In der Jugend für Bayern & 1860 München aktiv
Liridon Krasniqi im ran-Interview: "Ich lebe in Malaysia wie Ronaldo oder Messi"
- Aktualisiert: 27.03.2019
- 20:57 Uhr
- ran.de / Marcus Giebel
Zweimal stand Liridon Krasniqi in seiner Profikarriere vor dem Aus. Mittlerweile hat er sich in Malaysia den Status eines Superstars erarbeitet. Die Fans benennen ihre Kinder nach dem ehemaligen Jugendspieler von Bayern München und 1860 München. Krasniqi vergleicht seinen Lebensstil mit dem von Cristiano Ronaldo. Im Interview mit ran.de spricht er über seine spektakuläre Laufbahn und seine Pläne für die Zukunft.
München - In Deutschland fußballerisch ausgebildet, ist Liridon Krasniqi heute ein Superstar - in Malaysia. Bevor er die Massen in Asien begeisterte, musste der ehemalige Jugendspieler von Bayern München, 1860 München und vom 1. FC Nürnberg aber so manchen Rückschlag einstecken.
In jungen Jahren handelte er sich eine zweijährige FIFA-Sperre ein, weil er in Tschechien Vertragsbruch beging. So verdiente der Kosovare sein Geld zwischenzeitlich auf dem Bau. Auch der zweite Anlauf - diesmal in der Türkei - begann verheißungsvoll, endete jedoch nach einem Streit mit der Klubführung in der Vereinslosigkeit.
Krasniqi winkt die malaysische Staatsbürgerschaft
2015 dann rief Malaysia. Und der Trip nach Fernost lässt sich vier Jahre später als reine Erfolgsstory betiteln. Kinder werden nach ihm benannt, die Fans himmeln ihn an. Mittlerweile laufen sogar Pläne, Krasniqi mit der malaysischen Staatsbürgerschaft auszustatten. Damit könnte der 27-Jährige für seine Wahlheimat auflaufen - es wäre das dritte Nationaltrikot, das er überstreift.
ran.de hat mit Krasniqi über seine spektakuläre Karriere gesprochen und auch einen Blick in die Zukunft gewagt.
ran.de: Wenn man sich Ihre Karriere anschaut, könnte man von einer Achterbahnfahrt sprechen. Würden Sie das unterschreiben?
Liridon Krasniqi: Ja, auf jeden Fall. Achterbahnfahrt ist sogar noch untertrieben.
ran.de: Wie würden Sie es stattdessen betiteln?
Liridon Krasniqi: Sechzehnerbahn!
ran.de: Was war Ihre beste Entscheidung in Ihrer Karriere?
Liridon Krasniqi: Ich bereue meine Entscheidungen nicht, denn jede Entscheidung hat etwas in sich. Vielleicht würde ich 20 Prozent meiner Entscheidungen ändern. Mehr nicht. Denn im Grunde bin ich ja immer wieder zurück auf den richtigen Weg geleitet worden. Aber für meine Karriere war der Schritt nach Asien meine beste Entscheidung.
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"Habe mich in Malaysia von Tag eins an wie zu Hause gefühlt"
ran.de: Wie kam der Wechsel nach Malaysia zustande?
Liridon Krasniqi: Ich habe einen Vorschlag von einem Manager bekommen, der mir angeboten hat, sich das mal anzuschauen. Ich habe gesagt: 'Klar!' Dann bin ich rübergeflogen und habe mich von Tag eins an wie zu Hause gefühlt. Es ist zwar weit entfernt, aber letztlich hat sich alles gelohnt.
ran.de: Gab es einen Moment in Ihrer Karriere, in dem Sie kurz vorm Aufgeben waren? Gab es diesen Gedanken?
Liridon Krasniqi: Ich bin ein Kämpfertyp und habe mich nie unterdrücken lassen. Ich habe einfach gedacht: Wenn mir Steine in den Weg gelegt werden, einfach drüberspringen und weitergehen. Es war oft so: Kaum hatte ich es gepackt, bin ich wieder gefallen, habe es wieder gepackt, bin wieder gefallen. Da habe ich schon gedacht: Soll ich es sein lassen? Aber dann habe ich auch gedacht: Die Leute wollen mich ja nur fallen sehen. Wenn ich falle, habe ich ihnen diesen Wunsch erfüllt. Aus diesem Grund habe ich immer weiter- und weiter- und weitergekämpft.
"Ich wurde nicht bezahlt und bin einfach heimgefahren"
ran.de: Sie wurden zwei Jahre von der FIFA gesperrt, konnten also nicht professionell Fußball spielen. Damals haben Sie auf einer Baustelle gearbeitet. Wie kam es dazu?
