Frauen-WM 2023: DFB-Team vor großer Zerreißprobe – Ausfall von Felicitas Rauch tut richtig weh
Aktualisiert: 30.07.2023
00:42 Uhr
Justin Kraft
Felicitas Rauch wird dem DFB-Team auf unbestimmte Zeit fehlen. Bei der WM 2023 könnte das zur Zerreißprobe für die deutschen Frauen werden.
Von Justin Kraft
Am Freitagvormittag gibt der DFB bekannt, dass Felicitas Rauch mit einer Verstauchung im Kniegelenk mindestens die Partie gegen Kolumbien verpassen wird. Vielleicht sogar noch deutlich mehr. Die Linksverteidigerin werde "auf unbestimmte Zeit" fehlen, heißt es in der Mitteilung.
Für das deutsche Nationalteam ist das eine der schlechtesten Nachrichten, die es hätte geben können. Denn auch wenn Rauch nicht zu den klangvollsten Namen des Kaders zählt, so ist sie qua fehlender Alternativen eine der Spielerinnen, die kaum zu ersetzen sind. Denn eine echte Linksverteidigerin gibt das Personal nicht mehr her.
Schon früh im Turnier wackelt nicht nur das taktische System, an dem Martina Voss-Tecklenburg in der Vorbereitung getüftelt hat, sondern auch die gesamte Balance im Spiel. Die Bundestrainerin ist bereits am zweiten Spieltag der Gruppenphase dazu gezwungen, entweder etwas grundlegend zu verändern, oder qualitative Kompromisse einzugehen.
Es ist nicht so, dass Voss-Tecklenburg gar keine Optionen mehr hätte. Mit Kathrin Hendrich und Sophia Kleinherne hat sie beispielsweise zwei Innenverteidigerinnen im Kader, die in der Vergangenheit auch schon häufig als Rechtsverteidigerinnen aufgelaufen sind.
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DFB-Team: Sophia Kleinherne als Rettung?
Kleinherne wäre hier die logischere Wahl, weil sie bei Eintracht Frankfurt in der vergangenen Saison sehr oft auf der rechten Defensivseite agierte. Die Bundestrainerin müsste dafür auch nicht die Innenverteidigung auseinanderreißen. Allerdings hat die Frankfurterin im abgelaufenen Jahr eine eher vorsichtige und absichernde Außenverteidigerin gegeben, um die offensive linke Seite in der Rückwärtsbewegung ein wenig zu kompensieren.
Das hat sie auf einem guten Niveau hinbekommen. Gleichwohl merkt man ihrem Spiel an, dass sie eine Vollblutverteidigerin ist. Offensivläufe, Aufbauspiel, Dribblings – all das zählt nicht vorrangig zu den Stärken der 23-Jährigen. Hinzu kommt, dass Rauch nicht nur kompletter im Profil, sondern eben vor allem Linksverteidigerin ist.
Ein Seitenwechsel wäre für Kleinherne also durchaus ungewohnt. Stellt die Bundestrainerin so um, dass Kleinherne rechts verteidigen kann, müsste links wiederum eine offensivstarke Spielerin starten. Auf der rechten Seite war das bisher Svenja Huth. Die Wolfsburgerin ist rechts aber deutlich stärker als links.
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Insofern würde eine nun defensivere rechte Seite weitreichende Folgen haben. Schließlich würden sich auch die Abläufe in der Offensive verändern. Brand müsste breiter agieren und könnte nicht mehr so stark einrücken, wenn sie auf ihrer Position aus dem ersten Spiel bleibt – und Klara Bühl müsste sich auf der anderen Seite etwas mehr von ihren Stärken am Flügel lösen.
Frauen-WM 2023: Die Trikots der Teams
Im Juli und August werden die besten Fußballerinnen in Australien und Neuseeland bei der Weltmeisterschaft antreten. Das deutsche Team wird dabei mit dem gleichen Trikot spielen, in dem die DFB-Männer bereits in Katar aufliefen. Das Auswärtstrikot der Mannschaft von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ist allerdings brandneu. Wie auch viele andere Trikots der teilnehmenden Mannschaften. ran zeigt euch die Trikots der Frauen-WM 2023.
Deutschland: Auswärtstrikot
Linda Dallmann präsentiert das neue Auswärtstrikot der DFB-Frauen, das einerseits klassisch grün ist, aber mit einem sehr innovativen Muster daherkommt.
Australien: Heim- und Auswärtstrikot
Gelb und Grün sind die Farben der "Matildas", wie die australische Frauen-Nationalmannschaft genannt wird. Die Auswärtstrikots der Gastgeberinnen sind türkis.
Neuseeland: Heim- und Auswärtstrikot
Die "All Blacks", das neuseeländische Rugby-Team, ist weltberühmt. Auch die neuseeländischen Fußballerinnen setzen auf komplett schwarze Trikots. Als Kontrast dazu sind die Auswärtstrikots der WM-Gastgeberinnen hauptsächlich weiß gehalten.
