Nations League
DFB-Team: Leon Goretzka schreibt sein ganz persönliches Märchen - plötzlich Startelf-Garantie
- Veröffentlicht: 23.03.2025
- 11:58 Uhr
- Tobias Hlusiak
Nach seinem bockstarken Auftritt im Hinspiel ist Leon Goretzka nun für das erneute Duell mit Italien am Sonntagabend gesetzt. Das bestätigte Bundestrainer Julian Nagelsmann, der den Hype um den Bayern-Star aber auch einzubremsen versuchte.
Vom DFB-Team aus Dortmund berichtet Tobias Hlusiak
"Leon wird spielen!"
Diesen Satz hätten noch vor wenigen Monaten wohl die wenigsten Beobachter von Pressekonferenzen mit Julian Nagelsmann erwartet. Die meisten hätten ihn vermutlich sogar ausgeschlossen.
Es gab schlicht keinen Fußballspieler mit diesem Vornamen, der sich dermaßen nah an der Startelf der DFB-Elf aufhielt.
Zeiten ändern sich. Manchmal auch sehr schnell. Den plötzlich ist Leon zurück. Genauer gesagt: Leon Goretzka.
DFB-Team: Leon Goretzka kämpft sich zurück
Beim Rückspiel im Viertelfinale der Nations League gegen Italien heute Abend (ab 20:45 Uhr im Liveticker) wird der Bayern-Star von Beginn an auflaufen. Das verriet der Bundestrainer schon einen Tag vor der Partie.
Goretzka hat sich zurückgekämpft.
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Im vergangenen Sommer noch war das Loch, in dem sich der 30-Jährige befand, tief.
Kurz vor der Heim-EM wurde er mit dem Verweis, dies sei "besser für die Mannschaft", aussortiert. Ein harter Schlag für den ehrgeizigen Profi.
Wenig später folgte der nächste, als er bei seinem Verein - wie schon ein Jahr zuvor geschehen - aktiv zum Verkauf angeboten wurde.
Es gibt Menschen, die bei zwei derart harten beruflichen Rückschlägen in so kurzer Zeit, die Flinte ins Korn geworfen hätten. Goretzka nicht; er schaltete in den Kampfmodus.
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Goretzka hat harte Zeiten hinter sich
Er blieb beim Rekordmeister, spielte sich über Kurzeinsätze und konstant starke Trainingsleistungen zurück in die Mannschaft und wurde schließlich mit einer Nominierung für die März-Länderspiele gegen Italien belohnt.
"Sein cleverster Move war, dass er nicht immer alles kommentiert hat und ruhig geblieben ist", lobte Nagelsmann seinen Spieler dafür.
Goretzka hätte viel sagen können. Über den Umgang mit ihm, der sicherlich nicht immer fair war. Über die Häme, die im Netz über ihm ausgegossen wurde. Über die Konkurrenz, die sicher nicht immer besser war als er selbst.
Aber er ließ es.
VIDEO: Nagelsmann dankt Goretzka emotional
Goretzkas DFB-Karriere ist unvollendet
Goretzka ist es gewohnt, mit Rückschlägen umzugehen. Denn seine Karriere verlief gar nicht so gradlinig, wie man vermuten würde - schon gar nicht beim DFB.
Nach seinem Debüt im Mai 2014 dauerte es zweieinhalb Jahre bis zu Länderspiel Nummer zwei. Der Mittelfeldspieler verpasste also den WM-Titelgewinn 2014 und die einigermaßen erfolgreiche EM 2016.
Als Deutschland 2017 den Confed Cup gewann, war Goretzka Stammspieler und eines der großen Versprechen auf eine glorreiche DFB-Zukunft. Erfüllen konnte er es bislang aber nicht.
Die Turniere 2018 in Russland, 2021 in ganz Europa und 2022 in Katar fanden mit Goretzka im deutschen Kader statt. Sie gingen allesamt gründlich in die Hose.
Goretzka: "Bei der Hymne hat es mich gepackt"
Auch deshalb war es dem 30-Jährigen ein Antrieb, noch einmal zurückzukehren.
"Bei der Nationalhymne hat es mich mehr gepackt, als ich gedacht habe. Ich bin sehr glücklich, hier heute gespielt zu haben", sagte Goretzka am Donnerstagabend nach dem Sieg in Mailand, bei dem er das Siegtor geköpft hatte.
Der 58-fache Nationalspieler war das bestimmende Thema des Abends.
Joshua Kimmich freute sich "sehr, sehr" für seinen Freund. Tim Kleindienst adelte ihn als "überragenden Box-to-box-Spieler". Und der Bundestrainer ernannte ihn zum "MVP des Spiels".
Das Presseecho war dementsprechend laut.
Vermutlich etwas zu laut. Denn Nagelsmann verkündete zwei Tage später zwar, dass Goretzka auch im Rückspiel zur Startelf zählen würde, trat aber im selben Atemzug auf die Bremse.
"Ich habe gehört, dass er jetzt für die kommenden zwei Jahre Stammspieler ist, weil er ein gutes Spiel gemacht hat. Das ist nicht der Fall", so der 37-Jährige.
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FC Bayern: Rummenigge geht auf Goretzka zu
Kleiner geworden sind die Chancen auf einen Platz im Kreise der Nationalmannschaft aber ganz sicher nicht.
Das hat man auch an der Säbener Straße längst begriffen. Die Klub-Bosse des FC Bayern sind dazu übergegangen, aktiv auf ihren eigenen Spieler zuzugehen.
"Ich möchte klarstellen, dass, wann war es, 2023, als wir den Sommertransfermarkt gemacht haben, dass es kein Offizieller von Bayern München war, sondern der damalige Trainer, der ihn nicht mehr bei Bayern München sehen wollte", sagte der langjährige Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge am Rande der Infinity League in München.
Gemeint war Thomas Tuchel, der damals dringend eine "Holding Six" wollte, dem vorhandenen Personal um Goretzka und auch Joshua Kimmich diese Qualitäten aber ziemlich deutlich absprach.
Rummenigge betonte, "bis heute" habe sich "kein Offizieller negativ über Leon irgendwann mal ausgelassen". Allerdings war es Sportvorstand Max Eberl, der im vergangenen Sommer Goretzka öffentlich einen Vereinswechsel nahelegte.
Bleibt Goretzka nun doch beim FC Bayern?
"Unsere Spieler haben es verdient, dass man ehrlich mit ihnen umgeht. Man kann ihnen auch sagen, dass es schwierig werden kann", sagte Eberl im vergangenen August, stellte aber früh klar, dass Goretzka bei einem Verbleib dieselbe Chance wie jeder andere Spieler im Kader haben würde.
Diese hat er nun eindrucksvoll genutzt.
„Es freut mich, er hat sich unglaublich seriös und klug verhalten. Im Moment ist er sicher sehr happy", meinte Rummenigge.
Und so dürfte der kommende Sommer - unter veränderten Vorzeichen - für Goretzka erneut spannend werden. Sein Vertrag läuft bis ins Jahr 2026. Gespräche werden in den kommenden Monaten beginnen.
Ein Verkauf dürfte also wieder Thema werden. Oder eben eine Verlängerung des Kontrakts. Auch das scheint mittlerweile nicht mehr ausgeschlossen.
Zeiten ändern sich eben.