Supercup live in SAT.1, auf Joyn und ran.de
Yussuf Poulsen von RB Leipzig über WG mit Kimmich: "Jeden Tag bepöbelt"
- Aktualisiert: 16.08.2023
- 10:22 Uhr
- Oliver Jensen
Yussuf Poulsen spielt seit zehn Jahren für RB Leipzig. Vor dem Supercup (Samstag, ab 19:30 Uhr live in SAT.1, auf ran.de und Joyn) spricht er über die Anfänge im Container, seine damalige WG mit dem heutigen Bayern-Star Joshua Kimmich, seinen besten Mitspieler und Anfeindungen gegnerischer Fans.
ran: Herr Poulsen, der TV-Experte Didi Hamann hat verraten, dass nicht der FC Bayern München sein Favorit auf die Meisterschaft ist – sondern RB Leipzig. Was sagen Sie zu dieser Prognose?
Yussuf Poulsen: Das ist auf jeden Fall eine interessante Aussage. Ob wir so weit sind, wissen wir selbst noch nicht. Wir sind im Vergleich zum vergangenen Jahr ein neues Team. Wir haben viele gute Spieler hinzugeholt. Aber es braucht auch immer ein bisschen Zeit, bis man sich aufeinander eingestellt hat. Wir werden sehen, was möglich ist.
ran: Welche Bedeutung hat für Sie nun der Supercup gegen den FC Bayern München am Samstagabend?
Poulsen: Es geht um den ersten Titel der Saison. Das ist ein Endspiel. Wir werden den Supercup genauso angehen wie das Pokalfinale.
ran: Sie sind der dienstälteste Spieler von RB Leipzig und gehören dem Verein nun ziemlich genau zehn Jahre an. Als Sie damals im Sommer 2013 ihre Heimat Dänemark verließen und zu RB Leipzig wechselten, war der Verein frisch von der Regionalliga in die 3. Liga aufgestiegen. Sie hatten damals auch Angebote von mehreren Erstliga-Vereinen. Warum sind Sie trotzdem nach Leipzig gegangen?
Poulsen: Ich hatte zuvor eineinhalb Jahre in Dänemark für eine Profimannschaft gespielt und wollte nicht in eine 2. Mannschaft wechseln. Bei den Erstligisten, von denen ich ein Angebot vorliegen hatte, war ich zunächst für genau diese 2. Mannschaft angedacht. Das wollte ich nicht. Und mit den Ambitionen, die RB Leipzig schon damals hatte, passte das sehr gut.
ran: RB Leipzig wurde erst im Jahre 2009, also vier Jahre vor Ihrer Ankunft, gegründet. In welchem Zustand fanden Sie den Verein damals vor, wenn man das mit heute vergleicht?
Poulsen: (lacht) Da hat sich viel verändert. Die ersten eineinhalb Jahre haben wir uns hier noch in Containern umgezogen. Die Baumaßnahmen an unserem heutigen Trainingsgebäude hatten gerade erst begonnen. Später bekamen wir dann neue Trainingsplätze hinzu, das Stadion wurde umgebaut. Es gibt baulich nur wenige Dinge, die gleichgeblieben sind.
Das Wichtigste in Kürze
ran: Wie kam es dazu, dass Sie zu dieser Zeit eine WG mit Joshua Kimmich gründeten, der damals seine erste Saison im Profifußball für RB Leipzig bestritt und nun am Samstag Ihr Gegenspieler im Supercup sein wird?
Poulsen: Wir waren beide zum ersten Mal von zu Hause weg. Er hatte in Stuttgart noch nahe bei seiner Familie gewohnt. Für mich war es das erste Mal, dass ich im Ausland gewesen bin. Ich wohnte in Dänemark damals ebenfalls noch bei meiner Familie. Im Hotel hatten wir immer Zimmer direkt nebeneinander und verstanden uns gut. Unser Teammanager kam dann auf die Idee, dass wir zusammenziehen könnten. Also haben wir das probiert. Und es hat dann auch zwei Jahre sehr gut funktioniert, bis Joshua nach München gewechselt ist.
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Poulsen über WG-Zeit mit Kimmich: "Jeden Tag bepöbelt"
ran: Wie kann man sich das Leben in der jungen WG Poulsen/Kimmich vorstellen? Wurde bis spät am Abend Playstation gespielt?
Poulsen: Klar, es gab eine Playstation im Wohnzimmer und wir haben viel FIFA gespielt. Da ging es ordentlich her. Ich glaube, wir haben uns jeden Tag dabei ordentlich bepöbelt (lacht). Das war eine richtig gute Zeit, in der wir viel voneinander gelernt haben – nicht nur fußballerisch, sondern auch menschlich. Er ist ein sehr guter Kerl und ich bin froh, dass wir damals zusammengewohnt haben. Damals war übrigens das letzte Mal, dass ich FIFA gespielt habe. Heute habe ich keine Playstation mehr im Wohnzimmer stehen (lacht).
ran: Sie sind mit RB Leipzig auf Anhieb von der 3. Liga in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Zwei weitere Jahre später gelang der Aufstieg in die Bundesliga. Heute ist RB Leipzig Stammgast in der Champions League. Hat sich die Spielphilosophie über die Jahre verändert oder ist diese größtenteils immer gleichgeblieben?
