Einseitiges Bundesliga-Topspiel und Newcastle United unter saudischer Führung
ranSicht: Dieser Sonntag zeigt, wie das Geldproblem den Fußball kaputt macht
- Aktualisiert: 18.10.2021
- 17:48 Uhr
- ran.de/Martin Jahns
Fast zeitgleich offenbarte sich am Sonntag in Leverkusen und Newcastle, dass weder das deutsche noch das englische System zukunftsträchtig sind. Ein Kommentar von ran-Autor Martin Jahns.
München - Schon zwei Wochen vor Halloween hat der gestrige Fußball-Sonntag eindrucksvoll gezeigt: Bei den Zukunftsaussichten des beliebtesten Sports der Welt muss es einen gruseln.
Denn ausgerechnet in den zwei Arbeiterstädten Leverkusen und Newcastle offenbarte sich am Sonntagnachmittag fast zeitgleich: Die Wahl zwischen dem aktuellen Finanzierungsmodell der Klubs in Deutschland und dem Investorenfußball der Premier League ist in Wirklichkeit eine Wahl zwischen Pest und Cholera.
In der Bundesliga ist nur Bayern top
In Leverkusen zementierte der FC Bayern beim Duell des Tabellenzweiten gegen den Tabellenführer seine Vormachtstellung im deutschen Fußball mit einer 5:0-Führung gegen die "Werkself" nach 37 Minuten. Was folgte, war ein irrelevantes Schaulaufen über die restliche Spielzeit.
So eindrucksvoll der Bayern-Angriffswirbel anzuschauen war, so chancenlos war Deutschlands bis dahin zweitbeste Mannschaft der Saison.
Was aber für den Emotionssport Fußball besonders tragisch ist: Angesichts der ungleichen finanziellen Verhältnisse - laut "transfermarkt.de" hat Bayerns Kader mehr als den doppelten Marktwert des Leverkuseners - und der Bayern-Dominanz der vergangenen Dekade, herrscht selbst nach einem derart torreichen Topspiel vor allem eines: kollektives Schulterzucken. Ja mei, die Bayern halt.
In der Bundesliga sind die Verhältnisse derart festgefahren, dass die Meisterschaft eigentlich schon am ersten Spieltag entschieden ist. Die Teams von Dortmund, Leipzig oder Leverkusen werden regelmäßig personell geschröpft, bevor sie zur mittelfristigen Gefahr werden können. Siehe Sancho, Dembele, Upamecano, Keita, Havertz etc.
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"We're richer than you" - der Rest ist egal
Über fehlende Spannung im Titelkampf können sich Premier-League-Fans seit Jahren nicht beschweren. In den vergangenen 13 Jahren gelang es nur Manchester City in den Jahren 2018 und 2019, zwei Mal in Folge Meister zu werden. Trotzdem zeigte an diesem Sonntag ein Blick nach Newcastle, dass auch das Investorenmodell britischer Prägung eher Dystopie als Utopie ist.
"ManCity, we're richer than you", schallte es beim ersten Heimspiel von Newcastle United als Spielzeug eines saudischen Investmentfonds um den altehrwürdigen St. James' Park.
Dass Newcastle nach jahrelangem Missmanagement aktuell sieglos auf einem Abstiegsplatz steht? Angesichts der zu erwartenden Superstars der Zukunft halb so wild.
Dass "Amnesty International" vor Sportswashing "menschenrechtsverletzender saudischer Autoritäten" warnt? Für einige Anhänger anscheinend immer noch besser als die verkorkste Transferpolitik und der Konfrontationskurs unter Vorgänger Mike Ashley. Es ist ein trauriges Bild, das ein deutlich vernehmbarer Teil der Fanszene des Traditionsklubs aktuell abgibt.
Die Schwächen beider Systeme offengelegt
In Leverkusen und Newcastle zeigten an diesem Sonntag beide Finanzierungsmodelle der Vereine ihre unschönen Auswüchse vom mangelnden Wettbewerb an der Spitze bis zum moralischen Bankrott.
Im vermeintlichen "50+1"-Paradies Deutschland verhindert die Macht der etablierten Vereine eine fairere Verteilung der TV-Gelder. Traditions-Klubs aus Bremen, Hamburg, Gelsenkirchen, Kaiserslautern, die attraktiv für Investoren wären, verheben sich, stürzen ab und bangen um ihre Existenz.
In England spielen Fans derweil das Milliardenroulette mit all seinen Winkelzügen entweder mit oder sie müssen sich freiwillig oder wegen der astronomischen Ticketpreise von ihren Traditionsvereinen abwenden.
Auch Modelle wie das längst ausgehöhlte Financial Fairplay der UEFA oder die Gehaltsobergrenze der spanischen Liga, die dafür von ihren Topvereinen torpediert wird, wirken offensichtlich nicht. Barcelona kündigte jüngst trotz eines Schuldenbergs von 1,3 Milliarden Euro einfach wieder Investitionen über 1,5 Milliarden Euro an.
Angesichts des Machtkampfs zwischen Vereinen und Verbänden sowie zwischen UEFA und FIFA wirkt der Fußball momentan außer Stande, sich aus sich selbst heraus zu reformieren. Doch diese Reform ist zwingend nötig, wenn Vereine nur noch auf dem Rasen nach denselben Regeln spielen, außerhalb aber nicht.
So bleibt trotz der elf Tore in den beiden Spielen vor allem eines: Die Sorge um die Zukunft des Profifußballs.
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