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Nationalmannschaft

Hansi Flicks größte Baustelle im DFB-Team: Das Rätsel Leroy Sane

  • Aktualisiert: 28.09.2022
  • 09:42 Uhr
  • ran.de
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Vor Wochen noch Matchwinner in der Champions League mit dem FC Bayern, jetzt wieder erschreckend blass mit der Nationalmannschaft in der Nations League. Leroy Sanes Formschwankungen stellen Bundestrainer Hansi Flick vor sein wohl größtes Rätsel, das er im Hinblick auf die WM im November dringend lösen muss.

München – Es ist wohl das Los besonders talentierter Spieler, unter ebenso besonderer Beobachtung zu stehen. Jede Geste, jede Gesichtsregung, jede noch so versteckte Körpersprache wird interpretiert, ja seziert. Ist der Ärger über einen Fehlpass, über eine vergebene Chance oder die Enttäuschung über eine Niederlage augenscheinlich nicht groß genug, setzt es teils überzogen harte Kritik.

Hochbegabten werden Fehler offenbar weniger großmütig verziehen als durchschnittlichen Arbeitern. Sowohl von der Öffentlichkeit als auch vom Trainerstab. Mesut Özil kann ein Lied davon singen.

Wenn man so will, ist Leroy Sane der Özil der aktuellen Nationalmannschaft. Seine fußballerischen Fähigkeiten sind unbestritten. Seine Schnelligkeit, seine Dribblings, seine Kreativität und sein Spielwitz – ein Augenschmaus höchster Güte. Und doch folgen auf Weltklasse- häufig Schlafwagen-Auftritte.

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Sane, der "Wenn-Dann"-Spieler

"Wenn er Lust hat, wenn er die Qualitäten auf den Platz bringt, kann er einer der Besten in Europa werden", hatte Bayern-Sportvorstand Hasan Salihamidzic den 26-Jährigen nach dessen Gala-Vorstellung in der Champions League bei Inter Mailand Anfang September gelobt.

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Sane war damals als "Man of the Match" ausgezeichnet worden. Trainer Julian Nagelsmann wählte ähnliche Worte. Und auch Bundestrainer Hansi Flick, bekanntermaßen ein Sane-Fan, schwärmte: "Wenn er sein Tempo mit einbringt, dann gehört er zu den besten Spielern, die es auf dieser Position gibt. (…) Er kann den Unterschied ausmachen, wenn er auf diesem Niveau spielt."

Wenn, wenn, wenn! Sane, der "Wenn-Dann"-Spieler. Leider schöpft der Flügelstürmer sein großes Potenzial aber allzu oft nicht annähernd aus. Viel zu oft taucht er ganz ab, wirkt nach außen phlegmatisch, lustlos und genervt. Nagelsmann fordert nicht umsonst immer wieder die "talentfreien Aktionen" von seinem Schützling. Gemeint sind Kampfgeist, Wille, Leidenschaft.

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Sanes beste Phase beim FC Bayern

Wie es aussieht, wenn Sane wirklich will? In der laufenden Saison wirbelte der 26-Jährige vor allem im Zusammenspiel mit Jamal Musiala beim FC Bayern auf der linken Seite. Fünf Tore, drei Vorlagen, unzählige Balleroberungen, auch für die Drecksarbeit in der Defensive war sich der Ballkünstler nicht zu schade.

Im Training schob er Extra-Schichten, um sich mehr Spielzeit zu erkämpfen. Mit Erfolg. In München hatte man bereits gehofft, der Knoten sei in seiner dritten Saison endgültig geplatzt. Nach einer grandiosen Hinrunde 2021/22 und dem darauf folgenden Absturz in der Rückrunde sah es diesmal wirklich danach aus.

Sane wirkte gefestigt, irgendwie erwachsen. Er suchte auf dem Platz sogar das Gespräch mit jüngeren Spielern wie Bayern-Neuzugang Matthijs de Ligt, übernahm gefühlt Führungsaufgaben.

Hinzukam untypische Selbstkritik wie beim 2:0 gegen den FC Barcelona in der Königsklasse, als er nach seiner Auswechslung aus Unzufriedenheit mit sich selbst eine Trinkflasche auf den Boden pfefferte. "Ich will einfach nur ein gutes Spiel abliefern, ein gutes Gefühl haben und froh vom Platz gehen", so Sane.

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Sanes Formkurve zeigt nach unten

In den vergangenen Wochen scheint ihm das gute Gefühl aber wieder abhandengekommen zu sein. Beim 0:1 gegen den FC Augsburg in der Bundesliga verlor er den entscheidenden Zweikampf, der zum Gegentor führte, nahezu ohne Gegenwehr.

Gegen Ungarn (0:1) und England (3:3) in der Nations League blieb der so hoch veranlagte Flügelflitzer erneut erschreckend blass. Zwar befindet er sich damit in guter Gesellschaft, erreichte doch kaum ein Nationalspieler Normalform. Es ist aber schon erstaunlich, wie sehr sich das Formbarometer einer Mannschaft an Sane orientiert. Bedeutet: Spielt Sane gut, stimmen die Ergebnisse. Spielt er schwach, wird es schwer.

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Mangelnde Einstellung oder persönliche Gründe?

In der Vergangenheit wurde immer wieder gemutmaßt, seine Leistungsschwankungen könnten mit fehlender Professionalität zusammenhängen, weshalb Pep Guardiola Sane bei Manchester City schon einmal vorübergehend aus dem Kader geworfen hatte.

Auch bei der WM 2018 war er nach einer starken Saison in der Premier League als bester Nachwuchsspieler überraschend ausgebootet worden. Offiziell hatte der damalige Bundestrainer Joachim Löw die Streichung damit begründet, dass Sane noch nicht so weit gewesen sei. Hinter den Kulissen wurde über eine disziplinarische Maßnahme gemunkelt, hatte sich der damals 22-Jährige doch kurz vor dem Turnier einer Nasen-Operation unterzogen, die nicht unbedingt zeitkritisch gewesen wäre.

Vielleicht stecken hinter Sanes Berg- und Talfahrt aber auch persönliche Gründe. Aus dem Bayern-Umfeld ist zu hören, dass er seine Freundin Candice vermisse, die beruflich viel in den USA unterwegs ist. 

So oder so. Für Bundestrainer und Spielerflüsterer Hansi Flick könnte es im Hinblick auf die WM zum Knackpunkt werden, ob er das Rätsel Sane rechtzeitig lösen kann.

Von Carolin Blüchel

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