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Fußball

Youssoufa Moukoko und Co. in Wahrheit älter? Hintergründe, Indizien und Dokumente zur ProSieben-Reportage

  • Aktualisiert: 13.12.2024
  • 18:11 Uhr
  • ran.de

Umfangreiche Recherchen einer ProSieben-Investigativ-Reportage zeigen: Alterslügen haben im Fußball System und sind viel Geld wert. Beispiele gibt es einige. Doch scheint mit Youssoufa Moukoko auch ein deutscher Shooting-Star betroffen zu sein.

Sie sind "the next big thing" – jeder will sie haben: Die Super-Talente im Weltfußball. Nicht nur um die Topstars ist ein unerbittlicher Bieterwettbewerb entstanden. Wer die jungen Talente rechtzeitig an sich bindet, kann das ganze große Geschäft machen. Kein Wunder, dass in diesem Millionen-Geschäft daher das Risiko groß ist, junge Spieler somit mitunter zu Opfern werden. Auch Moukoko?

Er wäre nicht der Erste: In den 90er Jahre machte Frankfurts Anthony Yeboah, immerhin 1993 und 1994 Bundesliga-Torschützenkönig, mit unterschiedlichen Altersangaben und einer unklaren Dokumentenlage Schlagzeilen. Beim Hamburger SV flammte ab 2017 immer wieder die Diskussion um Alter und Identität von Bakery Jatta auf. Der VfB Stuttgart hatte erst vor Kurzem klarstellen müssen, dass Silas Katompa Mvumpa mit einem Alter- und Identitätsschwindel Opfer seiner Berater wurde.

Der Investigativjournalist Peter Onneken sowie die schon in der Vergangenheit mit dem Thema befassten Martin Heidemanns, ehemaliger Investigativchef der "Bild"-Zeitung und Udo Ludwig, Ex-Sportchef beim "Spiegel", haben mehr als ein Jahr lang zahlreiche Informationen und neue Indizien gesammelt. Dabei rückte vor allem ein Fall in den Mittelpunkt. Der des jüngsten Torschützen der Bundesliga: Youssoufa Moukoko.

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Das Wichtigste in Kürze

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Die Dokumentation von ProSieben zeigt aber auch weitere aktuelle wie prominente Beispiele: Jugend-Nationalmannschaften bei offiziellen FIFA-Turnieren. Vorfälle in Brasilien, einem mit Talenten gesegneten Fußball-Land. Das investigative Team reist nach Afrika, einem der größten Talente-Märkte, stellt Nachforschungen an, bringt neue Details ans Licht.

Schon seit dem Beginn der Karriere von Moukoko in Deutschland gab es Gerüchte und Mutmaßungen. Körperlich weiter als viele Mitspieler, robust, schnell, gute Spielübersicht – er fiel früh auf. Schon im Nachwuchsteams des FC St. Paul, aber auch in den Mannschaften von Borussia Dortmund wurde sein Alter immer wieder ein Thema.

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Yousouffa Moukokos Alter? "Hatte wie jeder einen Generalverdacht"

"Ich hatte natürlich auch wie jeder einen Generalverdacht, weil er körperlich so entwickelt war, dass man fast schon Zweifel daran haben musste, dass er wirklich so jung ist", sagt etwa der langjährige "ZDF"-Kommentator Bela Rethy.

Was die offizielle Geschichte von Youssoufa Moukoko tatsächlich so fragwürdig macht, zeigt die umfangreiche Reportage des ProSieben-Teams hierzulande und in Moukokos Geburtsland Kamerun, die am Sonntag unter dem Titel "TRICKSEN, SCHUMMELN, TÄUSCHEN - Das Millionengeschäft mit den Fußball-Talenten" ausgestrahlt (19 Uhr bei ProSieben, Joyn und ran.de) und im Anschluss on Demand verfügbar auf Joyn sein wird.

Die Recherchen bekräftigen den Verdacht, dass der DFB-Nationalspieler tatsächlich älter sein könnte, sein richtiger Name ein anderer und sein der Öffentlichkeit bekannter Vater – Joseph Moukoko - nicht der leibliche Vater ist.

