DFB-Team gegen Ungarn: So plant Bundestrainer Julian Nagelsmann den Neustart

Vom DFB-Team berichtet Martin Volkmar

Es geht wieder los!

49.000 Zuschauer in der ausverkauften Düsseldorfer Arena erwarten am Samstag eine Fortsetzung der bis zum unglücklichen Viertelfinal-K.o. erfolgreichen Heim-Europameisterschaft der deutschen Nationalmannschaft.

"Das erste Spiel nach der EM ist auch von der Art und Weise wichtig, um den Schwung mitzunehmen", sagte Julian Nagelsmann auf der abschließenden Pressekonferenz: "Wir wollen den Enthusiasmus der EM wieder sehen."

Gut zwei Monate nach dem K.o. gegen den späteren Europameister Spanien trifft die DFB-Auswahl in der UEFA Nations League auf Ungarn (Samstag, ab 20:45 Uhr im Liveticker), gegen das in der EM-Vorrunde mit 2:0 gewonnen wurde.

"Wir können mit Ungarn nicht den identischen Gegner wie in der EM-Gruppenphase erwarten", meinte der Bundestrainer.

"Ich erwarte sie schon etwas offensiver als bei der EM. Am Ende liegt es aber an uns, wie tief wir den Gegner hinten reindrücken können."

DFB-Team ohne vier Routiniers

Auch das deutsche Team wird nicht mehr mit der Turniermannschaft identisch sein, denn in Kapitän Ilkay Gündogan sowie den drei 2014er-Weltmeistern Manuel Neuer, Toni Kroos und Thomas Müller haben gleich vier Säulen des Teams ihren Rücktritt erklärt.

Trotzdem zeigte sich Nagelsmann auf ran-Nachfrage zuversichtlich, dass auch seine neuformierte Mannschaft in der Lage sein kann, sein erklärtes Ziel zu erreichen: Den WM-Titel 2026.

ran zeigt, welche Änderungen der DFB-Chefcoach vorgenommen hat, um den erfolgreichen Neustart einzuleiten.

Tor: ter Stegen die neue Nr. 1

Nach zwölf Jahren als Bankdrücker ist Marc-Andre ter Stegen nach Manuel Neuers Rücktritt mit 32 Jahren doch noch die Nummer eins geworden.

„Das hat er sich sehr verdient. Er hat über Jahre beharrlich auf seine Chance gewartet. Er hat sich immer in den Dienst der Mannschaft gestellt", betonte der neue DFB-Kapitän Joshua Kimmich.

Der Barca-Kapitän muss unweit seiner Heimatstadt Mönchengladbach nun zeigen, dass er auch in der Nationalelf ein sicherer Rückhalt für das umgebaute Team sein kann.

Abwehr: Kimmich weiter hinten rechts

Antonio Rüdiger ist neuer Vize-Kapitän und als Abwehrchef gesetzt. Da der Profi von Real Madrid aber diesmal eine Verschnaufpause bekam, wird stattdessen Nico Schlotterbeck seine Chance erhalten.

Daneben wird Jonathan Tah agieren, der hinter Rüdiger vorerst die nominelle Nummer zwei in der Innenverteidigung bleibt. Dahinter wird vermutlich beim BVB entschieden, ob Schlotterbeck, Neuzugang Waldemar Anton oder der bei der EM aussortierte Niklas Süle der erste Herausforderer wird.

Links hinten spricht sehr viel für David Raum, da die Ungarn tief stehen werden und mit Flanken unter Druck gesetzt werden müssen, wo der Leipziger einen Vorteil vor dem defensiveren Maximilian Mittelstädt hat.

Rechts hinten baut Nagelsmann weiterhin auf Kimmich, obwohl dieser lieber wie beim FC Bayern wieder ins zentrale Mittelfeld zurückkehren würde und dort eine ähnliche Hybrid-Rolle zwischen Defensive und Offensive wie Toni Kroos spielen könnte.

Doch der Bundestrainer hat einerseits ein Überangebot im Mittelfeld und andererseits zumindest diesmal nur Benjamin Henrichs als Alternative auf rechts. Denkbar daher, dass er im Oktober einen Außenverteidiger mehr und einen eher defensiven Mittelfeldspieler weniger nominiert.

Zentrales Mittelfeld: Groß der neue Kroos

Robert Andrich dürfte wie schon in vier der fünf EM-Spiele als Abräumer anfangen, daneben wird Pascal Groß in einer etwas vorgerückten Position auflaufen. In einer ähnlichen Rolle hat der Neu-Dortmunder bislang im Klub neben Emre Can gespielt und galt daher auch schon bei der Euro als Kroos-Backup.

"Pascal wird spielen. Aber er macht nicht den Kroos, sondern den Pascal", erklärte Nagelsmann: "Wir brauchen niemanden, der Toni Kroos ersetzt, wir brauchen Spieler, die ihre Stärken einbringen. Pascal ist ein Spieler, der keine Angst hat, Bälle zu kriegen, und Verantwortung zu übernehmen. Das ist ganz wichtig."

Groß selbst meinte zu seinen Aufgaben: "Meine Art hat sich nicht geändert, ob jemand zurückgetreten ist oder nicht. Ich habe großen Respekt vor Toni, aber ich versuche, mein Spiel zu spielen und die Mannschaft besser zu machen."

Dahinter sind neben Can noch Bayern-Youngster Aleks Pavlovic und der einzige Neuling Angelo Stiller die Nachrücker. "Beide sind sehr mutig und wollen viele Bälle. Es gab keinen Moment, wo sie sich schüchtern versteckt haben", lobte Nagelsmann das Duo.

Offensives Mittelfeld: Neue Rolle für Havertz

Im offensiven Mittelfeld wird der Bundestrainer auf ein Dreier-Reihe setzen, in der Jamal Musiala und Florian Wirtz erstmal unantastbar sind.

Für den zurückgetretenen Ex-Kapitän Ilkay Gündogan wird Kai Havertz auf der zentralen Position hinter der Spitze spielen. Der Arsenal-Legionär wurde zuletzt im Verein und auch der bei der EM zwar als hängender Mittelstürmer eingesetzt, ist aber eigentlich im Mittelfeld zu Hause.

"Kai kann sehr viele Positionen spielen, auch rechts und links. Wir sind da sehr variabel, unser Spiel muss nicht nur statisch sein", erklärte der Bundestrainer.

Je nach Spielverlauf könnte daher auch Musiala in die Mitte rücken und dafür von der Bank Chris Führich und eventuell auch Maximilian Beier über außen kommen.

Gleiches gilt in Zukunft vermutlich auch für die diesmal fehlenden Münchner Leroy Sane und Serge Gnabry.

Sturm: Die Chance für Füllkrug

Da Havertz nach hinten rückt, ist der Weg frei für Niclas Füllkrug in der Spitze. Eine nachvollziehbare Wahl, weil gegen die defensivstarken Ungarn ein "echter" Neuner in vorderster Reihe benötigt wird.

Zumal der Neuzugang von West Ham sehr gut mit Flankengeber Raum harmoniert, wie beide bei der EM vor allem durch den Last-Minute-Kopfballtreffer zum 1:1 gegen die Schweiz bewiesen.

Zudem soll Havertz laut Nagelsmann immer wieder nachrücken: "Tendenziell wird Kai einen Tick weiter im Mittelfeld spielen, aber je nach Situation íst auch eine Doppelspitze denkbar. Zudem tut uns gegen Ungarn ein weiterer Kopfballspieler gut."

Deniz Undav ist der erste Nachrücker von der Bank, auch Beier kann wie schon in Dortmund als einziger Angreifer spielen.