Champions League
FC Bayern München droht nach Pleite gegen Manchester City ein Psycho-Knacks
- Aktualisiert: 13.04.2023
- 16:46 Uhr
- ran.de
An der Säbener Straße wird man nervös - und das zu Recht. Nach dem Pokalaus versetzt die Niederlage im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals bei Manchester City den Bayern einen herben Tiefschlag. Das könnte auch Folgen für den Meisterkampf in der Bundesliga haben.
Aus Manchester berichtet Stefan Kumberger
Mit grimmiger Miene durchschritt Oliver Kahn am Mittwochvormittag die Abflughalle des Flughafens Manchester.
Die Nacht war kurz und deprimierend und der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern wurde zu einer der Symbolfiguren dieses verkorksten Champions-League-Abends, der dem Rekordmeister drei Gegentore bescherte und ihm fast jede Chance auf ein Weiterkommen ins Halbfinale nahm.
Kahn, der einst als "Titan" zum Symbol für Willenskraft und Selbstbewusstsein wurde, tat sich bei seiner Bankettrede spürbar schwer, mitreißend und optimistisch zu wirken.
"Wir können es uns nicht erlauben, hier in Gedanken zu versinken", sagte der Bayern-Boss und vermittelte in diesem Moment genau diesen Eindruck. Das Spiel hängt allen beim FCB nach.
Bayern will sich auf die Bundesliga konzentrieren
Und dann betonte Kahn nochmals deutlich, um welchen Wettbewerb es in dieser Saison für den Rekordmeister nur noch gehen kann: die Bundesliga. "Wir haben die große Möglichkeit, Deutscher Meister zu werden. Es ist alles sehr, sehr eng. Wir müssen sofort am Samstag nachlegen", mahnte Kahn.
Der "Trostpreis" Meisterschaft ist jetzt in der bayerischen Prioritätenliste nach ganz oben gerutscht.
Doch hat dieses Team aktuell noch die Kraft, sich nochmal aufzurappeln?
Im April feierte man schließlich auch schon Meisterschaften, in diesem Jahr steht man vor den Scherben einer schwachen Saison. Schon nach dem Pokalaus gegen Freiburg vor einer Woche, machten viele Profis nicht Eindruck, als sprühten sie vor Energie. Misserfolg ist diese Mannschaft nicht gewohnt.
Und jetzt droht sogar der ganz große Psycho-Knacks.
Wie blank die Nerven bereits jetzt liegen, zeigt die Geschichte um Sadio Mane. Einem Bericht der "BILD" zufolge soll der Senegalese Leroy Sane nach dem Spiel in der Kabine ins Gesicht geschlagen haben. Ausgangspunkt war ein Zwist der beiden auf dem Feld. Mane hatte sich daran gestört, in welcher Art Sane mit ihm sprach und attackierte seinen Kollegen nicht nur verbal.
Ausgerechnet zwei der größten Sorgenkinder geraten also aneinander. Der Druck ist enorm, manchen Spielern wird er wohl zu viel. Wie will man unter solchen Umständen das Mindestziel Meisterschaft erreichen? Zumal der Vorfall das Potential dazu hat, Manes Engagement beim FC Bayern zeitnah zu beenden.
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Müller lässt sich vom Fußballgott überraschen
"Wir müssen nach vorne schauen und uns schütteln", sagte Thomas Müller nach der Partie in der Mixed Zone und wollte nicht mal mehr das gute, alte Glaubensbekenntnis des FC Bayern beschwören. "Lasst das mit dem 'Mia san Mia' mal", erklärte Müller auf Nachfrage von ran.
"Es geht darum, dass wir uns am Samstag die drei Punkte gegen Hoffenheim holen und uns dann für Mittwoch präparieren. Dann werden wir sehen, was er Fußballgott für uns bereithält", so der Oberbayer weiter.
So weit ist es schon gekommen. Die Münchner müssen zu einem guten Stück auf überirdische Mächte hoffen, um die Saison noch versöhnlich zu beenden. Der FC Bayern schleppt sich geradezu über die Ziellinie.
