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DFB-Rücktritt von Marc-Andre ter Stegen? So kam es zur Wende - Förderer Kamps im Interview

  • Aktualisiert: 28.10.2024
  • 14:05 Uhr
  • Martin Volkmar

Für Marc-Andre ter Stegen war ein Abschied aus der Nationalmannschaft aufgrund seiner Chancenlosigkeit gegen Manuel Neuer ein konkretes Thema. Der Bundestrainer befürchtete das sogar noch vor der Heim-EM. ran fragte bei einem seiner engsten sportlichen Berater nach.

Vom DFB-Team berichtet Martin Volkmar

Zwölf Jahre musste Marc-Andre ter Stegen warten, ehe er mit 32 Jahren nach dem Rücktritt von Manuel Neuer endlich die Nummer eins in der deutschen Nationalmannschaft wurde.

Eine lange Zeit als beinahe chancenloser Bankdrücker, in der der Kapitän des FC Barcelona vor einigen Jahren auch über einen Rücktritt aus der DFB-Auswahl nachdachte, wie er vergangene Woche zugab.

"Die Aussagen, die er getroffen hat, sind absolut nachvollziehbar, legitim und auch verständlich", sagte Julian Nagelsmann vor dem Nations-League-Duell gegen die Niederlande auf ran-Nachfrage.

Daher hatte der Bundestrainer auch Sorgen, ter Stegen könnte erneut einen Rückzug erwägen, als Nagelsmann im März entschied, Neuer bei der Heim-EM den Vorzug zu geben.

"Das Gespräch war nicht super angenehm", berichtete Nagelsmann: "Marc hat sich da top verhalten und die Entscheidung auch akzeptiert. Da hatte ich aber schon mal kurz die Bedenken, dass er sagt, da mache ich nicht mit. Das wäre sehr schade gewesen."

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Marc-Andre ter Stegen: Uwe Kamps wichtiger Förderer

Großen Anteil daran, dass der Weltklasse-Torhüter nicht aufgab, hatte sein langjähriger Förderer Uwe Kamps.

Der ehemalige Gladbacher Bundesliga-Keeper (508 Pflichtspiele) betreute das Top-Talent schon in jungen Jahren als Torwarttrainer der Borussia und ist bis heute ein wichtiger Ratgeber ter Stegens.

Im Gespräch mit ran äußert sich der 60-Jährige über die Verbindung zu ter Stegen, dessen Rücktrittsgedanken, die Entwicklung zum Spitzen-Torhüter und seine Stärken.

ran: Herr Kamps, es gab einige, wenn auch wenige kritische Experten-Aussagen zur Festlegung von Julian Nagelsmann auf Marc-Andre ter Stegen als Nationaltorwart. Wie sehen Sie es?

Uwe Kamps: Aus meiner Sicht ist es – wenig überraschend – die absolut richtige Entscheidung. Es ist gut, dass man sich auf eine klare Nummer eins festgelegt hat, so wie man es auch vor der EM mit Manuel Neuer gemacht hat. Auch wenn das Marc natürlich nicht so gefallen hat, das war ein ziemlicher Dämpfer für ihn.

ran: Was spricht jetzt für ter Stegen?

Kamps: Er spielt bei einem der größten Klubs in Europa und das seit zehn Jahren. Und nach der ersten Saison, in der er noch sehr jung war und nur in den Pokalwettbewerben gespielt hat, war er immer Stammspieler und hat seine Leistung in jedem Jahr abgerufen. Er hat die Champions League gewonnen und mehrfach die spanische Meisterschaft und den Pokal. Und das in einer absoluten Topliga. Dort über Jahre so eine Leistung zu bringen und diesen Stellenwert bei einem Verein wie Barcelona zu haben, bei dem er jetzt sogar Kapitän ist, spricht für sich. Daher glaube ich, er ist schon einen Tick weiter als die anderen Torhüter in der Verlosung.

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Kamps: "Jetzt ist das eingetreten, was ich ihm damals gesagt habe"

ran: ter Stegen hat in der Pressekonferenz vor dem Ungarn-Spiel zugegeben, in den langen Jahren, in denen er nie an Manuel Neuer vorbeigekommen ist, auch über einen Rücktritt nachgedacht zu haben. Und er hat Sie als einen derjenigen genannt, die ihm immer Mut zugesprochen und daher von so einem Schritt abgehalten haben…

Kamps: Die Entscheidung hat er natürlich selbst getroffen. Aber ich muss sagen, das fand ich wirklich toll von ihm, dass er mich da erwähnt hat. Ich glaube, dass wir einen sehr, sehr guten Draht zueinander haben, wir sind in Mönchengladbach einen langen Weg zusammen gegangen.
Dass er dann nachgefragt hat bei mir, als er darüber nachgedacht hat, aus der Nationalmannschaft zurückzutreten, und er meine Meinung wissen wollte, das hat mich unheimlich gefreut und auch total geehrt. Und jetzt ist das eingetreten, was ich ihm damals gesagt habe: Dass er sicherlich noch zwei oder drei Turniere als deutsche Nummer eins spielen kann.

ran: War das vor der EM oder schon davor?

