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U21-EM ab dem 21. Juni live in SAT.1, auf ProSieben MAXX und auf ran.de

U21-EM - Hermann Gerland exklusiv über Hansi Flick, das EM-Ziel, Moukoko und Generationen-Unterschiede

  • Aktualisiert: 19.06.2023
  • 14:58 Uhr
  • ran.de / Tobias Hlusiak
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© Imago

Kurz vor Beginn der U21-EM (ab dem 21. Juni live in SAT.1, auf ProSieben MAXX und auf ran.de) spricht der deutsche Co-Trainer Hermann Gerland im exklusiven ran-Interview über die Erwartungen an das DFB-Team, seine Arbeit, die Kritik an Hansi Flick und erklärt, was die heutige Spieler-Generation von früheren unterscheidet.

Aus dem DFB-Trainingslager berichten Tobias Hlusiak, Bent Mildner und Fabian Girke

Am 21. Juni startet die U21-Europameisterschaft in Georgien und Rumänien (live in SAT.1, auf ProSieben MAXX und ran.de). Mit dabei ist selbstverständlich auch das deutsche Team, das als Titelverteidiger in das Turnier geht. Vor dem ersten Spiel gegen Israel (22. Juli, ab 18 Uhr live in SAT.1 und im Livestream auf ran.de) spricht Co-Trainer Hermann Gerland im exklusiven ran-Interview über die Erwartungen an die DFB-Auswahl, seine Arbeit im Team und was die heutige Spieler-Generation von früheren unterscheidet.

ran: In wenigen Tagen startet die U21 in die Europameisterschaft. Was sind Ihre Gedanken, wenn Sie auf dieses Turnier blicken?

Hermann Gerland: Ich weiß, dass es nicht so einfach wird, Europameister zu werden. Aber wir haben eine ordentliche Mannschaft. Einige Spieler werden uns fehlen, weil sie sich schwer verletzt haben, vorher und auch jetzt während des Trainingslagers. Die werden uns abgehen. Wir wissen, auf welchem Niveau wir uns bewegen. Wir müssen sehr konzentriert sein, um Siege zu erringen.

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DFB-Team geht als Titelverteidiger in die U21-EM

ran: Deutschland fährt auf dem Papier als Titelverteidiger zu diesem Turnier. Würden Sie das unterstreichen?

Gerland: Nein, denn wir haben jetzt eine andere Mannschaft. Es waren nur zwei Spieler aus dem aktuellen Kader auch 2021 dabei – Vagnoman und Moukoko. Das Heißt, dass neun oder zehn andere Spieler in der Startelf stehen werden. Wir haben gut gearbeitet, gut trainiert, die Stimmung in der Mannschaft ist auch gut. Aber das wird sich natürlich ändern, wenn die erste Elf bekanntgegeben werden. Dann sind die anderen natürlich nicht so begeistert. Aber das ist nun mal im Fußball so. Wir sind aber zuversichtlich, das Viertelfinale erreichen zu können.

ran: Sie haben viel Erfahrung. Sie wissen bei so einem Turnier, worauf es ankommt. Die Stimmung im Team ist besonders wichtig, sagen Sie. Es wirkt hier im Trainingslager so, als sei die Stimmung im Team super. Was tun Sie im Trainerteam aktiv dafür?

Gerland: Ich denke, dass wir ordentlich mit den Jungs umgehen. Toni (Di Salvo) ist da überragend. Der spricht alle an, alle im gesamten Staff, gibt jedem das Gefühl, wichtig zu sein. Uns verbindet alle das Ziel, möglichst viele Spiele zu gewinnen und da ist eine gute Stimmung von Vorteil.

ran: Wie ist die Arbeit mit Toni Di Salvo?

Gerland: Er ist ein toller Trainer mit tollen Ansichten über Fußball und einem großen Gespür für Menschenführung. Oft haben wir die gleiche Meinung, manchmal auch nicht. Das ist aber nichts Besonderes. Ich bin ja nicht zum ersten Mal Co-Trainer.

