Marken, Autos, BoP: Die DTM in der GT3-Ära
Marken, Autos, BoP: Die DTM in der GT3-Ära
Die DTM-Saison 2022 steht vor der Tür, die zweite der GT3-Ära. Ob Marken, Autos, Teams oder BoP: ran gibt einen Überblick über alle Neuerungen.
GT3-Reglement
Die DTM hat in ihrer Geschichte schon einige technische Reglements erlebt. 2021 startete die Rennserie nun mit dem GT3-Reglement in eine neue Ära. "Die GT3-Autos sind von der Optik her ziemlich nah an dem Class-1-Reglement", so DTM-Chef Gerhard Berger. Fuhr die DTM früher mit reinrassigen Renn-Prototypen, sind es nun seriennahe Sportwagen. Berger: "Durch die Markenvielfalt und die unterschiedlichen Konzepte gibt es für den Fan vielleicht sogar mehr emotionale Bezugspunkte als vorher. Regeländerungen sind nichts Ungewöhnliches. Es war ja erst zwei Jahre her, dass die DTM auf Turbomotoren umgestiegen ist."
Autos
Grundsätzlich ist ein DTM-Auto komplett auf Performance ausgerichtet, ein reinrassiges Rennauto eben. Was nicht bedeutet, dass mit einem GT3-Auto kein gutes Racing möglich ist - im Gegenteil. Sie sind zwar gut 300 Kilogramm schwerer (1.300 zu 1.000 Kilogramm) und auch etwas langsamer (550 zu 600 PS), aber am Ende geht es um die Show. Und die kann auch mit einem GT3-Auto stimmen. Ganz generell sind GT3-Autos Sportwagen, die man auch auf der Straße wiederfindet, und keine Prototypen wie die bisherigen DTM-Autos, die mit einem Serienauto nicht mehr viel gemein haben. "Die Basis für ein GT3-Auto ist ein Serienfahrzeug, das umgebaut wird zu einem Rennfahrzeug. Es hat einen sehr hohen Sicherheitsstandard und die Performance spielt auch eine große Rolle", erklärt ran racing-Experte Martin Tomczyk. Mit den GT3-Sportwagen wollen die Autobauer die Brücke von der Straße zum Rennsport schlagen, was bei den Kunden für noch mehr Identifikation sorgen soll.
Marken
Die fehlende Markenvielfalt war immer ein Problem der DTM. Lange fuhren nur Audi und Mercedes gegeneinander, ehe 2012 BMW hinzu kam. 2018 hörte Mercedes auf, dann kam 2019 Aston Martin, stieg 2020 aber wieder aus. Als dann auch Audi ankündigte, nach der Saison 2020 den Stecker zu ziehen, richtete sich die DTM mit dem GT3-Reglement und dem Ende des reinen Werkssports neu aus. Der Vorteil: Neben Audi und BMW sind seit 2021 auch Autos von Mercedes, Ferrari (im Bild), McLaren und Lamborghini am Start.
Balance of Performance
DTM-Chef Gerhard Berger ist das Thema ein Dorn im Auge, doch die Markenvielfalt hat ihren Preis. Wegen der unterschiedlichen Fahrzeug-Konzepte wie Front-, Mittel- und Heckmotor sowie Motoren-Varianten - Acht- oder Zehnzylinder, Turbo- oder Saugmotor - ist es nötig, die Autos aneinander anzupassen. Das geschieht über die sogenannte Balance of Performance (kurz BoP), ein heikles und kniffliges Thema, mit dem sich der Automobil-Dienstleister AVL beschäftigt. Die Angleichung erfolgt unter anderem durch Anpassungen des Fahrzeuggewichtes, der Fahrhöhe, des Lufteinlasses bzw. des Ladedrucks. Das zentrale Element der BoP-Berechnung ist die von AVL über Jahre entwickelte Software VSM Race (Vehicle Simulation Model). Das Ziel ist es, sich von anderen GT3-Serien abzuheben. "Die DTM strebt es an, die schnellste GT3-Serie zu werden", sagt Michael Resl, der Technikchef der ITR: "Unsere Balance of Performance ist darauf ausgelegt, die Autos so leistungsfähig wie möglich zu machen, damit sie ihre ganze Klasse zeigen können." DTM-Chef Berger ist es "nicht mal so wichtig, dass wir die schnellste Serie sind. Ich glaube, dass wir sie sein werden, weil wir die besten Fahrer und Teams haben. Das Wichtigste ist, dass wir eine transparente, faire und ausgeglichene Startposition haben für die unterschiedlichen Marken."
