Saudi-Arabiens Offensive im Weltsport: Nächster Coup bahnt sich an
Transfer-Offensive: Was hat Saudi-Arabien vor?
Cristiano Ronaldo und Karim Benzema und weitere Fußball-Stars sind schon da: Saudi-Arabien investiert groß und will seine Liga in den kommenden Jahren professionalisieren und vorantreiben. Wie sieht der Plan aus? Wer sind die nächsten Überläufer? Welche Sportarten könnten die nächsten sein? Und welche Ziele verfolgt das Königreich? ran beantwortet die wichtigsten Fragen.
Arbeitet Saudi-Arabien schon am nächsten Sport-Coup?
Nach den Milliardenschweren Engagements in Fußball, Golf und Motorsport peilt Saudi-Arabien laut Medienberichten den nächsten Sport-Coup an: Wie der niederländische Sportjournalist Raymond Kerckhoffs berichtet, wolle das saudische Städtebauprojekt Neom City als Sponsor bei Jumbo-Visma, dem wohl stärksten Team des Profiradsports einsteigen. Mit dem dänischen amtierenden Tour-de-France-Champion Jonas Vingegaard, dem Slowenen Primoz Roglic und dem Belgier Wout van Aert, der 2022 das Grüne Trikot der Tour de France als bester Sprinter gewann, dominiert das Team den Radsport. Ab 2024 wird der Supermarkt-Riese Jumbo allerdings als Hauptsponsor aussteigen. Dann könnte Neom City einspringen. Die geplante Megastadt, die der saudische Kronprinz und Premierminister Mohammed bin Salman initiiert hat, soll ein neues Wirtschaftszentrum im Nordwesten des Königreichs werden. Menschenrechtsorganisationen werfen dem Projekt unter anderem die Vertreibung der lokalen Bevölkerung vor.
Saudi-Arabien: Was ist passiert?
Saudi-Arabien investiert bereits seit Jahren groß in den Fußball und andere Sportarten. Kronprinz und faktischer Herrscher Mohammed bin Salman will in den kommenden Jahren rund 20 Milliarden Euro in die Infrastruktur der Saudi Pro League stecken, um den Wettbewerb weiter zu professionalisieren und voranzutreiben. Die saudische Staatsagentur "SPA" berichtet, dass die Einnahmen von umgerechnet rund 112 Millionen Euro auf 450 Millionen Euro wachsen sollen. Stars wie Cristiano Ronaldo oder Karim Benzema, denen absurde Jahresgehälter von rund 200 Millionen Euro gezahlt werden, sind erst der Anfang.
Wo investiert Saudi-Arabien noch?
Doch das Königreich investiert nicht nur in neue Fußballspieler. Der saudische Staatsfonds "PIF" besitzt bereits vier Klubs innerhalb der eigenen Liga zu mindestens 75 Prozent, und mit Newcastle United kam 2021 ein Klub aus der Premier League dazu. Doch das ist längst nicht alles. Der "PIF" hat sich auch in andere Sportarten eingekauft. Beispielsweise machen die Formel 1 (seit 2021) und die Rallye Dakar (seit 2020) in Saudi-Arabien Station. Im Golf haben die von Saudi-Millionen finanzierte LIV-Tour und die US-Tour PGA jüngst eine Fusion bekanntgegeben. Auch im eSports, im Boxen und in weiteren Sportarten soll der Einfluss wachsen.
Saudi-Arabien: Woher kommt das Geld?
Saudi-Arabien ist einer der wichtigsten Produzenten von Erdöl und Erdgas und Mitglied der OPEC - einer Organisation, die 1960 vom Iran, Irak, Kuwait, Venezuela und eben Saudi-Arabien mit dem Ziel gegründet wurde, mehr Gewinn für die Exporteure von Erdöl zu erzielen und die Preise für Rohöl auf hohem Niveau zu stabilisieren. Dadurch wurde das Land sehr reich. 2021 wurde das Bruttoinlandsprodukt Saudi-Arabiens auf rund 833,5 Milliarden US-Dollar geschätzt - umgerechnet etwa 777,8 Milliarden Euro. Das Vermögen der Königsfamilie betrug 2020 laut "Mirror" rund eine Billion Euro.
