Champions League
Borussia Dortmund - Marcio Amoroso exklusiv: So kann Ian Maatsen für den BVB zum Henkelpott-Helden werden
- Aktualisiert: 31.05.2024
- 10:13 Uhr
- Philipp Kessler
Vor dem Finale der Champions League zwischen dem BVB und Real Madrid haben wir uns mit dem Ex-Dortmunder Marcio Amoroso über das Endspiel und seinen früheren Klub unterhalten.
Das Interview führte Philipp Kessler
Marcio Amoroso ist jedem BVB-Fan ein Begriff. Der frühere brasilianische Stürmer-Star wechselte 2001 von Parma zu Borussia Dortmund.
Mit umgerechnet rund 25 Millionen Euro war er zum damaligen Zeitpunkt der teuerste Einkauf der Bundesliga-Geschichte. In seiner ersten Saison schoss er die Schwarz-Gelben zum Meistertitel und kürte sich selbst damit zum ersten südamerikanischen Torschützenkönig in Deutschland. 2004 verließ er den
Klub.
Mittlerweile lebt Amoroso wieder in seiner Heimat und ist unter anderem als TV-Experte aktiv. Beim Champions-League-Finale am Samstag (21 Uhr im Liveticker) zwischen Dortmund und Real Madrid im Londoner Wembley-Stadion wird der 49-Jährige von Brasilien aus mitfiebern.
Im großen Interview mit ran blickt Amoroso auf seine BVB-Zeit zurück und verrät, was ihn mit Real-Coach Carlo Ancelotti verbindet.
Das Wichtigste in Kürze
Marcio Amoroso: Real hört nie auf, an sich selbst zu glauben
ran: Herr Amoroso, Dortmund gegen Real. Ein Duell wie David gegen Goliath. Hat der BVB überhaupt eine Chance, das Champions-League-Finale zu gewinnen?
Marcio Amoroso: Klar. Wenn es ein Hin- und ein Rückspiel gäbe, wäre es schwieriger. Aber es ist nur eine einzige Partie. Und deshalb hat die Borussia natürlich realistische Chancen, um am Ende als Champion vom Platz zu gehen.
ran: Gerade in der Königsklasse wirkt Real Madrid nahezu unbezwingbar.
Amoroso: Real ist der größte Fußballverein der Welt. Klar sind sie der Favorit – vor allem mit Blick auf ihre großartige Geschichte in der Champions League. Sie hören nie auf, an sich selbst zu glauben.
ran: Worauf wird es im Finale neben dem Aspekt noch ankommen?
Amoroso: Es wird auch eine Frage der körperlichen Verfassung. Die physische Komponente könnte ein Vorteil für Dortmund sein. Die Mannschaft hat in der Champions League gezeigt, dass man auch vor ihr Respekt haben muss.
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ran: Welche BVB-Stars werden besonders wichtig sein?
Amoroso: Ich denke zum Beispiel an Mats Hummels. Seine Erfahrung kann ausschlaggebend sein, um defensiv sicher zu stehen. Dass er auch torgefährlich sein kann, hat er im Halbfinale in Paris gezeigt. Und vorne hat der BVB mit Jadon Sancho einen Unterschiedsspieler. Er hat bei Manchester United gespielt und hat Erfahrung in großen Spielen. Auch Linksverteidiger Ian Maatsen ist ein Spieler, der mir gut gefällt.
ran: Warum?
Amoroso: Weil er Qualität hat. Im Finale wird es enorm wichtig sein, dass er Vini in den Griff bekommt. Der Brasilianer ist enorm dribbelstark und schnell. Es wird ein Schlüsselduell werden. Maatsen benötigt eine perfekte Leistung. Dann steigen auch Dortmunds Siegchancen.
Marcio Amoroso: Reus wird dem BVB sehr fehlen
ran: Auch auf Marco Reus werden viele Blicke gerichtet sein. Der Offensiv-Star spielt im Wembley zum letzten Mal für den BVB.
Amoroso: Er wird dem BVB in Zukunft sehr fehlen. Ein unglaublich wichtiger Spieler. Und einer, der diesen Henkelpott unbedingt gewinnen will. Er konnte mit Dortmund leider keinen Meistertitel feiern. Nun hat er eine große Chance, eine der wichtigsten Trophäen des Clubs zu holen. Das wäre ein traumhafter Abschied - für ihn, für den BVB und für seine unfassbaren Fans.
ran: Für Edin Terzic wäre der Henkelpott ebenfalls sehr emotional. Er ist Dortmund durch und durch. Wie finden Sie ihn?
