Internationaler Fußball
Super League: Europäischer Gerichtshof öffnet die Tür - UEFA und DFL äußern sich
Die Super League kann kommen. Dafür sorgt der Europäische Gerichtshof mit einem Urteil zum Wettbewerbsrecht. Zugleich wird einer Drohung von FIFA und UEFA begegnet.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Tür für die Gründung einer Super League geöffnet. Die höchste europäische Instanz stufte in ihrem Urteil die Monopolstellung der Europäischen Fußball-Union (UEFA) sowie des Weltverbandes FIFA als nicht vereinbar mit europäischem Wettbewerbsrecht ein.
Damit wäre nach 17-monatigem Verfahren in dieser Hinsicht der Weg für den Start der umstrittenen Milliardenliga frei. Der EuGH stellt einen "Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung" durch UEFA und FIFA fest.
Das Urteil steht damit im Gegensatz zum Schlussantrag des Generalanwalts Athanasios Rantos. Dieser hatte beinhaltet, dass die Super League ihren eigenen Betrieb grundsätzlich starten dürfe, aber keine gleichzeitige Teilnahme an den Wettbewerben der Verbände ohne deren Zustimmung einfordern könne.
Diesen zweiten Teil kippten die 15 Richter der Großen Kammer am Donnerstag und machten den Treibern Hoffnung.
Demnach sei die Androhung von Sanktionen bis hin zum Ausschluss von eigenen Wettbewerben vonseiten der UEFA oder FIFA nicht rechtskonform. Dies wäre qua Urteil von den mächtigen Verbänden ein Missbrauch der Monopolstellung im Sinne des Wettbewerbsrechts. Einer Genehmigung neuer Wettbewerbe durch die beiden Verbände bedürfe es nicht.
Das Wichtigste in Kürze
UEFA und FIFA würden keinen Kriterien unterliegen, "die gewährleisten, dass sie transparent, objektiv, nicht diskriminierend und verhältnismäßig sind", hieß es in der Urteilsbegründung: "Außerdem können Regeln, die der FIFA und der UEFA die ausschließliche Kontrolle über die kommerzielle Verwertung der Rechte aus diesen Wettbewerben übertragen, den Wettbewerb einschränken."
UEFA-Boss zur Super League: "Fußball steht nicht zum Verkauf"
Das Urteil bedeute aus ihrer Sicht "keine Billigung oder Bestätigung der sogenannten Super League", teilte die UEFA in einer ersten Stellungnahme mit: "Wir vertrauen darauf, dass die solidarische europäische Fußballpyramide, die von den Fans und allen Beteiligten zu ihrem unersetzlichen Modell erklärt wurde, durch europäische und nationale Gesetze gegen die Gefahr von Abspaltungen geschützt wird."
UEFA-Boss Aleksander Ceferin sieht seinen Verband keinesfalls als Verlierer und stellte klar: "Der Fußball steht nicht zum Verkauf, er bleibt vereint." Zudem betonte der Slowene: "Klubs aus vielen Ländern wie England, Deutschland, Frankreich oder Italien wollen bei uns bleiben."
Die UEFA werde auch gar nicht versuchen, die Super League zu stoppen. "Sie können kreieren, was immer sie wollen. Ich hoffe, dass sie ihren fantastischen Wettbewerb so bald wie möglich mit zwei Klubs starten", scherzte der Präsident bester Laune: "Ich hoffe, sie wissen, was sie tun - aber ich bin mir da nicht so sicher."
FIFA-Präsident Gianni Infantino zeigte sich in einer ersten Stellungnahme unbeeindruckt. Der Richterspruche "ändert nichts", teilte der Schweizer mit.
Rückendeckung gab es unter anderem von der Klubvereinigung ECA. Das Urteil unterstütze oder befürworte "in keiner Weise irgendeine Form der Super League", schrieb diese. Alle Interessengruppen des europäischen Fußballs stünden "geschlossener denn je gegen die Versuche einiger weniger Personen, die persönliche Ziele verfolgen, die Grundlagen und Grundprinzipien des europäischen Fußballs zu untergraben". Auch der FC Bayern München positionierte sich direkt vehement dagegen. "Die Tür bleibt zu", sagte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen.
