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DFB spricht Flick das Vertrauen aus

Warum Hansi Flick eine zweite Chance als Bundestrainer verdient - ein Kommentar

  • Aktualisiert: 08.12.2022
  • 08:23 Uhr
  • ran
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© 2022 Getty Images

Hansi Flick bleibt Bundestrainer - trotz seiner Fehler bei der WM. Dennoch hat der DFB gute Argumente für das Vertrauen in Flick. Für den Coach weht ab jetzt jedoch ein anderer Wind.  

Von Martin Jahns

München - Die Entscheidung ist gefallen. Der große Knall blieb aus. Der DFB geht mit Bundestrainer Hansi Flick in die Mission EM 2024. Nach dem WM-Debakel bekommt Flick eine zweite Chance.

Trotz seiner Fehlgriffe in Katar ist das die richtige Entscheidung.

Ein Blick auf die Alternativen zeigt warum: Unter den deutschen Trainern von Weltrang wäre aktuell nur Thomas Tuchel verfügbar. Doch dessen konfliktreiche Vorgeschichte mit Aki Watzke, dem inzwischen wohl mächtigsten Mann im deutschen Fußball, machte ein Engagement schon im Voraus kaum vorstellbar.

Mit Flick hingegen wurde laut DFB-Mitteilung selbst der Krisengipfel zum Katar-Fiasko zum "freundlichen und konstruktiven Gespräch" - trotz der Absetzung des Flick-Vertrauten Oliver Bierhoff.

Träumereien von Fan-Liebling Jürgen Klopp als Nachfolger bügelte dessen Berater Marc Kosicke bei "Sky" direkt als "Medienthema" ab. Klopp wolle seinen bis 2026 laufenden Vertrag in Liverpool erfüllen.

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Der Faktor Zeit spricht für Hansi Flick

Gegen einen Neuanfang unter einem neuen Coach spricht aber vor allem der Faktor Zeit: Wegen der Corona-Verschiebung der vergangenen EM um ein Jahr hatte schon Flick nach seinem Amtsantritt im August 2021 kaum Zeit, neuen Ideen umzusetzen. Auch die sonst übliche wochenlange Vorbereitung blieb ihm vor der Winter-WM verwehrt.

Nun sind es erneut nur 18 Monate bis zum nächsten großen Turnier - der EM im eigenen Land. Pflichtspiele bis dahin? Null! Hier ist Kontinuität die gescheitere Wahl. Zumal auch ein neuer Trainer sich mit dem akuten Unterangebot an Außenverteidigern und Stürmern arrangieren müsste.

Und: Auch bei den vergangenen zwei DFB-Titeln zahlten sich zweite Chancen aus. Jogi Löw wehte nach dem EM-Aus 2012 gegen Italien heftiger Gegenwind ins Gesicht. Auch ihm wurden taktische Fehlentscheidungen vorgeworfen. Zwei Jahre später avancierte er zum Weltmeistertrainer.

Selbst das Festhalten an Berti Vogts nach dem blamablen WM-Aus gegen Bulgarien 1994 machte sich 1996 mit dem EM-Titel bezahlt.

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Hansi Flick: Lehren ziehen aus eigenen Fehlern

Klar ist aber auch: Flicks Anfangsbonus nach den bleischweren letzten Löw-Jahren ist aufgebraucht. Der Startrekord mit acht Siegen in Serie hatte schon durch die pomadigen Auftritte in der Nations League seinen Glanz verloren.

Dass Flick bis zur WM keine eingespielte Abwehr aufbieten konnte und er an der Niederlage gegen Japan mit seinen Wechseln maßgeblich beteiligt war, können auch die meisten Torschüsse aller WM-Teams in der Gruppenphase nicht aufwiegen.

"Wir als Mannschaft können viel mehr erreichen, als wir in Katar gezeigt haben. Wir haben dort eine große Chance verpasst. Daraus werden wir unsere Lehren ziehen", versicherte Flick nach dem Krisengipfel und nahm sich so selbst in die Pflicht.

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Nach Bierhoff-Aus: Druck auf Flick wird wachsen

Dass die Forderungen nach seinem Aus als Bundestrainer zuletzt eher verhalten waren, hatte Flick vor allem Ex-Teammanager Oliver Bierhoff zu verdanken, der die Entfremdung der deutschen Fans von ihrer Nationalmannschaft seit Jahren eindrucksvoll vorantrieb.

Die Folge: Während ein Teil der Fans vom Team abrückte und das Aus schulterzuckend hinnahm, rückte sich Bierhoff beim Rest selbst ins Zentrum der Kritik.

Flicks Schutzschild Bierhoff ist nun Geschichte, ebenso die eigene Aura als Star-Flüsterer und Titelhamster in Rekordzeit.

Der 57-Jährige traut sich den Job dennoch zu. Wohl wissend: Ab jetzt weht für ihn ein anderer Wind.