Amoroso: Er ist ein sehr guter und junger Trainer, dessen Wert auf dem Weltmarkt gerade ansteigt. Ein Champions-League-Gewinn würde für seine weitere Karriere sehr viel bedeuten.
ran: Carlo Ancelotti hat die Champions League bereits viermal als Trainer gewonnen: je zweimal mit AC Mailand und Real Madrid.
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Amoroso: Carlo ist ein Gewinnertyp. Er kann große Entscheidungen treffen und weiß, wie man wichtige Spiele gewinnt und Titel holt. Das hat er bei all seinen Stationen bewiesen. Egal, ob bei Chelsea, Paris Saint-Germain, FC Bayern, jetzt wieder bei Real Madrid oder früher bei Milan. Dort war er ja mein Trainer.
ran: Wie haben Sie Ancelotti damals – 2006 – wahrgenommen?
Amoroso: Carlo ist ein Trainer, der das Beste aus einem Spieler herausholen kann. Ihm gefallen vor allem Fußballer, die etwas Magisches besitzen, die hervorragend dribbeln können. Solche Spieler hatten wir damals mit Kaka, Shevchenko, Seedorf, Pirlo und mir. Carlo hat es verstanden, mit solchen Profis zu arbeiten. Er ist ein toller Mensch, der weiß, wie man eine Gruppe führt. Alle Spieler kamen mit Carlo gut aus.
Marcio Amoroso: Liebend gerne das Trikot getragen
ran: 2001 wechselten Sie als einst teuerster Transfer der Bundesliga-Geschichte von Parma zu Borussia Dortmund. Sie blieben bis 2004. Ihr Fazit?
Amoroso: In diesen drei Jahren habe ich liebend gerne das BVB-Trikot getragen. Wir hatten jeden Tag viel Spaß in der Mannschaft. Auch die Anhänger werde ich für immer im Herzen behalten. Solche Fans sind einmalig in der Welt. Ich war immer ein Fußballer, der schönen Fußball spielen wollte. Ich habe immer für die Menschen gespielt, damit sie mit Freude qualitativ hochwertigen Fußball anschauen können.
ran: Sie hatten auch Erfolg damit in Dortmund.
Amoroso: Stimmt. Es war schön, gleich in meinem ersten Jahr die Meisterschaft in diesem tollen Trikot zu gewinnen. Zudem habe ich die Torjägerkanone als erster Südamerikaner der Bundesliga erhalten.
ran: Zuvor hatten Sie in Brasilien, Japan und Italien gespielt. Ist Ihnen das Leben in Deutschland schwergefallen?
Amoroso: Der Anfang war aufgrund der Sprache etwas schwieriger, auch für meine Familie. Damals war es über das Internet oder die Sozialen Medien noch nicht so leicht zu lernen. Zu Beginn haben wir in Deutschland aufgrund der Sprachbarriere schon ein wenig gelitten. Aber später wurden wir sehr glücklich.
ran: Ihr Verhältnis zum damaligen Trainer Matthias Sammer war nicht immer das beste.
Amoroso: Wir hatten früher mal ein Problem. Aber das ist erledigt. Wir haben uns ausgesprochen und reden miteinander, wenn wir uns sehen. Alles ist gut.
Marcio Amoroso: WhatsApp-Gruppe mit den Legenden
ran: Haben Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Mitspielern?
Amoroso: Na klar, zu den Legenden des BVB. Wir haben eine WhatsApp-Gruppe. Wir Südamerikaner – Lucas Barrios, Evanilson, usw. – spielen für Dortmund regelmäßig Legendenspiele, zum Beispiel in den USA.
ran: Was machen Sie heute beruflich?
Amoroso: Ich arbeite als TV-Experte für ESPN Brasilien. Ich habe auch eine Sportkosmetik-Firma TOFF und Spielerberateragentur namens Aso7 Sports Manager. Wir betreuen derzeit insgesamt 16 Spieler.
ran: Ist einer für den BVB dabei?
Amoroso: Vielleicht in der Zukunft. Das wäre sehr schön.