Champions League
FC Bayern München zu Gast bei Celtic Glasgow: Andreas Hinkel erklärt den größten Vorteil der Schotten
- Veröffentlicht: 11.02.2025
- 20:57 Uhr
- Philipp Kessler
Im ran-Interview spricht der frühere Nationalspieler und Celtic-Profi Andreas Hinkel über die Stärken des schottischen Meisters und die Gefahren für Bayern München.
Das Interview führte Philipp Kessler
Macht Celtic dem FC Bayern am Mittwoch (ab 21 Uhr im Liveticker bei ran) in Glasgow die Hölle heiß?
Die Stimmung im Stadion des schottischen Meisters gilt unter Fußballkennern als einmalig.
Was die Münchner in den Playoffs der Champions League im legendären Celtic Park erwartet, weiß Andreas Hinkel genau.
Der frühere Top-Außenverteidiger (21 Länderspiele) spielte zwischen 2008 und 2011 für den Traditionsklub.
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Bei ran äußert sich Hinkel unter anderem über die unglaubliche Atmosphäre im "Paradise", seine Erfahrungen im grün-weißen Trikot, in dem er 2008 die Meisterschaft feiern durfte, und das Playoff-Duell in der Champions League gegen den FCB.
Zudem erzählt der 42-Jährige, der zuletzt als Assistenzcoach von Domenico Tedesco die belgische Nationalmannschaft betreute, von seinen eigenen Trainerambitionen und den Blick auf seinen Stammverein VfB Stuttgart.
Das Wichtigste in Kürze
"Der FC Bayern ist der große Favorit, aber ..."
ran: Herr Hinkel, in München war die Erleichterung groß, dass die Bayern im Playoff der Champions League nicht auf Manchester City treffen. Ist Celtic, das in der Königsklasse in Dortmund mit 1:7 untergegangen ist, ein Freilos für den Rekordmeister in Richtung Achtelfinale?
Andreas Hinkel: Der FC Bayern ist natürlich der große Favorit, das ist ja klar. Aber ein Freilos ist Celtic sicher nicht. Gerade zu Hause ist die Mannschaft an einem sehr guten Tag in der Lage, auch gegen große Mannschaften bestehen zu können.
ran: Was macht Celtic gefährlich?
Hinkel: Die Mannschaft hat Selbstvertrauen. Sie führt die Tabelle in Schottland klar an und hat sich ja nicht zufällig für die K.o.-Phase der Champions League qualifiziert. Trainer Brendan Rodgers steht für einen dominanten Fußball mit vielen spielerischen Elementen. Das braucht es auch gerade in der Liga, wo die Gegner oft tiefstehen. International ist das etwas schwieriger, das hat auch das 1:7 gegen Dortmund gezeigt. Mein Eindruck ist aber, dass Celtic daraus gelernt hat. So offen werden sie gegen die Bayern nicht agieren. Der größte Vorteil ist wahrscheinlich die unglaubliche Atmosphäre im Celtic Park. Das kann die Mannschaft unheimlich pushen, das habe ich selbst oft genug erlebt.
ran: Glasgow hat keine Superstars in der Mannschaft. Auf welche Spieler müssen die Bayern achten?
Hinkel: Sie haben schon ein paar richtig gute Jungs dabei. Zum Beispiel Nicolas Kühn, der sich in Glasgow überragend entwickelt hat. Der frühere Augsburger Arne Engels, den ich auch aus der belgischen Nationalelf kenne. Oder den Japaner Daizen Maeda. Torjäger Kyogo Furuhashi wurde dagegen in der Winterpause nach Rennes transferiert, das schmerzt natürlich.
ran: Die Bundesliga führen die Bayern recht souverän an. In den Pokalwettbewerben läuft es in dieser Saison hingegen etwas holprig. Wo steht die Mannschaft von Vincent Kompany leistungstechnisch?
Hinkel: Ich finde die Bayern in dieser Saison sehr konstant, auch wenn sie in der Champions League jetzt eine Extra-Runde drehen müssen. Aber wie ich es schon vorhergesagt habe: Wenn alles normal läuft, werden sie eine Runde weiterkommen, sie sind der ganz klare Favorit.
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Andreas Hinkel: "Was für ein fantastischer Ort, um Fußball zu spielen"
ran: Schon direkt nach der Auslosung haben sich die Bayern auf die Stimmung im Celtic Park gefreut. Zurecht oder sollten sich die Münchner eher fürchten?
Hinkel: Ich finde schon, dass es etwas Besonderes ist, im Celtic Park zu spielen. Natürlich pusht das vor allem die Heimmannschaft – aber ich habe so eine Stimmung auch als gegnerischer Spieler immer geliebt.
ran: Im Januar 2008 haben Sie bei Celtic Glasgow unterschrieben. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihr erstes Heimspiel?
Hinkel: Ich glaube, das war ein Pokalspiel gegen Stirling Albion, ein unterklassiges Team. Für mich war das natürlich ein spezielles Spiel, weil ich erstmals für Celtic in einem Heimspiel auflaufen durfte. Dazu gibt es auch eine kleine Vorgeschichte. Fünf Jahre zuvor spielten wir mit dem VfB im Achtelfinale des Uefa Cups gegen Celtic. Ich war zwar als Gegner im Celtic Park – aber das war Liebe auf den ersten Blick. Ich dachte mir nur: Was für ein fantastischer Ort, um Fußball zu spielen. Das war 2008 einer der Hauptgründe, zu Celtic zu gehen.
ran: Mit 54 Meistertiteln ist Celtic, das die schottische Liga wieder anführt, national ebenso titelverwöhnt wie die Bayern, oder?
