Nach dem blamablen Vorrunden-Aus Deutschlands bei der Frauen-WM lässt Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ihre Zukunft offen. Folgt nun der Rücktritt?
Von Christoph Gailer
Das 1:1-Unentschieden im abschließenden Vorrundenspiel gegen Südkorea war zu wenig. Die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft muss erstmals in der Geschichte schon vor der K.o.-Runde die Heimreise antreten.
Nun stellt sich unweigerlich die Frage: Was passiert mit Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg? Ein Ende ihrer Amtszeit scheint nicht ausgeschlossen.
DFB-Frauen: Bundestrainerin Voss-Tecklenburg lässt Zukunft offen
Die 55-Jährige zeigte sich nach dem überraschenden Vorrunden-Aus in Australien bzw. Neuseeland selbstkritisch, suchte erst gar nicht nach Entschuldigungen für das historische Scheitern.
"Wir suchen keine Ausreden, sondern haben nach bestem Wissen und Gewissen aufgestellt", sagte die Bundestrainerin: "Wenn das Ergebnis nicht stimmt, muss man sich natürlich in die Verantwortung nehmen lassen."
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Frauen-WM - Deutschland gegen Südkorea: Die DFB-Noten zum WM-Aus
Einzelkritik zum DFB-Remis Die deutsche Mannschaft scheidet tatsächlich in der Gruppenphase der WM aus. ran hat die Noten zum enttäuschenden 1:1 gegen Südkorea
Merle Frohms Pariert bereits in der 3. Minute glänzend, wird beim Rückstand in Minute sechs aber von ihren Vorderfrauen alleine gelassen. In der Folge musste sie sogar behandelt werden, zog aber durch. Danach nicht mehr geprüft, mit dem Ball am Fuß stets sicher, greift aber bei einer Ecke beinahe daneben. ran-Note 3
Chantal Hagel Der Schwachpunkt im deutschen Team. Der Dreier-Aufbau beim DFB-Team führt sie als linken Part, dort hat sie aber eigentlich kaum eine gute Aktion. Viele Fehlpässe, viele Ballverluste und spielt, als wäre sie zum ersten Mal in dieser Mannschaft. ran-Note 5
Marina Hegering Der Fels in der Brandung. Nach unsicherem Beginn fängt sie sich und gewinnt jeden einzelnen Zweikampf. Ihre Rückkehr hat der Abwehrkette mit jeder Minute besser getan. An ihr lag es heute nicht. ran-Note 2
Kathy Hendrich Ungewohnte Fehler von der 1B-Abwehrchefin und mehrfachen deutschen Meisterin. Beim 0:1 hebt sie unerklärlicherweise das Abseits auf und reagiert nicht auf das Kommando von Hegering, aufzurücken. Sie schaltet sich immer wieder vorne mit ein und schiebt an, ihre Flanken haben aber nicht die Qualität wie noch gegen Marokko. Nach der Pause sicherer. ran-Note 4
Svenja Huth Anfangs völlig verunsichert, klärt eine Aktion quer durch die eigene Hälfte zum Gegner. Mit zunehmender Spieldauer jedoch sicherer und bringt auch ihre gefürchteten Flanken. Die erste lieferte eine Top-Chance für Klara Bühl, die zweite den Ausgleich von Alex Popp in der Nachspielzeit der ersten Hälfte. Nach der Pause weiter bemüht, aber wenig ertragreich. ran-Note 3
Lena Oberdorf Nicht so dominant im Mittelfeld, wie man das von ihr kennt. Gegen den Ball kommt sie selten in Zweikämpfe, wenn aber, dann behauptet sie sich meistens. Mit dem Ball aber zu fehlerbehaftet. Man hat das Gefühl, dass sie sich oft mit Sara Däbritz gegenseitig auf den Füßen steht. Das ändert sich auch nach der Pause und der Auswechslung von Däbritz nicht. ran-Note 4
Sara Däbritz Apropos Däbritz - auch sie beginnt wie sie gegen Kolumbien aufgehört hat: Nämlich durchwachsen. Sie fängt sich aber im Laufe des Spiels, was ihre Ballsicherheit angeht. Nach vorne gelingen ihr jedoch keine Akzente, wenn man von einem schönen Dribbling an der Grundlinie gegen zwei Spielerinnen absieht. Geht nach 64 Minuten für Lena Lattwein runter. ran-Note: 4
Jule Brand Das "Opfer" der taktischen Umstellung auf zwei zentrale Offensivspielerinnen. Sie ist am Flügel oft alleine und neigt daher dazu, ins Zentrum zu ziehen. Kontraproduktiv für ihr Spiel. Dennoch: Sie leitet mit einer guten Verlagerung auf Huth das 1:1 ein. In der 2. Halbzeit leider unsichtbar. Geht nach 84 Minuten für Anyomi runter. ran-Note 4
Klara Bühl Aktivposten auf der linken Offensivseite, sowohl offensiv als auch defensiv. Sie kommt Chantal Hagel immer wieder zur Hilfe und gewinnt auch im eigenen Drittel Zweikämpfe. Sie hat die ersten beiden Abschlüsse des deutschen Teams, einer mit rechts, einer mit dem Kopf. Nach der Pause schwächer, muss nach 64 Minuten Sydney Lohmann weichen. ran-Note: 3
