EM 2024: Die Gewinner und Verlierer des Viertelfinales
Gewinner und Verlierer des EM-Viertelfinales
Hat Harry Kane vielleicht einen weniger talentierten Zwillingsbruder, der für ihn die EM spielt? Und wie konnte Anthony Taylor nicht sehen, was ein ganzes Stadion gesehen hat? Wurde die Rolle der Elfmetertrottel von den Engländern an die Schweizer weitergegeben? Die Antworten gibt ran in den Gewinnern und Verlierern des Viertelfinales der Europameisterschaft.
Gewinner: Bundestrainer Julian Nagelsmann
Das atemberaubende Viertelfinale der DFB-Elf gegen Spanien hat nochmal unterstrichen, dass Julian Nagelsmann die deutsche Mannschaft in nur neun Monaten wieder auf Augenhöhe mit der Weltspitze geführt hat. Nach der Pleite fand der Bundestrainer dann genau die richtigen Worte. Nicht nur sportlich, er sprach sich auch für gesellschaftlichen Zusammenhalt aus. Das war großartig!
Gewinner: Elfmeterheld Jordan Pickford
Engländer und Elfmeterschießen, das war viele Jahre lang ein Running Gag. Jetzt stehen die "Three Lions" im Halbfinale dank eines Sieges im Elfmeterschießen gegen die Schweiz. Torwart Jordan Pickford – der auch schon oft genug in der Kritik stand – hält gleich den ersten Elfer von Manuel Akanji und wird zum Helden.
Gewinner: Mikel Merino und sein Siegestanz
Mikel Merino köpfte Spanien in der 119. Minute zum Sieg gegen Deutschland und tanzte dann um die Eckfahne. Was zunächst seltsam aussah, hatte eine Vorgeschichte. Merinos Vater hatte 33 Jahre zuvor im gleichen Stadion einen Treffer für Osasuna gegen den VfB Stuttgart erzielt und den gleichen Tanz aufgeführt. Was für eine Geschichte!
Gewinner: Publikumsliebling Niclas Füllkrug
Viele Jahre sah es nicht unbedingt danach aus, als ob Füllkrug eine wirklich große Karriere vergönnt wäre. Mittlerweile ist er Publikumsliebling im DFB-Team und zeigte gegen Spanien erneut, dass er auch auf diesem Niveau ein Top-Stürmer sein kann. Beim Interview nach dem Spiel sprach Füllkrug direkt in die Kamera zu den Fans und sorgte für einen Gänsehautmoment.
Gewinner: Die DFB-Reservisten und der Teamgeist
Generell hatten auch die Spieler aus der zweiten Reihe großen Anteil daran, dass das DFB-Team bei der Heim-EM einen hervorragenden Eindruck hinterließ. Ob Deniz Undav oder Robin Koch, niemand meckerte, alle unterstützten das Team und fieberten an der Außenlinie mit. So geht Teamgeist.
Gewinner: Die unterschätzten Niederländer
So richtig hatte Oranje niemand auf dem Zettel, nun stehen nur noch die schwachen Engländer zwischen der Mannschaft von Trainer Ronald Koeman und dem Finaleinzug. Das Team scheint mit jedem Spiel zu wachsen, auch ein Rückstand wie im Viertelfinale gegen die Türkei oder eine Niederlage wie in der Gruppenphase gegen Österreich bringt sie nicht aus dem Konzept.
Gewinner: Dayot Upamecano
Beim FC Bayern ist Dayot Upamecano ein Wackelkandidat, bei der EM ist er ein nicht wegzudenkender Teil der französischen Beton-Abwehr. Während er in München immer wieder in der Kritik steht, machte er im Viertelfinale gegen Portugal erneut ein starkes Spiel und hatte seinen Anteil, dass bei den Franzosen wieder die Null stand. Upamecano macht bei der EM definitiv Werbung für sich.
Verlierer: Anthony Taylor und der VAR
Ein ganzes Stadion brüllt "Hand!", deutsche Spieler reklamieren, Spaniens Cucurella lässt den Kopf hängen, weil er glaubt, einen Elfer verursacht zu haben. Nur Referee Taylor sieht nichts und lässt weiterspielen, der VAR greift nicht ein. Wenn bei einem klaren Handspiel die Regel Ermessenspielraum lässt, ist die Regel schlecht. Und wenn der VAR nicht eingreift, kann er auch weg.
Verlierer: Der schwächelnde Harry Kane
Hat Harry Kane einen weniger talentierten Zwillingsbruder, der bei der EM für England aufläuft? Kanes Auftritte bei der EM haben mit dem aus München bekannten Torjäger wenig gemeinsam. Im Viertelfinale gegen die Schweiz brachte es Kane in 109 Minuten nur auf 26 Ballkontakte. Der Angreifer wirkt träge und müde und wird zum Sinnbild der biederen Auftritte des englischen Teams.
Verlierer: Schweizer Elfmetertrottel
Nachdem die Engländer ihren Elfmeterfluch besiegen konnten, bewirbt sich nun die Schweiz für die Rolle der Elfmetertrottel. Bei der EM 2021 schieden sie im Elferschießen gegen Spanien aus, nun wieder im Viertelfinale gegen England. Dabei wäre der Shootout vermeidbar gewesen, mit etwas mehr Herz hätte die Schweiz die Engländer sicherlich nach 90 oder 120 Minuten bezwingen können.
Verlierer: Kylian Mbappe und die französische Ladehemmung
Auch die Franzosen erweisen sich als Minimalisten. Kein einziges Tor aus dem Spiel heraus hat die Elf bislang erzi elt und steht trotzdem im Halbfinale. Angesichts der auf dem Papier herausragenden Offensive ist das fast schon ein Witz. Stellvertretend dafür steht Kylian Mbappe, der Superstar mit der gebrochenen Nase ist bisher nur ein Schatten seiner selbst.
Verlierer: Türkei und die Wolfsgruß-Fans
Die türkische Mannschaft verspielt trotz großartiger Unterstützung ihrer Fans eine Führung gegen die Niederlande. Und Teile der Fans verspielen Sympathien, weil sie im Berliner Olympiastadion den Wolfsgruß zeigen. Der ist in Deutschland zwar nicht verboten, gilt aber als Solidarisierungsgeste mit den rechtsextremen "Grauen Wölfen". Das hätte es nun wirklich nicht gebraucht.
Verlierer: Ronaldo
Es gibt eine Menge legendärer Sportler, die den richtigen Zeitpunkt für ihr Karriereende verpasst haben. Muhammad Ali oder Michael Jordan könnten hier genannt werden und vielleicht bald auch Cristiano Ronaldo. Es ist jedenfalls schlimm zu sehen, wie CR7 mittlerweile eher eine Belastung als eine Hilfe für Portugals Mannschaft ist. Auch wenn er im Elfmeterschießen gegen Frankreich traf.
Verlierer: Der Fußball und die Fans
Mit Ausnahme des Schlagabtauschs zwischen Deutschland und Spanien gab es in den Viertelfinals viel Leerlauf und die Halbfinals versprechen auch nicht sonderlich guten Fußball. Sollten die angeschlagenen Spanier gegen Frankreich verlieren und England sich gegen die Niederlande durchwursteln, droht das Minimalisten-Finale. Das Niveau der EM ist ähnlich trist wie der deutsche Sommer.