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Eidesstattliche Erklärung von Joseph Moukoko
Eidesstattliche Erklärung von Joseph Moukoko© Onneken/Ludwig

Denn: Dieser Mann, Joseph Moukoko, hat sich mehrmals mit dem Film-Team getroffen. Die Journalisten bekamen Zugang zu Chat-Protokollen mit Vereinsvertretern von Borussia Dortmund, Einsicht in Verträge und verfolgten Spuren in Kamerun, um die Echtheit von Dokumenten zu recherchieren.

Die ProSieben-Recherche zeigt auf, dass es sich dabei um keinen Einzelfall handelt, sondern ein fragwürdiger Umgang mit jungen, abhängigen Talenten System im Millionengeschäft Fußball hat.

ran fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Dokumentation und die Reaktionen zusammen.

Wie alt ist Youssoufa Moukoko?

Zweifelsfrei kann nicht beantwortet werden, wie alt Youssoufa Moukoko wirklich ist, aber seine bisherige Altersangabe darf nun wohl ernsthaft hinterfragt werden.

Laut offiziellen Dokumenten wurde er am 20. November 2004 in Kameruns Hauptstadt Jaunde geboren.

Allerdings liegt eine eidesstattliche Versicherung seines angeblichen Vaters Joseph Moukoko vom 1. August 2023 vor: "Youssoufa Moukoko ist nicht der leibliche Sohn von mir und meiner Ehefrau Marie Moukoko. Er ist auch nicht am 20. November 2004 in Jaunde, Kamerun, geboren."

In einem vertraulichen Gespräch mit den Reportern in einem Restaurant erklärte er laut Gedächtnisprotokoll zudem, sein Zögling sei am 19. Juli 2000 geboren. Man habe ihn vier Jahre jünger gemacht.

Zudem gibt es die Kopie einer Geburtsurkunde aus Jaunde, mit einem Datum, dass auch Joseph Moukoko in dem Gespräch nannte und in der ein andere Nachname auftaucht: "Mohamadou". Ob diese echt ist oder wirklich die eigentliche Geburtsurkunde des Fußballers ist, lässt sich bisher nicht sagen.

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Wie wäre so ein Schwindel möglich gewesen?

Offenbar hat sich Joseph Moukoko die in Deutschland beglaubigte Geburtsurkunde von Youssoufa aus dem Jahr 2013, nach der er und seine Frau Marie die leiblichen Eltern sind, mit falschen Angaben besorgt.

Er habe in Jaunde eine Geburtsurkunde mit den falschen Angaben anfertigen lassen, sei damit zur deutschen Botschaft in Kamerun gegangen und habe so den Pass für seinen angeblichen Sohn bekommen, erklärt Joseph in den vertraulichen Gesprächen.

Wie einfach die Ausstellung einer Geburtsurkunde in dem westafrikanischen Land ist, zeigt ein Versuch des Filmemachers Onneken in der Dokumentation.

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Wer ist der richtige Vater?

Jedenfalls nicht Joseph Moukoko. Dass Joseph nicht der leibliche Vater ist, erklärt nicht nur er selbst sondern bekräftigen auch andere Befragte in dem Film.

"Moukoko ist der Name seines Managers, der seinen Namen in Youssoufa Moukoko geändert hat", sagt Ibrahim Mohamed.

Die ProSieben-Reportage macht sich in Jaunde auf die Suche nach dem vermeintlichen leiblichen Vater - und wird auch fündig.

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Youssoufa Moukoko mit Joseph Moukoko
Youssoufa Moukoko mit Joseph Moukoko© Onneken/Ludwig
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Was wussten St. Pauli und der BVB?

Laut eigener Aussage war und ist beiden Klubs über ein anderes Alter des Spielers nichts bekannt.

Man äußere sich "grundsätzlich nicht zu ehemaligen NLZ-Spielern", erklärt der FC St. Pauli auf Nachfrage.

