Premier League
Manchester United am Boden: So schafft sich der Traditionsklub endgültig ab - ein Kommentar
- Veröffentlicht: 31.12.2024
- 14:31 Uhr
- Andreas Reiners
Manchester United beweist an jedem Spieltag, dass es immer noch ein bisschen schlimmer geht. Der Klub benötigt einen kompletten Neuanfang. Ein Kommentar.
Es gibt Szenen im Fußball, die eine Situation perfekt beschreiben.
Sie bringen die Lage eines Klubs so passend auf den Punkt, dass man im Grunde nur diese Bilder sehen muss, um im Bilde zu sein.
Die 33. Minute im Spiel zwischen Manchester United und Newcastle United (0:2) ist so eine Szene.
Denn Joshua Zirkzee verließ in dem Moment den Platz, wurde nach einer mal wieder indiskutablen Leistung der gesamten Mannschaft ausgewechselt und dabei von den eigenen Fans ausgebuht und ausgepfiffen.
Das Wichtigste in Kürze
Manchester United: Joshua Zirkzee als Bauernopfer
Der Ex-Bayern-Stürmer diente als Bauernopfer, wurde vorgeführt und demontiert, vom neuen Trainer Ruben Amorim mit der Höchststrafe belegt. Und so der Wut der Fans schonungslos ausgeliefert.
Es sollen bei Zirkzee sogar Tränen geflossen sein, als er in die Kabine flüchtete.
Ein Wechsel als Symbolbild für den ungebremsten Absturz eines Traditionsklubs - der mit ordentlich Anlauf eingeleitet wurde. Denn der Niedergang ist kein plötzlicher, sondern ein schleichender, der dafür aber inzwischen ein höchst bedenkliches Tempo aufgenommen hat.
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Manchester United: Horrorzahlen und Abstiegskampf
Zum ersten Mal seit Februar 1979 hat United drei Liga-Heimspiele in Folge verloren. Im Dezember gab es sechs Pleiten in allen Wettbewerben, 18 Gegentore in einem Monat kassierte man zuletzt im März 1964. Den Sturz in die sportliche Bedeutungslosigkeit hat man mit Platz 14 und nur sieben Punkten Vorsprung auf einen Abstiegsplatz schwarz auf weiß.
Der Wechsel von Erik ten Hag zu Amorim ist nicht verpufft, er ist förmlich implodiert. Der 39-Jährige hat einen Scherbenhaufen vor sich liegen, der in den gerade einmal anderthalb Monaten seiner Amtszeit nur noch größer geworden ist. Der Status Quo ist ein Alarmsignal, das man rund um das Old Trafford nicht mehr ignorieren sollte.
Der Traditionsklub ist dabei, sich im Konzert der Großen endgültig abzuschaffen.
Erst recht, wenn Fans die eigenen Spieler demontieren. Auch wenn sich die Anhänger schon länger durch die mageren Auftritte ihrer Mannschaft quälen und jedes Recht dazu haben, bedient zu sein. Einen 23-Jährigen als Sündenbock herauszupicken, ist allerdings der falsche Weg. Der gleichzeitig den Verantwortlichen zu denken geben sollte.
Manchester United: Amorim spricht von Abstiegskampf
Wie bei Amorim, bei dem es eine Mischung aus Fatalismus, aber auch nötigem Realismus ist, wenn er erklärt, es sei "ein bisschen peinlich, Teammanager von Manchester United zu sein und viele Spiele zu verlieren".
Aber es sei "sehr klar", dass sich seine Mannschaft im Abstiegskampf befinde. Es gelte, die bedrohliche Situation "ehrlich anzusprechen" und die eigene Position "anzuerkennen". Für seinen Verein gehe es ab jetzt nur noch darum, "zu überleben", stellte er klar.
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Es ist die wohl bedenklichste Lage, seit Legende Sir Alex Ferguson den Klub nach dem letzten Meistertitel 2012/13 verlassen hat. Seitdem läuft United vor allem in den vergangenen Jahren den eigenen Ansprüchen nur hinterher und ist dabei sportlich die meiste Zeit ernüchternd unterwegs.
Manchester United: Es fehlt der Plan
Dem Verein fehlt der durchschlagende und durchdachte Plan, das glückliche Händchen, um mindestens mittelfristig konstant oben mitzuspielen. Davon ist man inzwischen weit entfernt und sollte sich davon auch verabschieden. Es gilt, quasi als OP am offenen Herzen die aktuelle Misere nicht mit kopflosem Aktionismus zu begegnen, sondern mit klugen Entscheidungen. Gleichzeitig muss man sich auf ein Konzept für die Zukunft einigen, das dann auch konsequent verfolgt wird.
Was ein wenig Mut macht: Der neue Trainer verfällt noch nicht in hilflose Plattitüden. Auch wenn seine Ratlosigkeit zu diesem frühen Zeitpunkt durchaus beängstigend und bedenklich ist.
"Ich will keine Ausreden finden, die Leute sind müde davon", sagte Amorim: "Unser Klub braucht einen Schock." Im Grunde in vielen Bereichen einen Neuanfang, einen Reset. Der dann auch mal weh tun kann, vielleicht auch weh tun muss. Doch dass das nicht so einfach geht, macht die Situation bei United so kompliziert.
Vielleicht war ja die 33. Minute gegen Newcastle so ein Schock. Denn solche Szenen können nicht nur Symbolbild, sondern manchmal auch ein Wendepunkt sein.