Champions League
FC Bayern München nach Galatasaray-Spiel: Der Rekordmeister gewinnt seine Widerstandskraft zurück - ein Kommentar
Der FC Bayern tut sich gegen Galatasaray lange schwer, trotzt aber am Ende allem Gegenwind. Vermutlich ist das die wichtigste Erkenntnis für Thomas Tuchel und Co. Ein Kommentar.
Aus Istanbul berichtet Martin Volkmar
Eine Halbzeit lang mussten sich die Bayern-Verantwortlichen Sorgen machen. Denn da spielte am Dienstagabend in Istanbul, angepeitscht von den fanatischen und im Wortsinn Ohren betäubend lauten Anhängern, nur Gastgeber Galatasaray.
Nicht nur das in dieser Form beim deutschen Rekordmeister lange nicht mehr vorgekommene Chancendefizit von 3:16 Torschüssen zur Pause – Negativrekord seit Beginn der Datenerfassung 2004/05 - sprach eine eindeutige Sprache.
Auch sonst waren die Münchner gegen die aggressiven und laufstarken Platzherren fast immer der zweite Sieger, verloren permanent die Bälle und konnten von Glück sagen, dass es mit 1:1 in die Kabine ging.
Offenkundig waren die Probleme auf den Außenbahnen, die Unsicherheiten und Unaufmerksamkeiten in der Rückwärtsbewegung und vor allem die fehlende Ordnung im defensiven Mittelfeld.
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Sowohl Konrad Laimer als auch Joshua Kimmich standen lange Zeit neben sich, kamen zu oft einen Schritt zu spät und leisteten sich zahlreiche Fehler. Gerade Kapitän Kimmich wurde seiner Rolle in dieser massiven Druckphase Galas nicht gerecht, verursachte den Foulelfmeter zum Ausgleich und hatte eine ganz schwache Zweikampfquote.
Einmal mehr retteten die beiden "Lebensversicherungen" das strauchelnde Team von Thomas Tuchel: Vor der Pause Sven Ulreich mit mehreren Glanztaten, nach dem Wechsel Harry Kane mit dem entscheidenden Treffer zum 2:1 und kurz darauf der Vorlage zum 3:1.
FC Bayern: Kader ist zu dünn für die eigenen Ziele
Es bleibt dennoch ein Ritt auf der Rasierklinge, den der Rekordmeister vollführt. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass die spielerischen Defizite sehr eng mit der Personalsituation verbunden sind. Faktisch ist der Bayern-Kader zu dünn für die eigenen Ansprüche und darf sich daher keine Ausfälle leisten.
Momentan ist aber eher das Gegenteil der Fall, gerade rechts hinten und im defensiven Mittelfeld gibt es derzeit keine Alternativen. Daher mussten Kimmich und Noussair Mazraoui nach eben überstandener Grippe bzw. Verletzung in Istanbul spielen, obwohl ihnen eine längere Regenerationspause sichtlich gutgetan hätte.
Dass die Bayern nach drei Siegen in den ersten drei Vorrundenspielen der Champions League praktisch schon fürs Achtelfinale qualifiziert sind, sorgte bei Vorstandsboss Jan Christian Dreesen auf dem anschließenden Bankett im noblen Teamhotel Raffles daher umso mehr für Hochstimmung.
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Denn sowohl in der Bundesliga als auch international können sich die Münchner nun sogar noch einige Durchhänger bis zur Winterpause leisten, ohne den Anschluss zu verlieren oder gar das Weiterkommen in der Königsklasse aufs Spiel zu setzen.
In der entscheidenden Saisonphase im kommenden Jahr kann dann mit frischen Kräften und ziemlich sicher auch neuen Spielern das Triple in Angriff genommen werden.
Vergangene Saison hätte man in Istanbul verloren
Noch wichtiger allerdings, das betonten die Spieler nach der Partie im Istanbuler "Hexenkessel", war etwas anderes. Vergangene Saison in der Achterbahn-Rückrunde hätte man Spiele wie am Dienstag oder zuvor schon in Kopenhagen oder Leipzig noch verloren, war sich nicht nur Sven Ulreich sicher.
Anscheinend haben die Bayern ihre Widerstandskraft zurückgewonnen und können auch wieder Rückständen, Leistungsdellen einzelner Spieler, Ausfällen und sonstigem Gegenwind trotzen. Das dürfte ungeachtet der unbezweifelbaren Probleme die beste Erkenntnis gewesen sein.