Champions League
FC Bayern München: Mathys Tel gehört endlich in die Startelf - ein Kommentar
- Aktualisiert: 04.10.2023
- 01:51 Uhr
- Chris Lugert
Mathys Tel rettet dem FC Bayern München den Sieg im Champions-League-Spiel beim FC Kopenhagen. Die Jokerrolle wird seinen Qualitäten schon lange nicht mehr gerecht. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Inzwischen ist es ein bekanntes Bild. Der FC Bayern strauchelt offensiv, es fehlt die letzte Durchschlagskraft. Also kommt der 18-jährige Mathys Tel rein und braucht meist nur wenige Minuten, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Ein Edeljoker der feinsten Sorte.
In der Bundesliga erzielte er in Mönchengladbach kurz vor Schluss den Siegtreffer zum 2:1, gegen Bayer Leverkusen bereitete er das 2:1 durch Leon Goretzka ebenfalls in der Schlussphase vor, das nur aufgrund des späten Elfmeters für die "Werkself" nicht zum Sieg reichte.
Und jetzt - Überraschung - war es sein Tor zum - natürlich - 2:1 beim FC Kopenhagen, das den Bayern die drei Punkte in der Champions League brachte. Der junge Franzose ist bereits jetzt eine Art Lebensversicherung. Wenn nichts mehr geht, kommt Tel.
In 292 Pflichtspielminuten - also etwas mehr als drei kompletten Spielen - in der laufenden Saison war er an unglaublichen sieben Toren beteiligt. Rund 42 Minuten benötigt er durchschnittlich für eine Torbeteiligung.
Und auch wenn solche Rechnungen nicht immer aufgehen, lässt sich mathematisch erahnen, wie die Bayern-Welt aussehen würde, wenn Tel mal mehr Minuten bekäme. Längst gehört der Angreifer in die Startelf.
Das Wichtigste zum FC Bayern München
Bayern-Trainer Thomas Tuchel kam nach dem Sieg in Kopenhagen kaum aus dem Schwärmen für seinen Youngster heraus. "Der Junge trainiert sensationell gut und hat einfach die absolut richtige Einstellung zu der Rolle, die er gerade hat", sagte er bei "Amazon Prime Video".
Das ist auch richtig. Tel motzt und meckert nicht, einen Wechsel auch auf Leihbasis schloss er im Sommer kategorisch aus, obwohl er wusste, dass es für ihn in München schwierig werden würde, regelmäßig Spielpraxis zu bekommen zu kommen.
FC Bayern: Das Leistungsprinzip muss auch für Tel gelten
Aber diese "Rolle", von der Tuchel spricht, ist längst nicht mehr angemessen. Tel hat sich mit überragenden und so nicht erwartbaren Leistungen in den Vordergrund gespielt.
Und das Leistungsprinzip ist recht einfach: Die Besten müssen spielen, und zwar von Anfang an. Und Tel ist derzeit besser als etwa ein Kingsley Coman.
Er gibt der Bayern-Offensive eine unvergleichliche Mischung aus Stärken im Dribbling, einem ungeheuerlichen Tempo und enormer Abschlussstärke. Dieses Gesamtpaket gibt es so in der restlichen Mannschaft aktuell nicht.
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Tuchels Verhalten ist riskant und fragwürdig
Dass Tuchel freiwillig in jedem Spiel 70 oder mehr Minuten auf diese Qualitäten verzichtet, ist fragwürdig und riskant zugleich. Der Plan, dass Tel als Joker in wenigen Minuten das Ruder herumreißt, weil es ja immer so geklappt hat, kann auf Dauer nicht funktionieren.
FC Bayern München beim FC Kopenhagen: Noten zur Champions League
Natürlich ist eine gute Bank wichtig, wie das Spiel in Kopenhagen gezeigt hat. Aber eine Berufung in die Startelf ist für jeden Fußballer das große Ziel und sollte auch zwangsläufig erfolgen, wenn die Leistungen stimmen - unabhängig vom Alter, von Namen oder Marktwerten.
So wenig, wie es im Bayern-Kader eine Stammplatzgarantie geben darf, so wenig darf Tel der Weg in die Startelf - von Pokalspielen gegen Drittligisten einmal abgesehen - dauerhaft versperrt sein.
Bayern München: Wie lange bleibt Tel noch ruhig?
Hier geht es auch um Dinge wie Motivation und Moral. Welches Signal sendet man seinem Spieler, wenn dieser alles richtig macht, aber dennoch nie die Chance und den Lohn bekommt, sich über einen längeren Zeitraum zu beweisen?
"Mathys ist einfach gerne hier. Es ist auch bemerkenswert, dass jemand nicht sofort wegwill, weil er nicht genug spielt und es ihm nicht reicht - Vereinswechsel, ausleihen und so etwas", sagte Tuchel mit höchster Anerkennung.
Mit jedem Tor, das Tel schießt und mit jedem Spiel, das die Bayern nur aufgrund seiner Aktionen gewinnen, werden aber auch bei Tel die Ansprüche steigen. Das ist völlig normal.
Und mit jedem Tor hat Tuchel weniger Argumente, seinen Shootingstar auf die Bank zu setzen. Eigentlich hat er schon jetzt keine mehr. Und wenn er nicht aufpasst, ist Tel bald vielleicht nicht mehr gerne in München. Denn als reiner Edeljoker ist er inzwischen viel zu schade.