Warum steht Saudi-Arabien in der Kritik?
Seit Jahren steht Saudi-Arabien massiv in der Kritik. Hauptgrund dafür ist, dass dort grundlegende Menschenrechte nicht beachtet werden. In den vergangenen Jahren kritisierten Organisationen wie "Human Rights" oder "Amnesty International" die zunehmend repressive Politik, die sich vor allem gegen Menschenrechtsaktivisten und Menschen richtet, die nicht auf Regierungslinie liegen. Schlagzeilen schrieb vor allem der gewaltsame Tod des regierungskritischen Journalisten Jamal Kashoggi in Istanbul, in den der Kronprinz verwickelt sein soll. Seit 2015 hat sich die Zahl der Hinrichtungen laut einem Bericht von "Reprieve" fast verdoppelt. Darüber hinaus wird Saudi-Arabien immer wieder Terrorismusfinanzierung vorgeworfen.
Welche Ziele verfolgt Saudi-Arabien?
Unter De-facto-Herrscher Mohammed bin Salman wurde ein weitreichender Modernisierungsprozess in die Wege geleitet. Unter dem Titel "Saudi Vision 2030" will Saudi-Arabien die Wirtschaft unabhängig vom Öl machen, das Land für den Tourismus öffnen und Frauenrechte verbessern. Nach außen inszeniert sich der Staat als modern und weltoffen, während intern die Repressionen immer größer werden. Ein Hebel für diese Inszenierung ist der Sport. Außerdem will man den eigenen Einfluss durch Kontakte in die westliche Welt halten und weiter ausbauen.
Saudi-Arabien: Wie funktioniert das Sportswashing?
Durch die zahlreichen Investitionen in Großevents, Superstars wie Ronaldo oder Benzema sowie Sportarten insgesamt soll es gelingen, das Ansehen des eigenen Landes sowie die eigene Reputation in den Medien zu verbessern. Dafür werden während Events wie der WM 2022 in Katar Sondergenehmigungen der Regierung zugelassen, um ein möglichst weltoffenes Bild abzugeben. Auch Stars, die nach Saudi-Arabien wechseln, werden Sonderrechte zugesprochen. So ist das Zusammenleben zwischen Mann und Frau normalerweise streng geregelt, unverheiratete Paare dürfen nicht zusammenleben. Für den Transfer von Ronaldo machten die Saudis eine Ausnahme. Die Reichweite eines Superstars wie "CR7" hilft eben dabei, das Image aufzupolieren.
Saudi-Arabien: Wie geht es jetzt weiter?
Saudi-Arabien wird versuchen, seinen Einfluss im Sport weiter auszubauen und die Missstände im eigenen Land zu verstecken. Auf den Fußball bezogen bleibt jedoch die große Frage, inwiefern es ihnen gelingt, Aufwand und Ertrag in ein für sie gesundes Verhältnis zu bringen. In der Vergangenheit wurde bereits in einigen Ländern wie China oder den USA versucht, den Fußball mit horrenden Ausgaben auf ein Top-Niveau zu hieven. Gelungen ist das bisher nicht. Der Staatsfond ist eigentlich dazu gedacht, das Königreich vor einer Zukunft ohne Öleinnahmen zu schützen. Ob man fortlaufend so viel Geld investiert, wird auch davon abhängen, ob es gelingt, den Sport für diese Ziele zu instrumentalisieren. Doch vorerst ist kein Ende in Sicht. Wie der US-amerikanische Sportjournalist Dov Kleiman berichtet, könnte auch die NFL ein mögliches Ziel werden.