entscheidungen für die Gladbacher aus, zwei gegen sie. Die beiden Foul-Entscheidungen gegen Gladbach, die schließlich ein eigenes Tor kosteten und den Leverkusenern das Siegtor bescherten, mögen bitter gewesen sein. Allerdings wurden sie richtig entschieden.