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U21-EM live in SAT.1 und auf ran.de: Modus, Gruppen, Favoriten

Vom 21. Juni bis zum 8. Juli findet die U21-Europameisterschaft statt. ran hat alle Informationen zur Endrunde in Georgien und Rumänien für euch zusammengefasst.

  • 08.07.2023
  • 23:38 Uhr

ran: Es sind viele andere Topfavoriten dabei. Die Engländer, die Franzosen, alle sind sehr stark. Spielt das für Ihre Arbeit eine Rolle?

Gerland: Für meine Arbeit ist das egal. Wir haben gegen beide Mannschaften zwar schon gespielt und verloren. Aber ich fand, dass wir gerade gegen England ein hervorragendes Spiel gemacht haben. Da waren zwar noch ein paar andere Spieler wie Felix Nmecha zum Beispiel dabei. Aber die Spieler, die jetzt da sind, sollen sich beweisen. Wir haben das Problem, dass die Franzosen und auch die Engländer in ihren Ligen viel mehr Spielminuten haben als unsere Jungs. Unsere Spieler haben weniger Einsätze in der ersten, zweiten und dritten Liga. Das ist nicht von Vorteil.

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Hermann Gerland: "Wenn ich dann beim Uli im Büro war, ..."

ran: Sie haben das auch mal bei Thomas Müller vor 15 Jahren gesagt. Wichtig ist einfach Praxis, gerade auch für junge Spieler. Werden Sie sich bei der Wahl der Stammelf an den Einsatzminuten im Verein orientieren?

Gerland: Nein. Toni wird sicherlich nach Qualität aufstellen.

ran: Sprechen wir über Ihre Rolle. Sie sind als Co-Trainer bei der U21 dabei, sind aber auch ein großer Stürmer-Förderer. Wie würden Sie Ihren Job beschreiben?

Gerland: Ich hoffe, dass ich eine Hilfe für Toni bin und natürlich auch eine Hilfe für die Spieler. Das ist meine Einstellung.

ran: Das gilt auf dem Platz und natürlich auch daneben. Was können Sie den Spielern da mitgeben?

Gerland: Ich kann ihnen sagen, wie ich die Spieler vorher ausgebildet habe. Da waren einige dabei, die doch recht erfolgreich waren, die alles gewonnen haben, was zu gewinnen war in Deutschland. Wenn die Jungs mich fragen, dann kriegen sie von mir einen guten Rat. Früher hatte ich tagtäglich Kontakt mit meinen Spielern. Das war veinfacher für mich. Aber ich versuche sie auch hier davon zu überzeugen, dass das, was ich verlange, nur gut für sie ist. Aber der Spieler und der Mensch ist unbequem. Ich habe in meiner Laufbahn immer mehr verlangt von den Jungs, als sie bereit waren, freiwillig zu geben. Dann gab es natürlich immer ein paar Reibereien. Hinterher, wenn ich dann beim Uli (Hoeneß) im Büro war, um für sie zu kämpfen, dann haben sie gemerkt, dass es gar nicht so schlecht war, was ich ihnen abverlangt habe. Wenn jemand irgendwelche Probleme hat, dann kann er zu mir kommen. Das wissen auf jeden Fall die, die mit mir zusammengearbeitet haben. Wenn ich irgendjemandem helfen konnte, dann habe ich das gemacht.

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BVB-Juwel Youssoufa Moukoko? Gerland: "Er weiß, was er kann"

ran: Youssoufa Moukoko ist einer der Stars des Teams, obwohl er erst 18 Jahre alt ist. Auf ihn schaut ganz Deutschland. Wie nehmen Sie ihn wahr?

Gerland: Er weiß, was er kann. Er ist ein Riesentalent und muss das jetzt bestätigen. Bei der Europameisterschaft bekommt er Top-Gegner und da muss er sich durchsetzen. Das weiß er auch und er hat das Zeug dazu.

ran: Im ran-Interview hat Moukoko offensiv gesagt, Europameister zu werden sei sein Ziel. Und wenn dabei die Torschützenkanone herausspringt, wäre das auch nicht schlecht.