Liridon Krasniqi: In meinem 18. Lebensjahr habe ich einen Jungprofivertrag bei Slavia Prag bekommen. Danach wurde ich nicht mehr bezahlt. Aus diesem Grund bin ich weg- und einfach heimgefahren. Ich war noch jung. Das war ein Vertragsbruch, weshalb mich die FIFA für zwei Jahre gesperrt hat.
ran.de: Was bedeutete das für Sie?
Liridon Krasniqi: Ich durfte zwei Jahre lang kein Fußball spielen - das war für mich die schwierigste Zeit. Fußball ist meine Leidenschaft, mein Ein und Alles. Also bin ich wieder zurück auf die Baustelle, auf der ich früher schon gearbeitet hatte. Ich brauchte ja Geld. Aber ich habe nie die Hoffnung verloren. Denn ich habe ja gewusst: Eines Tages wird die Sperre aufgehoben. Auf diesen Moment habe ich gewartet. Ich habe gearbeitet, aber auch nebenbei trainiert.
ran.de: War es rückblickend also die lehrreichste Zeit?
Liridon Krasniqi: Die Zeit auf dem Bau hat mir viel gegeben, viel Zeit zum Nachdenken. Will ich das mein ganzes Leben lang machen? Auch das Umfeld ist nicht unbedingt gut. Das war meine "Bad-Boy-Phase".
ran.de: Würden Sie sagen, diese zwei Jahre auf dem Bau haben Sie gestärkt?
Liridon Krasniqi: Auf jeden Fall. Das hat meine Laufbahn geprägt und mir einen Schub gegeben. Vielen Fußballern wird alles in die Wiege gelegt. Das war bei mir nicht der Fall.
"Habe Jungs von früher im Bierzelt getroffen - ich bin als einziger Profi geworden"
ran.de: Dabei schien auch bei Ihnen der Weg geebnet…
Liridon Krasniqi: Ich habe ja bei Bayern München und 1860 München gespielt. Vor kurzem habe ich in einem Bierzelt zufällig die ganzen Jungs getroffen, mit denen ich früher zusammengespielt habe. Das waren die Spieler, die in der Jugend über mir standen. Da habe ich früher gedacht: Das werden Profis. Und jetzt sagt einer von denen: Ich sei nach all den Jahren der einzige, der es wirklich geschafft hat. Der einzige, der es zum Star gebracht hat.
ran.de: Was unterscheidet Sie von den anderen Spielern? Immerhin hatten Sie ja genug Widerstände zu überwinden.
Liridon Krasniqi: Ich habe immer gewusst, was ich will. Man sagt ja: Talent ist nicht alles im Fußball. Es muss eine Mischung geben. Um als Fußballer Erfolg zu haben, bin ich ans andere Ende der Welt gereist. Als ich den Anruf bekam, habe ich gesagt: 'Mein Freund, ich bin schon da.'
"In Malaysia sind sechs Kinder nach mir benannt worden"
ran.de: Sie gelten in Malaysia als Star, werden auf der Straße ständig erkannt und angehimmelt. Was bedeutet Ihnen das?
Liridon Krasniqi: Das ist eine riesengroße Freude. Mein Ziel ist es, Leute zu inspirieren. Mit meinem Talent. Im Grunde habe ich das geschafft. Ich bin vor vier Jahren rübergegangen als "no name", als einer, den keiner kennt. Musste sogar ein Probetraining absolvieren. Und mittlerweile sind sechs Kinder nach mir benannt worden. Wenn ich das Land betrete, weiß ich: Hier bin ich der Star.
ran.de: Sind Sie vor allem wegen Ihrer fußballerischen Leistungen ein Vorbild oder auch wegen der ganzen Geschichte?
Liridon Krasniqi: In Malaysia ist die Geschichte nicht bekannt. Das wollte ich auch nicht, denn ich habe so eingeschlagen mit meinem Talent, dass ich die Menschen auf diesem Weg inspiriert habe. Aber ich werde meine Geschichte früher oder später veröffentlichen. Ich möchte, dass die Leute diese Geschichte hören - vor allem die deutschen. Denn ich bin ein deutscher Junge. Ich bin zwar Albaner, aber in Deutschland aufgewachsen. Habe die deutschen Jungs verfolgt. Die deutsche Sprache hat mich geprägt. Und so gesehen ist Deutschland mein Land.