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DFL reagiert auf Gerichtsurteil und steht hinter europäischem Sportmodell
Zu Wort meldete sich auch die Deutsche Fußball-Liga (DFL). Sie spricht sich klar gegen die Gründung einer Super League aus und appelliert an die internationalen Verbände. "Die DFL stützt das europäische Sportmodell explizit und lehnt Wettbewerbe außerhalb der von den Verbänden und Ligen organisierten Wettbewerbe ab", teilte der Verband in einer Stellungnahme mit.
Die Entscheidung des EuGH bedeute nicht, "dass ein Wettbewerb wie die Super League notwendigerweise zugelassen werden müsste. Die Rechtmäßigkeit der Super League ist eine separate Frage." UEFA und FIFA seien nach dem "nachvollziehbaren und zu erwartenden" Urteil nun vielmehr dazu "angehalten, ihre Kriterien, die bereits weiterentwickelt wurden, entsprechend zu überprüfen, gegebenenfalls anzupassen und rechtmäßig anzuwenden".
Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will "im Interesse gerade auch des Amateurfußballs" weiter "entschieden" gegen die Gründung einer Superliga eintreten, wie Präsident Bernd Neuendorf betonte. "Eine solche rein kommerziell ausgerichtete Liga würde sich von den bestehenden Strukturen des organisierten Sports abkoppeln und ein partnerschaftliches Miteinander im Fußball konterkarieren", sagte er.
Die Treiber einer Super League hatten nach der krachend gescheiterten Gründung im April 2021 gegen die unlautere Monopolstellung von UEFA und FIFA geklagt, ein Madrider Gericht übergab den Fall an den EuGH.
Die Sportmarketingagentur A22, hinter der die verbliebenen Befürworter Real Madrid und FC Barcelona stehen, hatte sich der Klage angeschlossen und einen erneuten Vorstoß mit verändertem Konzept gewagt.
Super League mit mehr Klub sowie Auf- und Abstieg geplant
Ob die Super League nach der Rechtssache C-333/21 tatsächlich zustande kommt, ist aber weiter völlig offen. Das ursprünglich angedachte System haben die Befürworter nach dem krachenden Scheitern im April 2021 schonmal vorsorglich angepasst.
"An die Fans: Unser Vorschlag sieht vor, dass alle Spiele der Super League kostenlos gezeigt werden", sagte A22-Geschäftsführer Bernd Reichart und fügte mit Blick auf die Vereine hinzu: "Einnahmen und Solidaritätszahlungen werden garantiert."
Statt in einer geschlossenen Liga sollen 60 bis 80 Klubs in mehreren Spielklassen mit Auf- und Abstieg antreten, statt dauerhafter Mitglieder sei ein offener Zugang über die nationalen Ligen angedacht.
Karl-Heinz Rummenigge glaubt als Vertreter der Europäischen Klubvereinigung ECA im UEFA-Exekutivkomitee aber nicht an eine Umsetzung. Das positive Urteil für die Super League werde "nicht weit führen", hatte der 68-Jährige im Vorfeld gesagt: "Vor 30 Jahren hätte das System die Neuerung begrüßt, heute ist es anders. Die Engländer, Deutschen und Franzosen würden niemals mitmachen."
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Super League: Streit zwischen Vereinen und UEFA geht wohl weiter
Ohnehin dürften nun in anderen Bereichen Rechtsfragen zu klären sein, die UEFA zu einem juristischen Gegenschlag ausholen. Auch der rechtliche Begriff der "Wertschöpfung" spiele eine Rolle.
Der Rechtsspruch werde deshalb definitiv "erst einmal nicht dazu führen, dass es eine Befriedung zwischen UEFA und Super League gibt: Nach dem Urteil ist vor dem nächsten Streit", mutmaßte Sport- und Kartellrechtsexperte Martin Stopper in der "Sport Bild".
Reichart betonte nun jedoch mit dem gerichtlichen Rückenwind: "Wir haben das Recht auf Wettbewerb gewonnen. Das UEFA-Monopol ist beendet." Und weiter: "Der Fußball ist FREI. Die Vereine müssen keine Sanktionen mehr fürchten UND können ihre Zukunft nun selbst bestimmen."
Das letzte Wort dürfte aber eben noch nicht gesprochen sein.