Auf dem Weg zum Titel in England
Pep Guardiola befiehlt Man City barbarische Methoden - ein Kommentar
- Aktualisiert: 27.04.2023
- 23:58 Uhr
- ran.de
Nach dem 4:1-Sieg über Arsenal scheint der Liga-Titel für Manchester City unausweichlich zu sein. Und auch der große Traum von Pep Guardiola rückt nahe - weil er sein Ego hinten anstellt. Ein Kommentar.
Von Tim Brack
Das Spiel, das die englische Meisterschaft womöglich entschieden hatte, war schon abgepfiffen, da veranschaulichte Erling Haaland noch einmal die Kampfbereitschaft, die Manchester City beim 4:1-Sieg gegen den FC Arsenal ausgestrahlt hatte: Wie ein Wikinger auf Beutezug stürmte er mit wallendem blonden Haar auf Arsenal-Verteidiger Ben White zu, der Haalands Mitspieler Phil Foden provoziert hatte.
Es kam zu keinem weiteren Zweikampf zwischen White und Haaland – zum Glück für den Verteidiger, muss man sagen, der City-Stürmer hatte ihn über 90 Minuten schon genug gepeinigt. Mit zwei Vorlagen und einem eigenen Treffer hatte Haaland das Duell der beiden Titelanwärter geprägt – doch noch beachtlicher als die Leistung des Stürmers war die von City-Trainer Pep Guardiola.
Kick-and-Rush mit Guardiola
Der Katalane – bekannt dafür, Gegner mit unzähligen Pässen filetieren zu lassen – schwang die grobe Axt! Er verordnete seinen Spielern Methoden, die an barbarische Zeiten des Fußballs erinnern: Lange Bälle auf einen großen Stürmer! Mit Kick-and-Rush 2.0 erlegte er Arsenal im Titelkampf.
Pep Guardiola stellt immer öfter seine Fußballphilosophie, und damit sein Ego, hinten an für den Erfolg. Diese Entwicklung muss die Konkurrenz ängstigen. Denn es ist gut vorstellbar, dass die nächste von Guardiola begründete Ära gerade an die Tür des Weltfußballs klopft.
Vom Schönspiel-Fanatiker zum Pragmatiker
Vieles spricht dafür: Ein Trainer, der seine Philosophie bereit ist grundlegend zu modifizieren, ein Kader, der seinesgleichen sucht und ein immens reicher Verein, der sich den Gedankenspielen seines Trainer unterworfen hat.
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Die Evolution von Guardiola vom Schönspiel-Fanatiker zum Pragmatiker schreitet schon länger voran. Gegen Arsenal ist sie auf ihrem vorläufigen Höhepunkt angelangt. Manchester City kontrollierte nicht ständig den Ball und damit den Gegner, wie es sonst Guardiolas Glaubensvorsatz vorgibt.
Nein, City kontrollierte den Gegner phasenweise durch kluges Verteidigen. Das sonst so hoch variable Angriffsspiel von Arsenal erlag oft schon an der eigenen Strafraumgrenze, als habe Guardiola eine unsichtbare Mauer errichtet.
Man City erinnert an Real Madrid
Der pragmatische Ansatz, nicht immer den Ball haben zu müssen, war schon im Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Bayern zu beobachten. Es ist schon ein bisschen ironisch, denn die ideologiefreie Herangehensweise des einstigen Barca-Propheten Guardiola erinnert an die von Real Madrid in der Champions League propagierte Spielweise.
Der Klub aus Madrid hat bekanntlich fünf Henkelpotts in den vergangenen neun Jahren beansprucht – Guardiola in dieser Zeit? Keinen! Nun scheint der große Traum vom Triumph in der Champions League wahrscheinlicher als je zuvor zu sein mit Manchester City.
Aber dafür muss Guardiola erst einmal die Madrilenen im Champions-League-Halbfinale herauswerfen. Möge der Pragmatischere gewinnen!