Eine Kunst für sich
WM-Songs: Vom Ohrwurm bis zur akustischen Beleidigung
- Aktualisiert: 25.11.2022
- 23:52 Uhr
- ran.de/ Andreas Reiners
Sie gehören dazu wie die Nationalmannschaften: die inzwischen unzähligen offiziellen und inoffiziellen WM-Songs. ran.de zeigt missratene Versuche, echte Ohrwürmer und fast vergessene Schätze.
Von Andreas Reiners
München – Es ist eine Kunst für sich. Eine Kunst, die die wenigsten beherrschen. Leider.
Denn oft sind die Songs zu Weltmeisterschaften eine akustische Belästigung oder Beleidigung. Fan-Frevel, unsäglich. Der verzweifelte Versuch, irgendwas zwischen eingängig, melodisch und Fußballtauglich hinzubekommen, das im absoluten Idealfall ein Ohrwurm und Sommerhit wird. Meistens ist es aber das genaue Gegenteil davon.
Man muss dazu sagen: Es kommt immer auf die Rahmenbedingungen an. WM 2006, Sommermärchen, Sommerwetter, Sommergefühle, Xavier Naidoo: "Dieser Weg" war im wahrsten Sinne des Wortes ein Selbstläufer.
Wobei das Lied nicht einmal offizieller WM-Song war, sondern das persönliche Lied der Nationalmannschaft. Darüber fand der Song zu den Fans und wurde zur Hymne. Bei einem Aus im Achtelfinale wäre "Dieser Weg" sicher eine ziemlich kurze Erfolgsgeschichte gewesen.
Wenn wir uns an gerade 2006 erinnern: Ein Klassiker war auch "Love Generation" von Bob Sinclair.
Wie man ein Fußball-Lied macht, bewiesen die Sportfreunde Stiller. "'54, '74, '90, 2006" ging ins Ohr und blieb im Kopf.
Die Fifa hatte damals übrigens "The Time of Our Lives" vom Klassik-Pop-Quartett Il Divo feat. Toni Braxton zum Song gewählt. Nein, auch wir hatten das nicht mehr auf dem Schirm.
Es gibt bei jedem Turnier inzwischen unzählige Songs. Der WM-Song der Fifa, die WM-Songs von ARD und ZDF, inzwischen steuert gefühlt jeder Künstler ein Liedchen bei. Hängen geblieben ist beim WM-Triumph 2014 zum Beispiel Andreas Bouranis "Auf uns". Damals übrigens der WM-Song der ARD.
Die brasilianischen Fans werden den Fifa-Song 2014 mit Sicherheit verteufeln. Wenn sie das nicht schon vor dem 1:7 getan haben.
2018 ging es munter weiter mit seichten Pop-Songs, die die Fans mitnehmen sollen, damit der Rubel rollt. "Live it up" von Nicky Jam, Will Smith und Era Istrefi. Naja.
Die ARD setzte auf Chartserfahrung und spielte "Zusammen" der Fantastischen Vier feat. Clueso. rauf und runter.
Beim ZDF fiel die Wahl auf "The Bravest" der amerikanischen Southern-Pop-Band Sir Rosevelt.
2022 steuert auch die FIFA Musikalisches zum Turnier bei. Wie zum Beispiel den Song "Hayya Hayya (Better Together)", der in Zusammenarbeit der katarischen Sängerin Aisha, des amerikanisch-nigerianischen Singer-Songwriters Davido und des US-R&B-Stars Trinidad Cardona entstanden ist.
Es gibt übrigens noch einige weitere offizielle FIFA-Songs. Wie zum Beispiel den von US-Topstar Nicki Minaj, die zusammen mit Malumba & Myriam Fare "Tukoh Taka" singt. Minaj steht bei ihren Fans wegen ihrer Teilnahme an dem Projekt in der Kritik.
Das ZDF setzt 2022 auf den britischen Sänger George Ezra. Dass auch Oliver Pocher einen WM-Song zum Besten gibt, verschweigen wir an dieser Stelle.
Früher waren es vor allem einheimische Künstler, die ohne Frage für Ohrwürmer und Erinnerungen sorgten. Ältere Fans werden sich sofort erinnern an Franz Beckenbauer erinnern, der nach dem WM-Triumph 1990 in Rom einsam und gedankenversunken über den Platz geht: Gianna Nannini und "Un estate italiana" (Ein italienischer Sommer).
1994 in den USA hieß das Fifa-Lied "Gloryland" von Daryl Hall und Sounds of Blackness.
1998 sang Latino-Popsänger Ricky Martin mit seinem "La Copa de la Vida" ohne Frage eines der nachhaltigeren WM-Lieder.
Geht man noch weiter zurück, findet man echte Schätze: "Fußball ist unser Leben" von 1974 zum Beispiel.
1978 kam "Buenos dias Argentina". Großes Kino.
"Mexico mi amor" sang Peter Alexander 1986 mit dem DFB-Team. Toni Schumacher an der Trompete, Michael Frontzeck mit Gitarre. Keine Frage: Dass die Nationalmannschaft heute keine eigenen Lieder mehr aufnimmt, ist eine echte Schande.
Hier ist übrigens noch DER Klassiker schlechthin. Geht immer.