Poulsen: Die meisten Trainer, die wir hatten, hatten die gleiche Philosophie. Daher blieb die Ausrichtung eigentlich immer ähnlich, wurde je nach Trainer nur ein bisschen angepasst. Ich würde sagen, dass unsere Spielphilosophie heute nicht mehr ganz so extrem nur auf die Arbeit gegen den Ball ausgerichtet ist wie damals.
ran: Marco Rose ist der neunte Trainer, unter dem Sie bei RB Leipzig aktiv sind. Welcher Trainer hat Ihnen für Ihre persönliche Entwicklung am meisten mitgegeben?
Poulsen: (überlegt) Ich glaube, mein erster Trainer Alexander Zorniger hat mich am meisten geprägt. Ich kam damals von einem Verein (Lyngby BK, Anm. d. Red), der praktisch die Philosophie von Ajax Amsterdam und dem FC Barcelona hatte. Und zwar: Wenn wir zu 100 Prozent den Ball haben, kann der Gegner kein Tor machen! Dann kam ich nach Deutschland. Und der erste Satz, den ich von Zorniger hörte, war: "Die Mannschaft, die am wenigsten Fehler macht, gewinnt." Dadurch hatte sich meine Fußballsicht, die ich mit 17 oder 18 Jahren noch hatte, komplett verändert. Das hat mich geprägt.
Poulsen über besten Mitspieler: "Keita kann ganze Mannschaft ausdribbeln"
ran: Sie haben auch mit vielen großartigen Fußballspielern zusammengespielt. Wer war fußballerisch der beste Mitspieler?
Poulsen: Puh, das ist eine schwierige Frage, weil Spieler unterschiedliche Stärken haben. Es geht im Fußball nicht nur darum, wie oft man den Ball hochhalten kann… Aber ich würde wohl Naby Keita nennen. Er ist ein Spieler, den der Ball nehmen und die ganze gegnerische Mannschaft inklusive des Torwarts ausdribbeln kann, sich dann den Ball erneut nehmen und das Gleiche noch einmal machen könnte. Es gibt nur wenige Spieler, die so etwas können.
ran: Demzufolge hat der SV Werder Bremen einen guten Transfer getätigt…
Poulsen: Ja, wenn er fit bleibt, auf jeden Fall.
Bundesliga-Transfergerüchte: Hertha-Juwel Ibrahim Maza zu Atletico Madrid?
ran: RB Leipzig ist mittlerweile ein sehr angesehener Fußballverein. Aber es ist noch gar nicht so lange her, als der Verein sehr in der Kritik stand und vielen Anfeindungen ausgesetzt war. Wie haben Sie diese Entwicklung als Spieler wahrgenommen?
Poulsen: Ich muss sagen, dass das Thema viel größer war, als wir das als Spieler wahrgenommen haben. Wenn ein Neuling kommt und die Dinge etwas anders macht als andere Vereine und gleich Erfolg hat, gibt es immer welche, die sich dagegenstemmen. Mittlerweile sind die Meinungen gegenüber unserem Verein nicht anders als gegenüber anderen Vereinen.
ran: Wie hat sich das Fanaufkommen innerhalb von Leipzig in dieser Zeit verändert?
Poulsen: Das Faninteresse hat sich in den zehn Jahren natürlich sehr verändert. Als ich nach Leipzig kam, war der Verein gerade von der 4. in die 3. Liga aufgestiegen. Vier Jahre später spielten wir in der Champions League. Dadurch stieg natürlich auch das Interesse innerhalb der Stadt. Mittlerweile haben wir über 30.000 Dauerkartenkunden und das Stadion ist regelmäßig voll. In der Stadt siehst du viele Kids, die voller Stolz unser Trikot tragen. Wobei wir auch in der 3. Liga vor ausverkauftem Haus gespielt haben, als wir aufgestiegen sind.
Poulsen über Erfolgsfaktor: "Spielphilosophie nie großartig verändert"
ran: RB Leipzig hat über die Jahre immer wieder Top-Spieler verloren – ob nun Naby Keita, Ibrahima Konaté, Dayot Upamecano, Marcel Sabitzer oder nun Christopher Nkunku und Josko Gvardiol. Trotzdem zählt der Verein Jahr für Jahr zu den Top-Teams der Bundesliga. Was ist das Erfolgsgeheimnis dieses Vereins?
Poulsen: Einmal unsere Spielphilosophie, die sich über all die Jahre nie großartig verändert hat. Zudem hat unsere Mannschaft immer einen starken Kern beisammen behalten. Ich glaube, wir haben sechs Spieler, die seit der 2. Liga hier im Verein sind. Hinzu kommen ein, zwei Spieler, die damals zum Bundesligaaufstieg hinzugestoßen sind. Wir konnten den neu hinzugekommenen Spielern immer gleich zeigen, worum es hier geht. Außerdem haben wir einfach viel Qualität, das ist auch ein Faktor.
ran: Sie haben bereits vor vielen Jahren damit begonnen, mit einem Mentaltrainer zu arbeiten. Wie wichtig war das für Sie als Spieler?
Poulsen: Für mich ist Mentaltraining sehr wichtig. Es geht im Fußball wie gesagt nicht nur darum, dass man gut mit dem Ball umgehen kann. Viele Dinge spielen sich im Kopf ab. Die meisten Tore fallen direkt nach einem anderen Tor. Das zeigt, wie wichtig das Mentale und somit auch das Mentaltraining ist. Wie genau das abläuft, ist allerdings von Spieler zu Spieler unterschiedlich. Manche Spieler meditieren, andere Spieler bekommen wichtige Impulse durch Gespräche.