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EM 2024

Urs Meier im exklusiven Interview: Deshalb sorgt der VAR für falsche Entscheidungen

  • Aktualisiert: 31.10.2024
  • 18:08 Uhr
  • Carolin Blüchel

Die Schiedsrichter sorgen bei der EM mit vielen stritten und auch falschen Entscheidungen für Aufregung. Doch auch zurecht? Schiri-Legende Urs Meier sagt im Interview mit ran, was sich dringend ändern muss.

von Carolin Blüchel

England zieht auch dank eines umstrittenen Elfmeters gegen die Niederlande ins EM-Finale ein. Es war nicht die erste strittige Entscheidung im Laufe des Turniers. Vielmehr gewinnt man den Eindruck, die Schiedsrichter stehen bei dieser Europameisterschaft mehr im Fokus denn je.

Schuld daran ist vor allem der Video-Assistent, auf den die Unparteiischen Verantwortung abwälzen, sagt Schiedsrichter-Legende Urs Meier im Interview mit ran.

"Wir gehen immer davon aus, dass alles perfekt sein soll. Aber das ist es nun mal nicht. Auch mit der Technik werden wir das Problem nicht lösen, dass wir Entscheidungen treffen und aufmerksamer sein müssen", so der Schweizer.

Anders als früher können viele Schiedsrichter die Situationen auf dem Platz aber gar nicht mehr richtig bewerten. Als Beispiel nennt Meier den Platzverweis des Schotten Porteous im Eröffnungsspiel gegen Deutschland. Schiedsrichter Clement Turpin hatte erst nach der Begutachtung der VAR-Bilder Rot gezückt. "Wenn ein Schiedsrichter das nicht mehr sieht, verdammt nochmal, dann haben wir ein Problem."

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Man könne die Verantwortung nicht immer zum Video-Assistenten verlagern. "Denn der hat auch nicht alle Bilder. Vor allem hat er zum Teil nicht die richtigen Bilder. Er sieht die Geschwindigkeit nicht, er sieht die Absicht nicht. Darum ist der Schiedsrichter eigentlich noch viel mehr gefordert", so Meier weiter.

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Urs Meier: Schiedsrichter-Legende lobt Felix Zwayer

Deshalb sei es besonders wichtig, dass Schiedsrichter "richtige Profis" sein sollten. "Es sind immer noch Amateure. Sie werden nicht richtig ausgebildet, nicht richtig geschult. Da müsste man den Ansatz machen."

Insgesamt bewertet der 65-Jährige die Schiedsrichterleistung bei der Euro 2024 positiv. "Wir haben gute bis sehr gute Leistungen gesehen. Wir hatten auch ein paar Ausreißer nach unten. Das trübt natürlich immer wieder das Bild. Aber generell waren die Schiedsrichterleistungen sicher gut."

Vor allem die "jungen Wilden" wie Francois Letexier, Glenn Nyberg oder Sandro Schärer hätten einen guten Eindruck hinterlassen. Auch dem auch nach dem Halbfinale zwischen England und den Niederlanden heftig kritisierte DFB-Schiri Felix Zwayer attestierte Meier eine "wunderbare EM". "Das hat man im Vorfeld nicht so erwartet."

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Urs Meier: "VAR macht Fußball nicht gerechter"

Die vielen Diskussionen über Schiedsrichter-Entscheidungen schiebt Meier vor allem auf den Einsatz des VAR. "Wir haben immer das Gefühl, dass der Video-Assistent den Fußball gerechter macht. Aber er macht ihn nicht gerechter, er macht ihn anders." Man habe dadurch nur eine andere Wahrnehmung. Gewisse Entscheidungen würden sogar ungerechter.

Das liegt vor allem daran, dass es zwei unterschiedliche Realitäten gebe. "Es gibt eine Wirklichkeit auf dem Fußballplatz und es gibt eine Wirklichkeit am Bildschirm. Das ist nicht immer dasselbe", erklärt Meier. So habe er beispielsweise verstehen können, warum sich Anthony Taylor beim viel diskutierten Handspiel von Spaniens Verteidiger Cucurella keine VAR-Bilder angesehen hatte.

"Es gibt Situationen, die musst du am Monitor anschauen, wie gestern das Foulspiel an Kane. Wenn du das nicht auf dem Platz gesehen hast, musste du es anschauen. Klar." Taylor aber habe das Handspiel gesehen und für sich als nicht strafbar bewertet. "Dann muss er auch nicht mehr rausgehen. Denn wenn er rausgeht, sieht er andere Bilder als diejenigen, die er auf dem Spielfeld gesehen hat. Er hat nicht mehr die gleiche Dynamik, es kommen Wiederholungen. Dann läufst du Gefahr, dass du einen richtigen Entscheid auf dem Platz in einen falschen Entscheid auf dem Bildschirm umwandelst."

Urs Meier plädiert für Regeländerung bei VAR und Handspiel

Meier plädiert dafür, den Schiedsrichtern bei künftigen Turnieren wieder mehr Verantwortung zu übertragen. Denkbar sei auch, dass Trainer und Mannschaften wie im American Football oder Rugby einen "Call" haben, um strittige Szenen überprüfen zu lassen. "Sie haben eine Flagge, die sie reinschmeißen können und sagen: Diese Szene möchten wir noch einmal anschauen. DA sind wir nicht der gleichen Meinung." Dann wären die Schiedsrichter ein wenig aus der Schusslinie.

Der frühere Weltklasse-Schiedsrichter forderte zudem eine Änderung der Handspiel-Regelung. Laut geltender Regel hätte es Englands Elfmeter gegen die Niederlande nicht geben dürfen, weil dem Foul an Harry Kane ein unabsichtliches Handspiel von Bukayo Saka vorangegangen war. Ein unabsichtliches Handspiel wird bei einem Angreifer aber anders bewertet als bei einem Verteidiger.

"Mit den Regeln, die wir haben, hätte es geahndet werden müssen. Aber diese Regel hat mich immer geärgert, dass beim Angreifer die Absicht nicht gilt. Die Handspielfrage muss für Angreifer und Verteidiger gleich sein: Keine Absicht, natürliche Armbewegung, sich keinen Vorteil daraus geschaffen, dann ist es kein Handspiel."

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