EM 2024
EM 2024 - DFB-Team vor Spanien: Gewinner und Verlierer bei den Wackelkandidaten
- Veröffentlicht: 03.07.2024
- 23:18 Uhr
- Andreas Reiners
Bei der EM gibt es im deutschen Team Spieler, die zwischen Bank und Stammplatz stehen. Wer hat sich unverzichtbar gemacht, wer hat seinen Platz verloren, wer musste abreißen lassen? ran mit den Gewinnern und Verlierern.
Von Andreas Reiners
Es gibt für den Erfolg bei einer EM verschiedene Faktoren.
Zum einen die offensichtlichen wie die Qualität des Kaders oder das System. Ob dieses zu den nominierten Spielern passt, so dass sie ihre Stärken komplett ausspielen können.
Es gibt aber auch "weichere" Faktoren. Wie den Zusammenhalt zum Beispiel, was seit dem legendären Geist vom Campo Bahia aber kein Geheimnis mehr ist.
Damit verbunden ist aber auch ein gesunder Konkurrenzkampf im Kader, den es bei der deutschen Nationalmannschaft bei diesem Turnier durchaus gibt. Nicht durchweg, aber auf so vielen Positionen, dass das DFB-Team dadurch eher gepusht und nicht gebremst oder gestört wird.
Das Wichtigste in Kürze
DFB-Team: Die richtige Mischung
Bundestrainer Julian Nagelsmann hat bei der Zusammenstellung die richtige charakterliche und spielerische Mischung gefunden. Vor allem die Persönlichkeit der Spieler ist ein wichtiges Puzzleteil für den Einzug in das Viertelfinale am Freitag gegen Spanien (18 Uhr im Liveticker auf ran.de). "Es ist ein Schlüssel, dass es jetzt vielleicht besser läuft als zuvor", sagte der Bundestrainer.
"Wir haben gezeigt, was ein Team ist, in dem jeder den anderen respektiert", sagte Antonio Rüdiger und betonte: "Es ist das Wichtigste, dass wir als Team auftreten und nicht als Individualisten, die nur für sich kämpfen."
Das zeigt sich genau bei den Spielern, die tatsächlich um ihre Plätze kämpfen müssen. ran zeigt die Gewinner und Verlierer unter den Wackelkandidaten.
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Pascal Groß (Verlierer)
Ging als Wechseloption Nummer eins und Nagelsmanns Edeljoker für das Mittelfeldzentrum Kroos/Andrich in die EM-Vorbereitung, wo er prompt traf. Ihm trauten nicht wenige sogar den Sprung in die Startelf im Turnierverlauf zu, sollte Robert Andrich doch wackeln, oder Nagelsmann doch auf Groß' Profil wechseln. Davon ist er nun sehr weit entfernt.
Groß wurde beim Auftakt gegen Schottland eingewechselt, bestritt eine Halbzeit. Danach sammelte er keine einzige Einsatzminute mehr. Der Grund: heißt Emre Can.
Der nachnominierte BVB-Kapitän ist mittlerweile Ersatz-Option Nummer eins im defensiven Mittelfeld - und Groß kommt seitdem gar nicht mehr zum Zug. Bitter!
Maximilian Mittelstädt (Verlierer)
In den ersten beiden Gruppenspielen war Mittelstädt links in der Viererkette gesetzt. Der 27-Jährige sammelte bei seinem Heimspiel in Stuttgart gegen Ungarn sogar einen starken Assist. Die letzte Überzeugung in seinem Spiel fehlte aber, und gegen die Schweiz dann auch beim Bundestrainer.
Die Folge: Für die letzten 30 Minuten kam David Raum, der dann Niclas Füllkrugs 1:1 vorbereitete. Im Achtelfinale entschied sich Nagelsmann dann von Beginn an für Raum, der seine Sache erneut sehr ordentlich machte und einen weiteren Scorerpunkt sammelte, indem er den Elfmeter zur Führung "herausflankte".
Mittelstädt ist noch nah dran, gegen Spanien und im weiteren Turnierverlauf aber wahrscheinlich zur Jokerrolle verdammt.
Florian Wirtz (Verlierer)
Keine Frage: Nach der famosen Double-Saison mit Bayer Leverkusen wird vor allem Wirtz selbst andere Erwartungen an sich gestellt haben. Er spielt keine schlechte EM, es wirkt aber so, als sei er schlichtweg überspielt. Die Frische fehlt, was angesichts der kräftezehrenden Saison keine Überraschung ist.
Gegen Schottland gab er mit dem frühen 1:0 den EM-Party-Starter. Baute schon gegen Ungarn merklich ab und kam gegen die Schweiz dann bis auf zwei individuelle Aktionen gar nicht zum Zug. Die Konsequenz: Nagelsmann gab Leroy Sane den Vorzug und steckte Wirtz in die Joker-Rolle. Ein SZenario mit Wiederholungs-"Gefahr" für den Leverkusener im Viertelfinale.