Japan: Auswärtstrikot
Auch das Auswärtstrikot der Japanerinnen kann sich sehen lassen. 2011 wurde Japan in Deutschland Weltmeister. Klappt es diesmal wieder?
China: Heim- und Auswärtstrikot
Das Heimtrikot von China orientiert sich ganz klar an der Flagge der Volksrepublik, das Auswärtsdress der Chinesinnen dreht die Farbkombination um ist hauptsächlich in Gelb gehalten.
England: Auswärtstrikot
Als Europameisterinnen wollen die Engländerinnen auch den WM-Titel holen. Mittelfeld-Antreiberin Georgia Stanway vom FC Bayern München präsentiert das neue blaue Auswärtstrikot, in dem die "Three Lionesses" auf Titeljagd gehen werden.
USA: Heim- und Auswärtstrikot
Die USA sind im Frauenfußball eine Macht, mit weißen Heimtrikots mit einem auffälligen Muster wollen sie "Down Under" den Titel holen. Die Auswärtstrikots sind blau und rot, entsprechend den amerikanischen Farben rot, weiß und blau.
Brasilien: Heim- und Auswärtstrikot
Brasilien behält es klassisch. Das Heimtrikot der Vertreterinnen der CBF ist wie üblich in Kanariengelb und Blau mit grüner Schrift gehalten. Farben, die sich auch im Auswärtsdress wiederfinden lassen.
Irland: Heimtrikot
Das klassisch grüne Heimtrikot der Nationalmannschaft der Republik Irland bei der Frauen-WM kam gleich beim ersten Spiel der Irinnen zum Einsatz, das allerdings gegen die australischen Gastgeberinnen mit 0:1 verloren ging.
Portugal: Heimtrikot
Das Heimtrikot der Portugiesinnen überzeugt mit roten Design und grünen Elementen. Eigentlich kein Grund die Augen zu verschließen, wie Spielerin Kika es auf dem Foto tut.
Japan: Heimtrikot
Die Weltmeisterinnen von 2011 gehen mit einem Heimtrikot in Blau an den Start. Hinata Miyazawa war bei dem damaligen Erfolg erst zwölf Jahre alt, kann die Nummer sieben jetzt selbst den Titel holen?
Philippinen: Heimtrikot
Das Heimtrikot der Feldspielerinnen der Philippinas ist in Blau gehalten, während Torhüterin Olivia McDaniel in Gelb auflaufen wird.
Costa Rica: Heimtrikot
Die Costa Ricanerinnen hoffen in einem Heimtrikot in Rot-Weiß-Blau darauf die Gruppe C mit Beteiligung der Spanierinnen zu überstehen.
Auch sie könnten die Seiten tauschen, aber eigentlich verzichten Trainerinnen und Trainer während großer Turniere gern auf einen derart großflächigen Umbau. Gerade dann, wenn etwas so gut funktioniert hat wie die Einbindung von Brand und Bühl. Rhythmus und ein eingespieltes System sind zentrale Erfolgsfaktoren.
Voss-Tecklenburg könnte angesichts dieses Dilemmas auch auf eine Dreierkette bauen. Mit Kleinherne, Hendrich und Sara Doorsoun als stabilem Defensivblock und zwei Angreiferinnen auf den Außenpositionen: Beispielsweise Huth auf dem rechten Flügel und Jule Brand auf dem linken. Das würde die Dynamik im Mittelfeld und im Angriff womöglich etwas weniger beeinflussen.
Zumal die Bundestrainerin auch die Stärken der kommenden Gegnerinnen im Blick haben muss. Schon Kolumbien könnte mit der neu aufgestellten Defensive zum Problem werden. Die Kolumbianerinnen wurden hierzulande möglicherweise zu Unrecht als Treterinnen hingestellt, nachdem ihr Vorbereitungsspiel gegen Irland wegen angeblich übertriebener Härte abgesagt wurde.
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DFB-Team vor Zerreißprobe gegen Kolumbien
Fakt ist: Gegen Südkorea spielten sie durchaus körperlich, aber immer im Rahmen – und auch vorher fielen sie nicht durch unfaires Verhalten auf. Viel gefährlicher sind sie für Deutschland aber, weil sie über eine technisch starke und schnelle Offensive verfügen, die in Umschaltsituationen jede Lücke in der Abwehr nutzen können.
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Deutschland mit Schützenfest gegen Marokko: Die Noten der DFB-Frauen zum WM-Auftakt
Schützenfest gegen Marokko! Die Noten der DFB-Frauen zum WM-Auftakt
Was für ein Einstand in die WM! Die deutschen Frauen gewinnen in Melbourne ihr Auftaktspiel gegen Neuling Marokko klar und deutlich mit 6:0 (2:0) und senden damit auch ein Zeichen an die Konkurrenz. ran hat die Noten zu den DFB-Spielerinnen.