Alex Popp Als das deutsche Team schwimmt, versucht sie immer wieder ihre Mitspielerinnen verbal mitzureißen. Ihr Kopfball zum 1:1 hatte etwas von Miro Klose. Danach hat sie Pech: Ihr zweites Tor wird wegen einer Abseitsstellung aberkannt, kurz darauf trifft sie die Latte und scheitert an der Keeperin, stets per Kopf. Nach der Pause verbal nicht mehr so aktiv. ran-Note 2
Lea Schüller Ist die Überraschung in der Startelf von Martina Voss-Tecklenburg. Sie soll Popp im Angriffszentrum unterstützen. Das gelingt ihr vor allem mit dem Rücken zum Tor, sie leitet mehrere gefährliche Aktionen mit Kopfball-Ablagen ein. Selbst gefährlich wird sie aber nicht, das gilt für die gesamte Spielzeit. ran-Note 4
Lena Lattwein Kommt nach etwas mehr als einer Stunde für Sara Däbritz. Sie schafft es aber nicht, das Mittelfeld stabiler zu machen oder die Offensive besser zu verbinden, was eigentlich ihre Stärke ist. ran-Note 4
Sydney Lohmann Kommt in der 64. Minute für Klara Bühl. Glänzt mit einer tollen Halbfeldflanke auf Alex Popp in der 74. Minute, die größte Chance der deutschen Elf nach der Pause. Sie macht deutlich mehr nach vorne als Lattwein. Hat in der Nachspielzeit noch zwei gefährliche Abschlüsse. ran-Note 3
Nicole Anyomi Kommt nach 84 Minuten für Jule Brand, hat aber kaum Ballaktionen. ran-Note: Ohne Bewertung
Zu ihrer persönlichen Zukunft gab Voss-Tecklenburg hingegen nur spärlich Auskunft, bat um etwas Zeit. "Gebt uns bitte die Möglichkeit, Dinge in aller Sachlichkeit zu analysieren und aufzuarbeiten", erklärte die frühere Nationalspielerin. Und weiter: "Ich muss die Dinge auch erstmal Sacken lassen. Dass wir in Gespräche gehen müssen, steht außer Frage."
Damit schloss die Bundestrainerin einen Rücktritt zumindest nicht explizit aus. Dabei hat sie ihren Vertrag erst im April vorzeitig bis 2025 verlängert.
DFB-Frauen nach WM-Debakel: "Voss-Tecklenburg wird sich stellen müssen"
Auch ran-Expertin Julia Simic, frühere DFB-Nationalspielerin, sieht nun die Zeit der schonungslosen Aufarbeitung gekommen. "Sie wird sich der Kritik stellen müssen. Man hat gemerkt, dass sie sich davor nicht drückt, sie hat sofort Rede und Antwort gestanden. Sie ist sich ihrer Verantwortung bewusst. Sie wird hart mit sich, der Mannschaft und ihrem Trainer-Stab ins Gericht gehen", sagte Simic.
Trotz der Enttäuschung nach dem Vorrunden-Aus blickt Simic allerdings positiv in die Zukunft des DFB-Teams, warnt vor einem kompletten Umbruch. "Es ist gut, wenn hier und da Veränderungen stattfinden, aber ein kompletter Austausch wäre viel zu viel. Wenn der Schmerz erstmal verarbeitet ist, bin ich mir sicher, dass diese Frauen-Nationalmannschaft stärker denn je zurückkommen wird", erklärte die 34-Jährige bei ran.
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DFB-Präsident Neuendorf spricht "MVT" das Vertrauen aus
In diese möglicherweise rosige Zukunft könnte die deutsche Nationalmannschaft nach der nun anstehenden Analyse aber durchaus auch mit Voss-Tecklenburg gehen. Unmittelbar nach dem WM-Aus sprach DFB-Boss Bernd Neuendorf der Bundestrainerin sein Vertrauen aus.
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"Wir haben den Vertrag mit ihr erst vor wenigen Monaten verlängert, nach dieser überaus erfolgreichen Europameisterschaft im vergangenen Jahr und haben ihr das Vertrauen ausgesprochen, das sie nach wie vor auch genießt", sagte Neuendorf dem "ZDF".
Abgesehen vom Vize-Europameister-Titel 2022 in England sieht Voss-Tecklenburgs Turnier-Bilanz als Bundestrainerin allerdings nicht sonderlich gut aus. Bei der WM 2019 kam das Aus im Viertelfinale, nun sogar schon in der Vorrunde. Dazwischen verpassten die DFB-Frauen unter Voss-Tecklenburg als Titelverteidigerinnen auch noch die Olympischen Spiele 2021 in Tokio.
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DFB-Frauen über die Nations League noch zu Olympia 2024?
Trotz der großen Enttäuschung nach dem WM-Aus bleibt aber ohnehin nicht sonderlich viel Zeit, um eine mögliche neue Bundestrainerin zu finden, sollte man sich von Voss-Tecklenburg trennen oder sie von sich aus zurücktreten.
Immerhin geht es schon im September weiter mit der Nations League. Und dabei hat die DFB-Elf ein großes Ziel: Die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Bei der Premiere der Nations League qualifizieren sich die beiden besten Teams Europas für Olympia in Paris, Gastgeber Frankreich steht als Teilnehmer bereits fest.
Für Deutschland beginnt die Nations League am 22. September mit dem Auswärtsspiel in Dänemark. Die große Frage, die bislang aber noch niemand so wirklich beantworten kann oder will: Wird Voss-Tecklenburg dann noch auf der deutschen Bank sitzen?