Champions League
Borussia Dortmund: Schlotterbeck-Drama verstärkt ein eklatantes BVB-Problem
- Aktualisiert: 14.12.2024
- 10:28 Uhr
- Andreas Reiners
Der BVB hat gegen den FC Barcelona verloren, dabei aber einige wichtige Erkenntnisse gewonnen. ran nennt sie.
Aus Dortmund berichtet Andreas Reiners
Die plötzliche Stille war unfassbar laut. Denn von jetzt auf gleich kehrte Ruhe ein.
Dem zuvor noch brodelnden Westfalenstadion wurde der Stecker gezogen. Denn es war klar, dass die Verletzung von Nico Schlotterbeck schlimmer sein könnte. Die Geräuschkulisse blieb auf Zimmerlautstärke, als der Verteidiger auf einer Trage, die Hände vor seinem Gesicht, vom Platz gebracht wurde.
Es war der traurig-dramatische Schlusspunkt eines wilden Champions-League-Abends, der dem BVB ein 2:3 gegen den FC Barcelona bescherte. Und der die schlimmsten Befürchtungen trotzdem nicht eintreten ließ.
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So gaben die Schwarz-Gelben nur einen Tag später bekannt, dass sich der 25-Jährige eine "Bandverletzung" zugezogen habe. Präziser wurde der Klub nicht. Auch in Sachen Ausfallzeit blieb die Formulierung vage. "Ob er dem BVB in diesem Jahr noch zur Verfügung steht, ist aktuell noch fraglich", heißt es in der knappen Mitteilung auf der Website des Vereins.
Das Wichtigste in Kürze
Immerhin: Der "Super-Gau", den Trainer Nuri Sahin im "DAZN"-Interview befürchtete, scheint nicht eingetreten zu sein. Die Szene bringt dem BVB aber in jedem Fall eine wichtige Erkenntnis, das Spiel sogar noch weitere. ran nennt sie.
Der BVB muss einen Innenverteidiger holen
Zugegeben: Es ist eine recht offensichtliche Erkenntnis, wenn nicht nur Schlotterbeck, sondern auch Niklas Süle und Waldemar Anton fehlen, dass die Dortmunder Personalprobleme in der Defensive haben und diese am besten mit zusätzlichem Personal angehen.
Emre Can mag eine adäquate Alternative sein, doch Sahin gehen die Optionen aus. Keine Frage: Das Verletzungspech trifft den BVB derzeit überproportional hart, doch es gibt so Phasen (in Dortmund nicht zum ersten Mal), in denen sich die Ausfälle aus verschiedenen Gründen aufsummieren.
Und in Dortmund war es defensiv mit Ansage, denn die Kaderplanung hinterließ in der Hintermannschaft eine (zu) dünne Personaldecke. Ein BVB-Problem, das sich durch diese Saison zieht und immer eklatanter wird.
"Das müssen wir akzeptieren. Das macht uns nachdenklich", sagte Sportdirektor Sebastian Kehl zu den wiederholt zahlreichen Ausfällen. Und kündigte an, dass man sich "natürlich Gedanken machen" müsse.
Dass der frühere Nationalspieler Michael Ballack in seiner Funktion als Experte dem BVB dazu riet, auf der Innenverteidiger-Position genauer hinzuschauen, machte Sahin allerdings sauer.
Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel darauf angesprochen sagte Sahin: "Ich muss jetzt aufpassen, was ich sage. Fakt ist, wir wissen noch nicht, was bei Schlotterbeck ist. Wir wissen, dass Niklas Süle lange ausfallen wird. Wir wissen auch, dass wir auf der Innenverteidigerposition gerade nicht auf Rosen gebettet sind. Trotzdem würde ich die Diagnose abwarten."
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Es ist für die Verantwortlichen - unabhängig von der Diagnose - trotzdem das deutliche Zeichen, dass der Kader in der Defensive in der Breite nicht gut genug ist, um die Qualität bei Ausfällen wie aktuell auf einem hohen Niveau zu halten. Deshalb sollte der BVB reagieren, um dann in der heißen Phase der Saison nicht wieder vor den gleichen Problemen zu stehen, die man jetzt hat.
Gerne mehr von Julien Duranville
Sahin hatte gegen Barca mit zwei Kniffen überrascht, hatte Gio Reyna und Julien Duranville von Anfang an gebracht. Vor allem Letzterer zeigte, warum er als Toptalent gilt und was er dem BVB-Spiel bringen kann: Frische und Leichtigkeit, Unbekümmertheit.