Gerland: Das finden wir auch. Ich habe kein Problem, wenn er Torschützenkönig wird und wir alle gemeinsam Europameister werden. Dann können wir zusammen noch zu Olympia fahren. Etwas Besseres gibt es doch gar nicht. Aber man soll das Fell des Bären nicht verkaufen, bevor man ihn erlegt hat. Das hat meine Mutter mir immer gesagt.

ran: Sie haben ihren Vertrag verlängert. Es macht Ihnen anscheinend großen Spaß hier…

Gerland: Ich habe den Vertrag noch nicht gesehen. Aber ich habe zugesagt, dass ich noch zwei Jahre hier bleibe - eben weil es mir Spaß macht. Es macht mir Spaß, mit den jungen Leuten zu arbeiten. Ich komme gerne. Ich bin sehr gerne auf dem Platz. Mein Metier ist nicht dieses Klimpern mit den Computern, das kann ich nicht. Das machen andere viel besser. Aber auf dem Platz kann ich dem Verteidiger schon sagen, wie er zu stehen hat. Und dem Stürmer kann ich auch sagen, welche Täuschung er in einer gewissen Situation machen muss. Das bekomme ich hin.

ran: Anderes Thema: Die A-Nationalmannschaft steht derzeit mächtig unter Druck. Kommt der auch hier im Trainingslager der U21 an?

Gerland: Nein. Aber ich habe ein besonderes Verhältnis mit Bundestrainer Hansi Flick und ich bin schon enttäuscht, wenn ich höre, was er alles falsch machen soll. Ich habe mit ihm beim FC Bayern gearbeitet. Wir haben alles gewonnen, was es zu gewinnen gab. Er war einer der besten Trainer der Welt. Und er hätte normalerweise mit weitem Abstand als Welttrainer gewählt werden müssen, nachdem wir die Titel eingesackt haben. Jürgen Klopp, den ich auch sehr schätze, hat einen Titel geholt. Hansi hat alles abgeräumt - unnd das in einer unvorstellbar schwierigen Zeit während der Pandemie. Das hat er grandios gemacht.

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15.06.

Moukoko will mehr: „Ich habe Blut geleckt“

Youssoufa Moukoko spricht im exklusiven Gespräch mit ran über die verpasste Meisterschaft mit dem BVB und blickt voraus. Die U21-EM vom 21. Juni bis zum 8. Juli live in Sat.1, auf ProSieben Maxx und ran.de.

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Gerland: U21-Talente im A-Team? "Hansi weiß, dass er sich auf mich verlassen kann"

ran: Die Durchlässigkeit zur A-Mannschaft scheint für U21-Spieler momentan sehr groß zu sein.

Gerland: Hansi informiert sich bei Toni und auch bei mir. Wenn hier einer großartig spielt, rufe ich den Hansi auch an und er weiß, dass er sich auf uns verlassen kann.

ran: Das muss für die Jungs eine riesige Motivation sein, dass die Verbindung so eng ist.

Gerland: Ich war in meiner Jugend einmal bei einem Sichtungslehrgang für ein Länderspiel unter den besten 40 dabei. Ich hatte aber vorher Fieber und ich wusste nicht, dass man danach müde ist. Ich war so stolz, eingeladen zu werden. Dann bin ich da rumgelaufen wie eine Flasche und habe es nicht geschafft. Egal ob in der Jugend oder später: Für ein Länderspiel wäre ich am Tag vor dem Spiel von Bochum mit dem Fahrrad nach Kiel oder München gefahren. Alles nur, um einmal den Adler auf der Brust zu tragen und die Hymne zu hören. Aber ich habe es leider nicht geschafft.

ran: Spüren Sie denn diese "Geilheit", die Sie beschreiben, auch bei Ihren Spielern?