Merle Frohms
Anfangs völlig beschäftigungslos, muss nach 23 Minuten bei einem Distanzschuss erstmals eingreifen. Auch danach kaum gefordert. ran-Note: 3
Svenja Huth
Interpretiert die Position als Rechtsverteidigerin erwartet offensiv und rückt bei eigenem Ballbesitz weit auf. Kann aber nur selten für Gefahr sorgen, auch wenn eine Flanke über Umwege zum 4:0 führt. Gegen den Ball im Stellungsspiel mit ein paar Unachtsamkeiten, insgesamt aber sicher. ran-Note: 3
Kathrin Hendrich
Hinten anfangs unterfordert, bereitet sie den Führungstreffer durch Popp mit einer Maßflanke vor. Zuvor war sie auch an der Balleroberung maßgeblich beteiligt. Defensiv ohne größere Probleme. ran-Note: 2
Felicitas Rauch
Nach der Kreuzbandverletzung von Carolin Simon vor der WM auf der linken Abwehrseite gesetzt. Deutlich defensiver als Huth auf der Gegenseite, lässt bis auf ein paar kleine Wackler nichts zu und hält Bühl bzw. Brand zuverlässig den Rücken frei. ran-Note: 3
Melanie Leupolz
Die Legionärin vom FC Chelsea zieht im Mittelfeld die Strippen, leistet sich aber auch immer wieder leichtfertige Ballverluste. Nach ihrer Babypause ist noch Luft nach oben, deutete aber an, wie wichtig sie sein kann. ran-Note: 3
Lina Magull
Spielt auf der Zehnerposition eine unauffällige erste Halbzeit, ist nur selten an gefährlichen Situationen beteiligt. Nach der Pause etwas auffälliger, aber dennoch weiterhin im Schatten der übrigen Offensivspielerinnen. ran-Note: 3
Sara Däbritz
Sehr umtriebig im Mittelfeld, fordert häufig den Ball und wird von ihren Mitspielerinnen auch gefunden. Schaltet sich häufig in die gefährlichen Räume ein. Hat Pech mit einem Pfostentreffer (65.). ran-Note: 2
Jule Brand
Reaktionsschnell vor dem Führungstreffer, als sie den Fehlpass der Marokkanerinnen verarbeitet und Vorlagengeberin Hendrich in Szene setzt. Bringt danach immer wieder ihr Tempo ein. In der zweiten Halbzeit häufiger über links und noch gefährlicher. ran-Note: 2
Klara Bühl
Äußerst aktiv auf der linken Seite, wenn auch nicht immer effektiv. Sucht aber mutig die Dribblings. Schlägt die perfekte Ecke, die im 2:0 durch Popp mündet. Leitet mit einem genialen Dribbling ihr eigenes 3:0 unmittelbar nach Wiederanpfiff ein. ran-Note: 1
Alexandra Popp
Der Kapitänin gelingt ein Traumeinstand ins Turnier, mit einem Doppelpack per Kopf in der ersten Halbzeit (11., 39.) bringt sie das DFB-Team früh auf Siegkurs. Unterstreicht ihre Ausnahmestellung im Sturmzentrum. ran-Note: 1
Nicole Anyomi
Ersetzt nach etwas mehr als einer Stunde die starke Klara Bühl und kommt anschließend über die rechte Seite. Wirkt allerdings etwas fahrig und kassiert nach einem harten Einsteigen die Gelbe Karte. ran-Note: 4
Lea Schüller
Übernimmt den Platz von Magull in der Offensive ab der 64. Minute. Setzt Brand stark in Szene, die mit ihrer Hereingabe etwas zu lange wartet. Setzt den Schlusspunkt zum 6:0. Empfiehlt sich in der kurzen Spielzeit durchaus für weitere Einsätze. ran-Note: 2
Chantal Hagel
Erhält ebenfalls noch ein paar Minuten, sie kommt für Rauch. ran-Note: ohne Bewertung
Vor allem Mayra Ramirez und Linda Caicedo sind pfeilschnell, stark im Dribbling und abschlussstark. Trotz des 6:0-Erfolgs gegen Marokko gab es einige Momente, in denen das DFB-Team den Ball im Aufbau zu schnell verlor. Kolumbien dürfte das härter bestrafen.
Vielleicht ärgert sich Voss-Tecklenburg jetzt nochmal mehr darüber, dass sie mit Maxi Rall vom FC Bayern eine sehr flexibel einsetzbare Spielerin zu Hause gelassen hat, die nahezu alles auf beiden Flügeln schon gespielt hat. Ohne Kompromisse wird es bereits am Sonntag schon nicht mehr gehen. Und sollte Deutschland erwartungsgemäß ins Achtelfinale einziehen, warten dort vermutlich Frankreich oder Brasilien – zwei Top-Teams.
Sollte Rauch nicht doch relativ schnell genesen, kann dieser Ausfall zum Schlüsselmoment dieses Turniers werden. Im negativen Sinne, falls es dem Team nicht gelingt, das gemeinsam aufzufangen. Oder aber im positiven.
So oder so: Diese bittere Nachricht wird die DFB-Frauen vor eine große Zerreißprobe stellen.