Dennoch: Wirtz' Qualität kann selbst von der Bank entscheidend sein. Fragt mal in Leverkusen nach ...
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Chris Führich (Verlierer)
Führich konnte mit starken Testspielen vor der EM punkten, belebte das Offensivspiel nach seinen Einwechslungen merklich. Er galt als eine der ersten Wechseloptionen, sollte das Offensivspiel lahmen.
Momentan profitiert er aber eher davon, dass Nagelsmann Einsätze in der Breite verteilt. 23 Spieler haben bereits Minuten sammeln können, so auch Führich, der bei seinem "Heimspiel" in Stuttgart gegen Ungarn immerhin 18 Minuten lang auf dem Platz stand.
Für eine größere Rolle konnte er sich nicht empfehlen, stattdessen sind vor allem seine Zukunft, die Ausstiegsklausel beim VfB und mögliche Interessenten ein Thema, wenn es um seine Person geht. Ob sein EM-Moment noch kommt?
Emre Can (Gewinner)
Dass der Dortmunder nachnominiert wurde, macht ihn bereits zu einem Gewinner. Er profitierte vom Verletzungspech des Münchners Aleksandar Pavlovic, hat diese unverhoffte Chance aber genutzt, ist nah dran an der Stammelf, hat auch schon ein Tor geschossen.
Als er im Juni mit seiner Frau beim Frühstück saß, kurz bevor der Bundestrainer ihn anrief, hätte er sicher nicht im Traum an diese Entwicklung gedacht. Doch im Fußball geht es bekanntlich schnell, was nicht immer im negativen Sinne sein muss. Er ist aktuell so etwas wie der 12. Mann hinter der Startelf.
Nico Schlotterbeck (Gewinner)
Bei einem Turnier muss man die Chancen schnell nutzen, wenn sie sich bieten. Schlotterbeck hat genau das getan, als er im Achtelfinale gegen Dänemark den gesperrten Jonathan Tah ersetzte.
Bis auf den einen Wackler in der ersten Halbzeit machte er seine Sache beeindruckend gut. Ein Kopfballtor, das hätte zählen müssen, viele gewonnene Zweikämpfe und noch ein Traumpass zum 2:0.
Er hinterließ einen derart gute EIndruck, dass Nagelsmann bei der Tah-Rückkehr zum Viertelfinale tatsächlich ein Luxusproblem hat. Sollte sich der Bundestrainer für Tah entscheiden, dürfte das an Nuancen liegen. Das Wichtigste: Schlotterbeck muss sich nichts vorwerfen.
David Raum (Gewinner)
Der größte Gewinner der ersten vier Turnierspiele - und eine ähnliche Geschichte wie bei Can und Schlotterbeck. Als er gegen die Schweiz seine Chance bekam, nutzte er sie innerhalb von 30 Minuten und wurde seinem Ruf als "Flankengott" gerecht. Die Bewährungsprobe gegen Dänemark bestand er ebenfalls. Womit er sich in die Stammelf gespielt haben dürfte.
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"Wenn der Trainer vor einer schweren Entscheidung steht, haben wir alles richtig gemacht", sagte Raum. Er betonte zudem, dass es sich im Camp in Herzogenaurach mitunter anfühle "wie auf einer Klassenfahrt, wir haben eine coole Zeit zusammen".
Niclas Füllkrug (Gewinner)
Ist man der Typ Glas halbleer, könnte man den BVB-Stürmer auch als Verlierer einordnen. Schließlich galt bzw gilt er immer auch als Option für die Startformation. In der Spitze setzte Nagelsmann aber bislang auf die spielerischen Elemente durch Kai Havertz.
Füllkrugs Antwort: Er macht sich als Joker unverzichtbar, hat so eine wichtige Rolle für das Team gefunden, was er zum Beispiel mit seinem späten 1:1 gegen die Schweiz unterstrich. Was ihn aber noch wichtiger macht: Er könnte auch problemlos von Anfang an seine Stärken einbringen, er ist nicht auf den Joker reduziert.
Ilkay Gündogan (Gewinner)
Der Kapitän war vor der EM nicht unumstritten, Rekordnationalspieler Lothar Matthäus ging sogar davon aus, dass Gündogan auf der Bank sitzen würde, Binde hin oder her. Doch der 33-Jährige hat sich festgespielt, war in zwei von vier Spielen der beste Deutsche auf dem Platz und gehört mit einem Tor und zwei Vorlagen zudem zu den Topscorern des Turniers.
Keine Frage: Gündogan musste einige Skeptiker überzeugen, was ihm aber gelungen ist. "Ich wollte immer geduldig bleiben. Ich wollte immer meine Aufgaben auf dem Platz erfüllen, ohne mich dabei zu wichtig zu nehmen", sagte er.