Gerland: Heute ist das alles anders. Ich denke schon, dass die Jungs sich freuen, wenn sie auflaufen. Überhaupt keine Frage. Aber ich war besessen und auch zu verbissen. Ich hätte ein bisschen lockerer sein sollen. Das gebe ich einigen Spielern hier bei uns, die ähnlich ticken wie ich, mit auf den Weg. Ein Tag mehr Ruhe tut ab und zu gut. Wir wollen größere Verletzungen vermeiden. Und es ist wichtig, dass alle gesund sind. Es macht keinen Sinn, Schmerzen zu ignorieren. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen.

ran: Würden Sie sagen, dass Auftreten und Verhalten junger Spieler hat sich eklatant verändert im Vergleich zu früher?

Gerland: Ja, natürlich hat sich das verändert. Die ganze Welt verändert sich. Work-Life-Balance heißt das ja heute. Also ich habe nur geworked, nicht gelifed. An jedem Wochenende war ich unterwegs und habe Glück gehabt, dass meine Frau das mitgemacht hat. Die jungen Leute sind selbstbewusster und viel kritischer geworden. Wir haben damals ein Freundschaftsspiel in Siegburg gespielt – Vorbereitung, dritte Liga. Auf der Rückfahrt hält ein Spieler auf einmal den Bus an und sagt: "Komm, wir gehen ein Bier trinken." Der Trainer saß im Bus und hat uns am nächsten Tag in der August-Hitze 24 Runden laufen lassen. Heute kommt dann sofort einer und ruft "Belastungssteuerrung". Wenn wir mit Bayern München Samstag, Mittwoch, Samstag gespielt haben, da konntest du an den zwei Tagen zwischen den Spielen nicht trainieren. Aber wenn einer Woche für Woche spielt, brauchst du nicht zu steuern. Bevor man steuert, muss man auch mal belasten.

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Gerland: Das muss sich in der Jugend-Ausbildung ändern

ran: Also ist das Geschäft zu weich heute?

Gerland: Nein, aber uns hat der Wille zum Sieg groß gemacht. Die Leistungsbereitschaft, die war optimal. Die Wettkampfhärte. Damit meine ich nicht nur die Härte in Zweikämpfen, sondern ich meine auch die Härte, wenn ich nach vorne gelaufen bin, auch den Weg nach hinten zu laufen - obwohl ich müde bin.

ran: Und das ist nicht mehr so?

Gerland: Es ist nicht mehr so, wie es früher mal war. Wir müssen wieder an unsere Fähigkeiten denken, die uns groß gemacht haben und die neue Generation, die heute 10-Jährigen, dahingehend ausbilden. Die müssen das verinnerlichen. Und in der Kindheit muss man die Technik lehren – Eins gegen Eins in kleinen Spielformen. So bekommt man technisch sehr begabte Spieler – Dribbler. Die brauchst du im Fußball. Die Kinder haben dann ganz automatisch Spaß, Freude und Lust aufs Training. Da bringt es nichts, wenn der Jugendtrainer mit dem Laptop oder der Taktiktafel arbeitet.

ran: Sie haben in ihrem Leben viel erlebt. Kann sie irgendetwas noch richtig schocken?

Gerland: Nein. Ich habe schon viele schwierige Sachen erlebt. Mein Vater ist sehr früh gestorben. Wir waren vier Kinder, hatten kein Geld. Das war nicht einfach. Wir lebten in einer Arbeitersiedlung in Bochum. Die Fußballschuhe habe ich immer von einem Freund bekommen, der etwas älter und größer war als ich. Sonst hätte ich gar nicht Fußball spielen können. Ich denke, den meisten geht es heute viel besser. Aber es hat uns nicht geschadet. Es war eine andere Zeit und man kann nicht sagen: Früher war alles besser. Das stimmt überhaupt nicht. Früher war nicht alles besser. Aber heute ist auch nicht alles besser. Man muss das Gute von früher mit dem Guten von heute verbinden. Dann ist es optimal.