Hinkel: Absolut. Ich glaube, dass die Mentalität deshalb auch ähnlich ist. Bei Celtic bekommst du vom ersten Tag an das Sieger-Gen eingepflanzt. Du weißt, egal ob Liga oder Pokal: Es zählen nur Siege und Titel.
ran: Bis Sommer 2011 wurden Sie mit dem Verein je einmal Meister und Ligapokalsieger. Wie waren die Titel-Partys?
Hinkel: Ich kann mich nicht beschweren (lacht). Auch wenn es wie in Deutschland keine Siegerparade oder Feier auf einem Rathausbalkon gab.
"Man darf als Trainer nicht so dogmatisch sein"
ran: Die Schotten sind bekannt für Dudelsäcke, Röcke, Haggis und ihre Trinkfestigkeit. Welche Anekdoten haben Sie zu erzählen?
Hinkel: Die Feiern mit der Mannschaft waren schon sehr ausgelassen. Ich fand es auch großartig, wenn wir vor oder nach der Saison im Ausland unterwegs waren. Selbst in Australien war das ganze Stadion voll mit Celtic-Fans, das war schon beeindruckend und unterstreicht die Größe und Bedeutung des Klubs.
ran: Hatten Sie Schwierigkeiten, den schottischen Dialekt zu verstehen?
Hinkel: Fragen Sie nicht. In den ersten Wochen in der Kabine habe ich teilweise kein Wort verstanden. Da hätte ich fast einen Dolmetscher gebraucht (lacht).
ran: In Schottland haben Sie Ihre langjährige Freundin Simone geheiratet. Ihre Tochter Amelie wurde dort geboren. Wie oft kommen Sie zurück?
Hinkel: Ich war zuletzt leider nicht mehr ganz so oft dort – aber trotzdem ist Schottland für uns zu einer zweiten Heimat geworden. Wir haben dort noch einige Freunde. Wir haben uns wirklich extrem wohlgefühlt und auch sehr viele Ausflüge unternommen. Wenn Sie also mal einen Reiseführer brauchen: einfach melden!
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ran: Nach Ihrem Karriereende als Spieler haben Sie sich für den Trainerweg entschieden, den Job von der Pike auf gelernt. Wie sollen Ihre Teams spielen?
Hinkel: Ich mag es, den Ball zu haben und den Gegner früh unter Druck zu setzen. Ich glaube auch, dass man als Trainer zwar eine eigene Philosophie und bestimmte Prinzipien benötigt – aber nicht dogmatisch sein darf. Ein Beispiel: Wenn ich eine körperliche Mannschaft mit ganz viel Wucht habe, ergibt es vielleicht nicht ganz so viel Sinn, nur noch Tiki-Taka spielen zu wollen. Die Idee muss auch zur Mannschaft passen.
ran: Seit 2019 sind Sie Assistent von Domenico Tedesco. Was zeichnet Ihre Zusammenarbeit aus?
Hinkel: Wir haben sogar schon zuvor zusammengearbeitet, in der U17 beim VfB Stuttgart. Zwischen uns passt es einfach – fachlich wie menschlich. Es ist eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Andreas Hinkel über seine Zeit in Belgien: "Führung entschied sich für anderen Weg"
ran: Zuletzt trainierten Tedesco und Sie die belgische Nationalmannschaft. Zwischen März 2023 und Juni 2024 blieben die Red Devils ungeschlagen. Bei der EM war im Achtelfinale gegen Frankreich Endstation. Mitte Januar 2025 folgte dann das Aus. Wie lautet Ihre Bilanz?
Hinkel: Es war eine sehr intensive Zeit, in der wir mit vier CEOs, zwei Präsidenten und zwei technischen Direktoren zusammengearbeitet haben. Als wir kamen, ging es nach einigen Rücktritten aus der sogenannten Goldenen Generation darum, den Umbruch zu gestalten. Das haben wir richtig gut hinbekommen. Wir haben uns mit einer sehr jungen Mannschaft ungeschlagen für die EM qualifiziert, wo wir gegen Frankreich durch einen abgefälschten Schuss kurz vor Schluss knapp im Achtelfinale gescheitert sind. Danach haben wir die Mannschaft weiter verjüngt und sind in der Nations League hinter Frankreich und Italien Dritter geworden. Wir haben die vom Verband gesteckten Ziele immer erreicht. Die neue Führung entschied sich aber für einen anderen Weg.
ran: Welche Pläne haben Sie für die Zukunft? Wollen Sie künftig Cheftrainer sein?
Hinkel: Mit dem Planen ist das im Fußball ja immer so eine Sache… Ich schließe generell nichts aus. Ich war ja auch schon Cheftrainer in der Jugend und bei der U23 des VfB Stuttgart. Das hat Spaß gemacht. Mir macht es aber genauso viel Spaß, mit Domenico zusammenzuarbeiten. Mal schauen, was kommt, ich lass mich überraschen.
ran: Beim VfB Stuttgart sind Sie eine Legende. Wie nehmen Sie die dortige Entwicklung wahr?
Hinkel: Erst einmal vielen Dank für die Blumen (lacht). Ich glaube, zur Entwicklung beim VfB kann es keine zwei Meinungen geben. Es ist sensationell, wie sich die Mannschaft unter Sebastian Hoeneß entwickelt hat. Auch in dieser Saison ist die Truppe wieder gut unterwegs. Da kann man nur den Hut ziehen.