Kamps: Das liegt schon ein paar Jahre zurück, dass das ein Thema war. Aber er hat damals darüber nachgedacht.

Darum ermutigte Kamps ter Stegen zum Verbleib

ran: Es gibt ja gerade auch in der DFB-Geschichte einige Torhüter, die in seinem Alter oder noch älter zum Stammkeeper geworden sind. Andreas Köpke war beim EM-Sieg 1996 34 Jahre alt, Jens Lehmann bei der Heim-WM 2006 sogar 36. Waren das so Beispiele, weshalb Sie ihn ermutigt haben, weiterzumachen?

Kamps: Ja, auf jeden Fall. Ein weiteres Beispiel ist ja auch Manuel Neuer, der die EM im Sommer mit 38 gespielt hat. Zumal die anderen Torhüter wie Oliver Baumann oder Kevin Trapp mit 34 Jahren sogar noch älter sind als Marc. So viele junge Torhüter, die da von hinten nachdrängen, haben wir im Moment noch nicht. Auch wenn wir gerade in Deutschland wieder dabei sind, diese Leute zu entwickeln. Aber die müssen alle auch erst noch ein bisschen was leisten und zeigen, dass sie das Zeug zum Nationaltorwart haben.

ran: Für ter Stegen fängt seine Karriere als deutsche Nummer eins ja eigentlich jetzt erst an. Fehlen ihm trotz seiner Klasse jetzt noch ein, zwei große Turniere, um als einer der besten Torhüter in die DFB-Geschichte eingehen zu können?

Kamps: Das glaube ich nicht. Er hat schon so viel erlebt und spielt auf einem so hohen Niveau, dass man ihm das nicht zum Nachteil auslegen darf. Außerdem glaube ich, dass er jetzt auch seine Turniere spielen und seinen Teil zum Erfolg beitragen wird. Da bin ich mir sehr sicher.

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Ter Stegen: Potenzial früh gesehen

ran: Welchen Anteil würden Sie sich denn selbst an der Entwicklung von Marc-Andre ter Stegen geben? Sie haben ihn ja nicht nur von einem Rücktritt abgehalten, sondern als Torwarttrainer in Mönchengladbach fast von Anfang an gefördert.

Kamps: Für seine Entwicklung war er schon hauptsächlich alleine verantwortlich und sein Talent hat er auch mitgebracht. Aber wir haben sicher in einigen Momenten gemeinschaftlich gute Entscheidungen getroffen bei seiner Entwicklung zum Bundesliga-Torwart. Und es freut mich natürlich, dass wir auch nach seinem Abschied aus Mönchengladbach den Kontakt gehalten haben und er immer noch hin und wieder meinen Rat sucht. Ich habe jedenfalls großen Respekt vor dem Weg, den er gegangen ist.

ran: Ab wann haben Sie denn erkannt, dass es sich zumindest um einen Rohdiamanten handelt?

Kamps: Er war ja schon sehr früh in der Junioren-Nationalmannschaft und da konnte man sein Talent erkennen. Er hat immer seine Leistung abgerufen, so dass wir ihn sehr früh in höhere Altersklassen hochgezogen haben und auch sehr schnell zum Training der Profis. Auch da hat er einen verdammt guten Eindruck im Training gemacht und deshalb bald die Chance in der Bundesliga bekommen. Dass das auch noch im Derby gegen den 1. FC Köln war, war natürlich eine tolle Sache, die er eindrucksvoll gemeistert hat.

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Kamps: "Er ist aus meiner Sicht schon der komplette Torwart"

ran: Gibt es aus Ihrer Sicht irgendwas, was er noch besser machen könnte oder ist er für Sie schon der komplette Torwart?

Kamps: Er ist aus meiner Sicht schon der komplette Torwart. Ich finde nichts, von dem ich sagen würde, da hat er noch viel Luft nach oben. Fußballerisch gibt es wenige, die es so spielen, ebenso beim Eins-gegen-eins oder in der Raumverteidigung. Also im Prinzip hat er alles, was ein Top-Torwart braucht.

ran: Nun trifft er auf die Niederlande, woher seine Vorfahren und seine Ehefrau stammen. Glauben Sie, dass das ein besonderes Spiel für ihn ist?

Kamps: Das ist doch immer ein besonderes Spiel. Deutschland gegen die Niederlande ist ja ungefähr so wie Gladbach gegen Köln (lacht). Es gibt eine sehr hohe Rivalität und daher sollte man sich auf so ein Spiel freuen.

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