Und der BVB verweist in einer schriftlichen Stellungnahme auf die vorliegenden offiziellen Unterlagen:

"Der Name, das Alter, die Herkunft sowie die leiblichen Eltern ergeben sich im Falle von Youssoufa Moukoko aus amtlichen Ausweisdokumenten und Geburtsurkunden, die von einer deutschen Behörde ausgestellt worden sind. Diese Dokumente haben bis zum heutigen Tag Bestand und sind die Grundlage für Spielberechtigungen und -Genehmigungen."

Zudem hätten sowohl der Spieler als auch die "aus den oben genannten Urkunden ausgewiesenen leiblichen Eltern" gegenüber dem Verein und auch in Gerichtsverfahren mit Dritten eidesstattlich versichert, dass die Angaben zutreffend seien.

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Welche Vorwürfe gibt es gegenüber dem BVB?

Joseph Moukoko und seine Frau erhielten beide für Tätigkeiten als Videoanalyst und Scout des BVB bzw. als Mitarbeiterin einer Werbeagentur, die für den BVB-Hauptsponsor Evonik arbeitet, laut vorliegender Verträge zusammen mittlere, fünfstellige Summen im Monat.

Der vermeintliche Vater behauptet, dass er und seine Frau trotz gültiger Arbeitsverträge nie dafür eine Gegenleistung erbracht hätten. Vielmehr sei es darum gegangen, den damals elfeinhalb Jahre alten Sohn auf diese Weise an den Verein zu binden.

Von Borussia Dortmund gab es zu den Anschuldigungen auf Rückfrage keine Antwort.

Was sagt Youssoufa Moukoko zu den ganzen Vorwürfen?

Wie schon bei früheren Anfragen lehnte der aktuell an den französischen Erstligisten OGC Nizza ausgeliehene Profi ein Interview ab, wollte auch schriftlich keine Fragen beantworten.

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Youssoufa Moukoko in der kamerunischen Hauptstadt Jaunde
Youssoufa Moukoko in der kamerunischen Hauptstadt Jaunde© Onneken/Ludwig

Welche sportlichen Konsequenzen drohen Youssoufa Moukoko?

Ein sportliches Nachspiel wäre eher unwahrscheinlich, denn aktuell gelten wie vom BVB hingewiesen die beglaubigten deutschen Dokumente.

Und selbst wenn die falschen Altersangaben bestätigt werden sollten, werden in der Regel nachträglich keine Mannschaften kollektiv bestraft.

Allerdings wäre angesichts des Stichtags 1. Januar 2002 eventuell zu überprüfen, ob er an der nächsten U21-Europameisterschaft im kommenden Juni teilnehmen dürfte. Die Bundesliga-Ergebnisse des BVB wären davon wohl nicht betroffen.

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Gibt es vergleichbare Fälle?

Ja, mehrere sogar.

Die offensichtlichsten Parallelen gibt es zu Silas Katompa Mvumpa vom VfB Stuttgart, der momentan an Roter Stern Belgrad ausgeliehen ist.

Der Kongolese wechselte unter dem Namen Silas Wamangituka 2019 zum Bundesliga-Absteiger und hatte maßgeblichen Anteil am sofortigen Wiederaufstieg.

Im Juni 2021 offenbarte er öffentlich, dass er auf massiven Druck seines Beraters einen falschen Namen angenommen hatte und ein Jahr älter sei als bis zu diesem Zeitpunkt bekannt.

International noch gravierender waren andere Fälle.

So war der Brasilianer Carlos Alberto beim Triumph bei der U-19-Weltmeisterschaft 2003 schon 25 Jahre alt.

Gourav Mukhi, der mit 16 Jahren angeblich jüngste Torschütze der indischen Superleague, war in Wahrheit schon zwölf Jahre älter.

Und vor dem Qualifikations-Turnier zur U-17-Afrikameisterschaft zu Beginn diesen Jahres ergab ein Alterstest bei der Mannschaft Kameruns, dass 21 der 30 Spieler viel älter als erlaubt waren.

"Die werden jünger gemacht", sagt der afrikanische Spielerberater Emmanuel Nyugap im Film:

"Das Problem ist, dass keiner an die Öffentlichkeit treten kann, um das zuzugeben. Es geht nicht um den Einzelnen, es geht um das ganze System."

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