Tuchel "schockverliebt" in sein Team
Da wirkte es fast albern, dass Thomas Tuchel nach der Niederlage verkündete, er habe sich in die Mannschaft "schockverliebt". Der Trainer des FC Bayern bekam mitten im regnerischen Manchester nach einer 0:3-Pleite plötzlich Frühlingsgefühle. Das passte irgendwie nicht zusammen.
Aber hinter Tuchels Worten darf man Kalkül vermuten. Er weiß, dass es jetzt womöglich der falsche Weg wäre, wenn er als Chefcoach die Mannschaft an die Wand nagelt. Das hatte sein Vorgänger Julian Nagelsmann nur allzu gerne und allzu oft gemacht.
Mit der Folge, dass intern und extern der Eindruck entstand, der mittlerweile entlassene Bayern-Trainer wolle sich immer aus der Verantwortung stehlen.
Tuchel wählt mit seiner Liebeserklärung einen anderen Weg und hat angesichts diverser Stars im Kader, die gerne den Kopf hängen lassen und von Selbstzweifeln geplagt sind, damit vermutlich Recht.
Rassistische Anfeindungen gegen Upamecano
Symbolfigur für die Verunsicherung der Mannschaft ist nach seinem Patzer, der zum 0:2 führte, Dayot Upamecano. Der junge Franzose, der einem Fehlpass gerne noch drei weitere folgen lässt, vertändelte gegen Jack Grealish den Ball, der über Erling Haaland und Bernardo Silva schließlich im Kasten der Bayern landete.
Zwar wollte weder ein Mitspieler noch einer der Verantwortlichen "Upa" einen Vorwurf machen, dafür eskalierten die rassistischen Anfeindungen auf Upamecanos Instagram-Account. Dass sich die Kommentarspalten mit Attacken übelster Sorte füllten, dürfte den Franzosen noch ein stückweit mehr runterziehen. Gift für die Seele.
Dass selbst die gestandenen Spieler mental nicht in Topform sind, wurde auch bei den Statements von Joshua Kimmich und Leon Goretzka deutlich. Beide wirkten einigermaßen ratlos. Erstgenannter gab sogar indirekt zu, dass es trotz des 4:2-Sieges im Klassiker gegen Dortmund keinen "Tuchel-Effekt" gegeben habe.
"Was heißt Euphorie und Aufbruchstimmung? Wir hatten keinen kompletten Neustart", sagte der Nationalspieler auf ran-Nachfrage und Thomas Müller biss sich bei diesem Thema merklich auf die Zunge. "Das könnt ihr dann den Hasan [Salihamidzic – Anm. d. Red] fragen. Dazu werde ich mich nicht äußern. Diese Debatte birgt natürlich Zündstoff", sagte Müller.
Hat der Trainerwechsel nichts gebracht?
Doch ohne diese Debatte wird der FC Bayern nicht auskommen. Klar ist, dass sich natürlich die Frage stellt, ob der Trainerwechsel von Nagelsmann auf Tuchel wirklich so durchdacht war. Kurzfristigen Erfolg hat er jedenfalls nicht gebracht.
Diese Diskussion beeinflusst natürlich die Vorbereitung auf die kommende Aufgabe am Samstag gegen Hoffenheim. Und auch wenn der FC Bayern natürlich als Favorit ins Rennen geht, ist ein Sieg bei weitem nicht selbstverständlich.
Dafür waren die Leistungen fast aller bayerischen Akteure in den letzten Wochen zu schwankend. Und bei Borussia Dortmund wittert man nach dem Sieg über Union Berlin ohnehin wieder Morgenluft.
Die Münchner brauchen zwingend einen Sieg gegen die TSG. Für das Punktekonto in der Bundesliga, aber vor allem auch für die Psyche.
Ansonsten dürfte Oliver Kahns Miene noch finsterer werden und Thomas Tuchel seine Frühlingsgefühle für dieses Team schnell wieder verlieren.