Dortmund-Boss meldet sich zu Wort
BVB - Hans-Joachim Watzke kritisiert Ricken, Kehl und Mislintat: "Ausgeprägte Egos"
Einen Tag nach der Vorstellung von Niko Kovac als neuem Trainer bei Borussia Dortmund hat der scheidenden BVB-Boss Hans-Joachim Watzke Kritik an seinen Nachfolgern geübt und sich zu den aktuellen Problemen sowie seiner Zukunft geäußert.
Hans-Joachim Watzke sieht bei der sportlichen Führung von Borussia Dortmund noch Möglichkeiten zur Verbesserung.
"Es geht einzig und allein um die Frage: Harmonieren die drei miteinander?", sagte Watzke bei der SPOBIS Conference in Hamburg über die Zusammenarbeit von Sport-Geschäftsführer Lars Ricken, Sportdirektor Sebastian Kehl und dem technischen Direktor Sven Mislintat:
"Und das ist noch optimierungsbedürftig."
Trotz der Kritik an seinen Nachfolgern, bei denen es untereinander einige Meinungsverschiedenheiten geben soll, glaubt Watzke noch auf Besserung.
"Die machen es auch erst ein halbes Jahr zusammen", sagte der Manager.
Im Fußball gebe es "immer ausgeprägte Egos". Jeder versuche "seine Grenzen auszutesten".
Das Wichtigste zur Bundesliga
BVB-Boss Watzke: Ricken muss handeln
Die Aufgabe von Ricken sei es nun dafür zu sorgen, "dass alle in die gleiche Richtung marschieren und wenn man dann mittelfristig das Gefühl hat, dass er es nicht tut, muss man irgendwas am Konzept ändern. Aber das ist nicht mehr mein Thema".
Er habe "im sportlichen Bereich nichts mehr zu sagen", sagte Watzke, nachdem er den Sportbereich im vergangenen Sommer an Ricken abgegeben hat.
Auch in die Trennung von Trainer Nuri Sahin und die Verpflichtung des neuen Coaches Niko Kovac sei er nicht involviert gewesen.
"Ich habe ihm gesagt: Du triffst diese Entscheidung. Du triffst die Entscheidung, was unter dir passiert im sportlichen Bereich", sagte Watzke: "Ich bin noch für den Rest zuständig, aber Sport machst du jetzt und da bleibe ich bei."
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Watzke bei Kovac-Vorstellung erstmals nicht dabei
Aus diesem Grund sei er auch bei der Kovac-Präsentation am Dienstag nicht dabei gewesen.
"Das war das erste Mal seit 20 Jahren, dass der Trainer nicht von mir vorgestellt worden ist, weil die Entscheidung auch nicht von mir war."
Seine Meinung sei in diesem Bereich auch nicht mehr entscheidend, fügte er an:
"Wenn ich jetzt gesagt hätte, das ist der größte Schwachsinn aller Zeiten, hätten sie aber trotzdem entscheiden können. Das ist ja genau der Lackmus-Test, den wir gerade haben, ob die sich das trauen. Und ich habe den Eindruck, dass sie sich schon eine ganze Menge trauen."
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BVB: Watzke stellt sich vor Sammer
Berater Matthias Sammer sei im täglichen Geschäft nicht dabei und zudem laut Watzke "einer der besten Analysten für alles, was auf dem Spielfeld passiert. Einzig allein Lothar Matthäus sei auf seinem Level".
Diese Expertise gibt er an die entscheidenden Personen weiter weil er "Borusse durch und durch ist", ergänzte Watzke.
Dabei nahm er Sammer auch in Schutz. Niemals dränge er sich auf, sondern sei einfach nur ein Ansprechpartner für Ricken, Kehl oder Trainer Kovac wenn es um eine weitere Ansichtsweise geht.
Der ehemalige BVB-Spieler und -Trainer war nach dem 1:2 in der Champions League wegen seiner massiven öffentlichen Attacken gegen die Mannschaft als "Amazon"-Experte in der Kritik gestanden.
Watzke: "BVB hält zwei Jahre ohne Champions League aus"
Danach war Sahin entlassen worden. Unter Interimscoach Mike Tullberg waren die Schwarz-Gelb dann dreimal unbesiegt geblieben, stehen aber in der Bundesliga weiter nur auf dem elften Platz.
"Natürlich sind wir nicht zufrieden mit der jetzigen Situation, aber es ist noch nichts abgeschenkt", hofft Watzke auf eine Aufholjagd unter dem seit Sonntag tätigen Kovac.
Trotzdem wäre das Verpassen der Königsklasse für den Traditionsverein verkraftbar.
"Der BVB hält auch zwei Jahre ohne Champions League aus. Dann macht der BVB ein oder zwei Transfers, dann ist wieder alles im Lot. Wir haben ein, zwei Spieler, die schon sehr begehrt sind in Europa", sagte er.
"Wir werden das ohne Probleme überstehen. Auch wenn die Teilnahme an der Champions League sehr wichtig ist."
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DFL-Spitze: Watzke zu seiner Zukunft
Erneut betonte Watzke auch, dass sich an seinem Ausscheiden im November als Geschäftsführer nichts ändern werde.
Von einem möglichen weiteren Engagement in der DFL hält es den 65-Jährigen allerdings laut eigener Aussage nicht ab.
Er selbst hat sich aber noch nicht endgültig entschieden. "Ich weiß es wirklich noch nicht", erklärte der langjährige Dortmunder Macher auch auf Nachfragen.
Fest steht hingegen seit der Nominierung durch das DFB-Präsidium im Dezember, dass er im UEFA-Exekutivkomitee weitermachen wird.
Dies habe an den Fristen gelegen, erläuterte Watzke. Bis zum Montag (3. Februar) hatten die Kandidaturen gemeldet werden müssen.
Watzke stellt sich eine wesentliche Frage
Ob er darüber hinaus auch in der DFL im Präsidium und Aufsichtsrat bleibe, sei offen:
"Wenn die DFL-Wahl ist, bin ich noch Vorsitzender der Geschäftsführung von Borussia Dortmund."
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Er müsse daher für sich eine wesentliche Frage beantworten:
"Willst du nach 20 Jahren nicht mal wieder frei sein? Nicht zeitlich, sondern ohne Rücksicht auf irgendwelche Ämter frei seine Meinung sagen zu können. Frei zu sein hat etwas in dieser Hinsicht. Auf der anderen Seite war ich immer jemand, der gerne Verantwortung übernommen hat."
Insider vermuten allerdings, dass Watzke sich nach seinem Ausscheiden aus der Geschäftsführung zum BVB-Präsidenten wählen lassen und somit weiter die Geschicke des Vereins maßgeblich beeinflussen wird.