"Er ist präsent gewesen, hatte viele Aktionen, wo er den Unterschied machen konnte", sagte Kehl: "Wir versuchen, den nächsten Schritt zu machen. Den wird er auch machen. Das Spiel wird ihm hoffentlich ein bisschen Vertrauen geben."
Es war erst sein sechster Pflichtspiel-Einsatz in dieser Saison. Dass Sahin vorher kaum auf den 18-Jährigen setzte, sorgte in der Startphase der Spielzeit für Diskussionen, danach war Duranville verletzt.
"Sie haben in den letzten Monaten viel durchgemacht, das war nicht einfach für sie", sagte Can zu Reyna und Duranville. "Die Art und Weise, wie sie heute gespielt haben, war überragend. Das war hoffentlich nur der Anfang. Wir können sie auf jeden Fall gut gebrauchen."
Ob das im Fall von Reyna der Fall sein wird, muss sich zeigen. Gerüchteweise galt der 22-Jährige, der in der vergangenen Saison zu Nottingham Forest ausgeliehen war und in den zurückliegenden Wochen ebenfalls verletzungsbedingt ausfiel, im Winter als Verkaufskandidat, es mangelte aber an Interessenten.
Aktuell mangelt es trotz des Startelf-Einsatzes auch an Spielzeit für ihn. Falls sich das nicht ändert, könnte auch der US-Amerikaner möglicherweise an einen Abschied denken.
Zuhause kann der BVB die Großen schocken
Es mag längst nicht alles gut gewesen sein gegen Barca, keine Frage. So haben sich die Dortmunder in der ersten Halbzeit zu sehr in die eigene Hälfte drücken lassen, haben Barca die Initiative überlassen und im Spiel nach vorne selbst keine Lösungen gefunden.
Dazu kamen in entscheidenden Szenen vogelwilde Fehler wie vor dem 2:3 und dem Pass von Pascal Groß. Und eine mangelnde Chancenverwertung.
Doch der "Tempel des Fußballs" (Barcas Dani Olmo) kann Berge versetzen. Und Spiele drehen. Das wäre auch gegen einen an diesem Abend gut aufgelegten und abgezockten Weltklub wie Barca fast gelungen.
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Die besondere Atmosphäre im Westfalenstadion im Allgemeinen und auf der Süd im Speziellen ist in der Champions League ein echtes Pfund, auf das die Mannschaft regelmäßig setzen kann. Die Atmosphäre ist ein echter Faktor. Das hat die vergangene Saison bereits gezeigt. Und nicht umsonst war das 2:3 die erste Champions-League-Heimniederlage seit November 2021. Doch das alleine reicht nicht.
Für die Großen ist der BVB aber noch nicht bereit
Es war das Spitzenspiel der sechsten Runde, der Vierte BVB empfing den Dritten Barcelona. Die Partie zeigte zwar, dass in Dortmund alles möglich ist, aber auch, dass die Dortmunder mit den Großen noch nicht auf Augenhöhe agieren, auch wenn sie tabellarisch da oben mitmischen.
Natürlich gehören Faktoren dazu wie die komplizierte Personallage und die mutige Aufstellung von Sahin, doch überwiegend mit Emotionalität wird man tief im Turnier die Top-Teams über 180 Minuten kaum bezwingen können. Für Kaliber wie Barca macht der BVB zu viele einfache Fehler, die man nicht nur mit mangelnder Erfahrung oder Nervosität erklären kann.
"Ich möchte nicht immer sagen, dass wir ein gutes Spiel gemacht haben, ich möchte diese Spiele gewinnen. Wir müssen es lernen, diese Spiele zu gewinnen. Und wir hätten dieses Spiel heute gegen Barcelona gewinnen können", sagte Sahin.
"Auf diesem Niveau ist schlichtweg kein Platz für solche Fehler. Die werden eben knallhart bestraft", meinte der 36-Jährige. Und legte nach: "Wir wurden nicht hergespielt, die Gegentore kann und muss man besser verteidigen."
Kapitän Can glaubt aber, "dass wir einen Schritt nach vorne gemacht haben". Für ambitionierte Ziele in der Königsklasse müssten es aber wohl noch ein paar mehr sein.