Nach Copa-Sieg
Copa America 2024: Lionel Messi sollte wegen Cristiano Ronaldo jetzt zurücktreten - ein Kommentar
- Aktualisiert: 09.10.2024
- 18:22 Uhr
- Chris Lugert
Dramatischer, aber letztlich auch erfolgreicher hätte das Copa-Finale aus Sicht von Lionel Messi nicht verlaufen können. Nun sollte er auf dem Höhepunkt abtreten - ehe er sein Andenken zerstört. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Mehrere Tausend Kilometer voneinander entfernt lieferten sich Lionel Messi und Cristiano Ronaldo in den vergangenen Tagen und Wochen noch einmal ein letztes Duell. Ronaldo und Portugal traten bei der EM an, Messi und Argentinien bei der Copa America. Am Ende steht ein klarer Punktsieg für "La Pulga".
Argentinien mit Kapitän Messi gewann in der Nacht zu Montag die Südamerikameisterschaft und machte damit den dritten Titel binnen vier Jahren perfekt. In den späten Tagen seiner Karriere überschüttete der Fußballgott seinen Stellvertreter auf Erden mit derart vielen Pokalen im Trikot der "Albiceleste", dass es fast kitschig wirkt.
Längst vergangen sind die Zeiten, als Messi mit dem FC Barcelona quasi keine Trophäe ausließ, er mit Argentinien aber regelmäßig scheiterte. Bezeichnend dafür die Jahre 2014 bis 2016, als er mit seinem Team drei große Finals nacheinander verlor - bei der WM 2014 gegen Deutschland und anschließend zweimal das Endspiel der Copa America.
Gerade 2016 war für ihn persönlich besonders bitter, schließlich gewann in jenem Jahr Portugal mit seinem Dauerrivalen Ronaldo die EM in Frankreich. Das ewige Duell der beiden prägenden Spieler der vergangenen 20 Jahre, es schien entschieden. Inzwischen aber sieht es ganz anders aus.
Messi wurde 2021 zunächst mit dem Copa-Sieg ausgerechnet gegen Argentiniens Erzfeind Brasilien beschenkt, anderthalb Jahre später erklomm er mit dem WM-Titel endgültig den Olymp des Fußballs. Und nun? Führte er als Kapitän sein Team zum internationalen Triple, das zuvor nur Spanien zwischen 2008 und 2012 gelang.
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Allerdings: Wirklich getragen hat er seine Mannschaft in den zurückliegenden Wochen nicht mehr. Messi wirkte angeschlagen, sein Zauber von einst war beim inzwischen 37-Jährigen nur noch sporadisch zu sehen. Im Viertelfinale gegen Ecuador verschoss er sogar im Elfmeterschießen. Nur ein Treffer stand für den Superstar im Turnierverlauf schließlich zu Buche.
Messi: Erst die Tränen, dann der Pokal
Und doch schrieb er - wenn auch ungewollt - noch einmal die großen Schlagzeilen. Im Finale gegen Kolumbien verletzte sich Messi am Knöchel und musste unter Tränen ausgewechselt werden. Auch auf der Bank weinte er hemmungslos, während sein dick geschwollener Knöchel zum Symbolbild wurde.
Dass Lautaro Martinez Argentinien in der Verlängerung zum Sieg schoss und der Stürmer zudem mit fünf Treffern Torschützenkönig wurde, geriet fast zur Nebensache. Alles blickte auf Messi, der als Kapitän - gemeinsam mit den beiden anderen Oldies Angel di Maria und Nicolas Otamendi - noch einmal die prunkvolle Copa-Trophäe in den Himmel reckte.
Für den MLS-Legionär war es ein hollywoodreifes Ende, sofern er denn nun auch wirklich Schluss macht. Jeder neutrale Fußballfan kann ihm nur wünschen, dass Messi die richtige Entscheidung trifft und aus der Nationalmannschaft zurücktritt. Natürlich liegt es nahe, es noch bis zur WM 2026 zu versuchen. Doch das Risiko eines Desasters wäre gewaltig.
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Cristiano Ronaldos EM-Desaster als Warnung
Ironischerweise ist ausgerechnet Cristiano Ronaldo ihm hier wieder einen - allerdings unschönen - Schritt voraus. Der 39-Jährige bot bei der EM in Deutschland eine Leistung zum Fremdschämen. Es war mehr als deutlich, dass er für sein Team eher Belastung statt Hilfe war. Sein Auftritt war dem eines mehrfachen Weltfußballes unwürdig.
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Messi könnte bei der WM in zwei Jahren ein ähnliches Schicksal drohen. Es wäre schade für eine solche Karriere, wenn er aufgrund mangelhafter Einsicht sein Andenken durch ein Turnier zum Vergessen beschädigt. Große Qualität beinhaltet auch, zu wissen, wann es vorbei ist. Ronaldo hat den rechtzeitigen Absprung verpasst. Messi kann er jetzt gelingen.
Er muss niemandem in Argentinien mehr etwas beweisen. Wie Ronaldo spielt auch Messi auf Klubebene längst nicht mehr auf Topniveau. In dem Alter, in dem sich beide befinden, lässt die Leistungsfähigkeit dann noch einmal deutlich schneller nach, wenn die wöchentlichen Anforderungen geringer ausfallen. Das zeigt sich dann vor allem im Nationalmannschaftstrikot.
Womöglich bietet sich die Finalissima im kommenden Jahr, wenn der Europameister Spanien auf den Copa-Sieger Argentinien treffen soll, als große Bühne für Messis glorreichen Abschied an. Ausgerechnet gegen jenes Land, das lange seine zweite Heimat war und wo er zum Superstar wurde. Dieser Abgang hätte Stil und würde seiner Karriere gerecht werden.
Man kann nur hoffen, dass Messi selbst das auch so sieht.