"Meine Geschichte kann Jugend einen Schwung geben und Motivation erhöhen"
ran.de: Warum wollen Sie die Geschichte jetzt verbreiten?
Liridon Krasniqi: Jetzt ist eine Zeit gekommen, wo ich möchte, dass die Leute in Deutschland mehr über meinen Weg erfahren. Das gibt der Jugend einen Schwung, erhöht die Motivation, Profifußballer zu werden. Es gibt ja nicht viele von meiner Sorte. Deshalb ist es für den Fußball wichtig, dass man solche Geschichten richtig in die Welt setzt und pusht.
ran.de: Es gibt also konkrete Pläne, ein Buch über Ihre Geschichte zu veröffentlichen?
Liridon Krasniqi: Ja, genau. Ich bin da dran. Leider bin ich in Deutschland nicht mehr so aktiv, deshalb ist es nicht so einfach. Es wird auf jeden Fall etwas kommen - hundertprozentig.
ran.de: Führen Sie in Malaysia Tagebuch?
Liridon Krasniqi: Ja, einmal in der Woche setze ich mich hin und notiere den Wochenverlauf.
"Krass - Malaysia könnte meine dritte Nationalmannschaft werden"
ran.de: Sie könnten bald die malaysische Staatsbürgerschaft annehmen. Wie kam es dazu?
Liridon Krasniqi: Das ist eine krasse Geschichte. Wenn Malaysia dazukommt, hätte ich für drei Nationalmannschaften gespielt. Ich habe für Albanien und den Kosovo Freundschaftsspiele gemacht. Jetzt stehe ich kurz davor, die malaysische Nationalität anzunehmen und vielleicht auch für die Nationalmannschaft zu spielen.
ran.de: Gibt es noch Kontakt zum kosovarischen Verband?
Liridon Krasniqi: Ja, es gibt noch Kontakt. Aber die Bearbeitung für den Pass in Malaysia läuft schon. Ab Januar 2020 könnte ich dann für das Team spielen.
"Es war nie mein Traum, in Deutschland zu spielen"
ran.de: Sie haben schon viel erlebt als Fußballer. Wonach streben Sie noch?
Liridon Krasniqi: Ich habe viel, aber noch nicht genug erlebt. Ich bin jetzt 27 und da ist noch viel, viel, viel Luft nach oben. Wenn wir in ein paar Jahren nochmal ein Interview machen, wird das noch krasser. Ich bin in Kontakt mit einem der besten Vereine in Asien, Johor Darul aus Malaysia. Es ist mein Ziel, dort hinzukommen. Dort kann ich Champions League spielen, gegen so große Namen wie Andres Iniesta. Ich will noch viele Trophäen gewinnen.
ran.de: Könnten Sie sich vorstellen, als Profi in Deutschland zu spielen?
Liridon Krasniqi: Es war nie mein Traum, in Deutschland Fußball zu spielen. Ich habe die Jugend hier erlebt, und ich als Typ komme einfach nicht mit der deutschen Mentalität zurecht. Wenn ein deutscher Trainer mir sagt, mit der Geschichte kann er mich nicht unter Vertrag nehmen, hat er für mich keine Eier. Das sagt ja alles.
"In der 2. Bundesliga würde ich wie Falschgeld herumlaufen"
ran.de: Wie bewerten Sie den deutschen Fußball?
Liridon Krasniqi: Deutscher Fußball ist richtig geil. Ich verfolge ihn, viele meiner Jungs spielen in Deutschland. Aber für mich wäre das nichts. Ich habe das auch akzeptiert. Man muss ja auch überlegen: Ich bin jetzt so ein Star da drüben - ich lebe dort wie ein Ronaldo oder wie ein Messi. Ich bin zwar nicht Ronaldo, aber vom Lifestyle her. Dort werde ich angehimmelt. Und wenn ich dann hier in die 2. Bundesliga gehen würde, würde ich wie Falschgeld herumlaufen auf dem Spielfeld. Deutschland erlaubt keinem, ein Star zu sein. Egal wer du bist. Dort drüben bin ich ein Star. Ich kenne das so, und wenn ich das nicht mehr habe, dann kann das schon Auswirkungen auf meine fußballerischen Leistungen haben.
ran.de: Also würden Sie gar nicht nach Europa gehen wollen, weil Sie dann Ihren Star-Status verlieren würden?
Liridon Krasniqi: Ich schaffe es auch hier, ein Star zu werden. So viel Überzeugung und Selbstbewusstsein habe ich. Aber das dauert viel zu lange. Mir geht es gut, da wo ich bin.
Das Interview führte Marcus Giebel
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