Champions League
Borussia Dortmund: Die Zeit der Schönrederei ist vorbei - ein Kommentar
- Veröffentlicht: 05.10.2023
- 06:34 Uhr
- Chris Lugert
Borussia Dortmund bleibt gegen die AC Mailand unter den eigenen Möglichkeiten, bringt sich im Rennen ums Champions-League-Achtelfinale ins Hintertreffen - und redet das Erlebte auch noch schön. So ist für den BVB nach der Gruppenphase Schluss. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Wer Niclas Füllkrug nach dem über weite Strecken trostlosen Champions-League-Heimspiel gegen die AC Mailand hörte, der konnte schon ins Grübeln kommen, ob der Stürmer von Borussia Dortmund da über das richtige Spiel spricht.
"Wir haben schon eine gute Leistung gezeigt. Wir haben teilweise auch sehr schönen Fußball gespielt. Ich fand uns sehr überlegen", sagte Füllkrug nach dem 0:0 am Mikrofon von "DAZN". Wenn das tatsächlich seine Meinung zu diesem Spiel war, sagt das viel über das Anspruchsdenken des Kaders aus.
Zur Einordnung: Nach dem 0:2 zum Auftakt bei Paris Saint-Germain war das Heimspiel gegen Milan eigentlich eine Pflichtaufgabe, um sich in der schwierigen Gruppe F eine gute Ausgangslage zu bewahren. Nun steht der BVB nach zwei Spielen mit einem Zähler und null Toren auf dem letzten Platz.
Und dabei war es nun einmal nicht so, dass die Dortmunder gegen Milan die Sterne vom Himmel gespielt haben, eine Torchance nach der anderen hatten und "nur" das Tor nicht getroffen haben, wie es Füllkrugs Aussagen vermuten lassen.
Faktisch gab es so gut wie keine Chancen, was auch der xGoals-Wert von 0,99 unterstreicht. Im Gegenteil: Die größeren Chancen des Spiels hatte Milan, der BVB hätte das Spiel gut und gerne auch verlieren können.
Das Wichtigste zur Champions League
Immerhin sah es Trainer Edin Terzic deutlich objektiver als sein Angreifer. "Wir haben ein ordentliches Spiel hinsichtlich des Einsatzes, des Willens und der Laufbereitschaft gesehen. Was aber heute gefehlt hat, war die Durchschlagskraft im letzten Drittel", analysierte er treffend. Insgesamt sei es offensiv "zu wenig" gewesen.
Der BVB muss wieder BVB-Fußball spielen
Sätze, die auch von einem Abstiegskandidaten kommen können, der zwar alles versucht, dem aber offensiv nichts gelingt. Und eigentlich kann diese Aussage als Schablone auf nahezu alle BVB-Spiele der laufenden Saison gelegt werden. Der Unterschied: Im Gegensatz zu den Bundesligaspielen zuletzt passte gegen Milan das Ergebnis nicht.
Der BVB kann sich nicht darauf verlassen, jedes Spiel irgendwie zu gewinnen. Dafür fehlen sowohl Überzeugung als auch die höchste Qualität im Torabschluss, mit der jede Halbchance verwertet werden kann. Was es braucht, ist ein attraktiver Fußball, der genug Chancen kreiert, dass Tore automatisch kommen. Der Kader gibt das Spielermaterial dafür her.
Kurzum: Die Mannschaft muss endlich wieder den typischen BVB-Fußball auf den Platz bringen. Vor diesem Hintergrund sollten Fans der Schwarz-Gelben hellhörig werden, wenn ein Niclas Füllkrug nach einem solchen Auftritt wie gegen Milan tatsächlich meint, dass die Mannschaft genau das getan hat. Denn mit begeisterndem Offensivfußball hatte das nichts zu tun.
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In der Champions League droht das frühe Aus
Es gab Zeiten, da hat Fußball-Europa davor gezittert, nach Dortmund zu fahren. Real Madrid hat dort legendäre Niederlagen kassiert, auch andere Giganten wurden von der Wucht der Südtribüne, die sich nahtlos auf die Mannschaft übertrug, in die Knie gezwungen.
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An den Fans liegt es derzeit sicher nicht, aber die Energie von den Rängen kommt nicht bei den Spielern an. Dortmunds Spiel ist langsam, behäbig und ohne Zug. Fehlenden Einsatz kann man der Mannschaft gewiss nicht unterstellen, aber von einem Bundesliga-Vizemeister kann man schon mehr erwarten als die absoluten Basics.
In der Champions League reicht das aktuell biedere Gekicke jedenfalls nicht zum Weiterkommen, die Leistungen gegen Milan und auch in Paris waren einfach zu wenig. Zwar ist die Gruppe aktuell extrem offen, aber man hat eher den Eindruck, dass die anderen drei Teams PSG, Newcastle und Milan ums Weiterkommen kämpfen und der BVB nur die Zuschauerrolle einnimmt.
Edin Terzic steht unter Druck
Wenn sich daran an den verbleibenden vier Spieltagen noch etwas ändern soll, braucht es viel mehr Spielwitz. Hier ist auch Trainer Terzic gefragt, um auch seine nicht geringe Zahl an Kritikern ruhigzustellen. Solange die Ergebnisse in der Bundesliga auf seiner Seite sind, muss er sich um seinen Job nicht fürchten.
Ein frühes Aus in der Champions League aber kann einiges ändern. Und wenn dann auch noch der Ergebnislauf in der Liga zu Ende geht - und das ist nur eine Frage der Zeit -, ist die Zeit der Schönrederei endgültig vorbei. Nur dann ist es zu spät.