Fliegende Starts
Die DTM setzt seit 2021 nicht mehr auf stehende, sondern die im GT-Sport üblichen fliegenden Starts. In gewisser Weise kennen die Fans diese auch aus den vergangenen Saisons. Denn der "DTM Formation Start" ist ein rollender Start mit dichtgestaffelten Zweier-Reihen nach Indy-Muster, der bereits nach Safety-Car-Phase genutzt wurde.
Privatteams
Der Werkssport gehört mit dem neuen Reglement der Vergangenheit an, stattdessen stehen die Privatteams im Mittelpunkt. Wo früher Audi, BMW oder auch Mercedes mit Werksmannschaften die Autos einsetzten, müssen Teams wie Abt Sportsline, HRT, Rowe Racing oder T3 Motorsport den Einsatz nun zum Großteil selbst stemmen. Einige erhalten zumindest eine kleine Unterstützung durch den Hersteller. Der Einsatz eines GT3-Autos kostet rund eine Million Euro.
Fahrer
Neue Saison, neue Regeln und neue Autos bedeuten auch immer neue Fahrer. Die DTM war 2021 mit insgesamt 20 Fahrern aus zwölf Nationen wohl so international wie nie zuvor. Die meisten Piloten (5) kamen aus Deutschland. Erstmals war mit Arjun Maini auch ein Fahrer aus Indien dabei, und erstmals seit 2012 mit Sophia Flörsch und Esmee Hawkey auch wieder Frauen. Eine Entwicklung, die gern beibehalten werden darf.
Reifen
Zur Saison 2021 wechselte die DTM von Hankook- auf Michelin-Reifen. Dabei setzen die Verantwortlichen auf die Medium-Mischung S8M, die beim Test auf dem Lausitzring zum Einsatz kam, als Standardreifen. Grund ist der etwas höhere Abbau als bei der härteren Mischung. Das heißt allerdings nicht, dass der härteste GT3-Reifen von Michelin gar nicht zum Einsatz kommen. "Wenn es ein Rennen geben sollte, bei dem die Temperaturen weit über das Ziel hinausschießen oder die Reifenbelastung so groß ist, dann haben wir diese Möglichkeit", erklärt Berger.
Rahmenprogramm
Beim Rahmenprogramm gab es sowohl eine Zeitreise als auch einen Schritt in die Zukunft. Fest zur DTM-Plattform gehören zum Beispiel Classic-Events. Je nach Rennstrecke werden unterschiedliche Themen der Motorsport-Classic präsentiert, beispielsweise Fahrzeuge der legendären Gruppe C auf dem Norisring, historische Formel-1-Boliden auf dem Nürburgring und dem Hockenheimring oder legendäre Tourenwagen aus der DTM. Daneben ging die DTM Trophy 2021 in ihre zweite Saison. Dabei winkt den Nachwuchsfahrern der direkte Aufstieg in eines der DTM-Cockpits. Mit dem BMW M2 Cup gibt es einen weiteren Markenpokal für Talente, die sich zeigen wollen. Außerdem findet die Zukunft statt: Die DTM Electric (das Auto im Bild) ist als eigenständige Serie konzipiert, die künftig neben DTM, DTM Trophy, DTM Classic und DTM Esports eine der fünf Säulen der DTM-Plattform bildet.
Space Drive
Teilweise kam 2021 das Lenksystem Space Drive von Schaeffler Paravan zum Einsatz, zum Beispiel in den Autos von Gary Paffett und Timo Glock. In Autos mit diesem System gibt es keine mechanische Verbindung zwischen Lenkeinheit und Lenkgetriebe mehr, gesteuert wird stattdessen mittels Steer-by-Wire-Technologie. Dabei werden die Lenkbefehle des Fahrers elektrisch an die Räder übertragen. "Der große Vorteil ist, dass auf Bodenwellen oder Randsteinen keine Schläge oder Bewegungen mehr in die Lenkung kommen. Die filtert das System komplett raus", so Glock: "Außerdem kann man das Feedback der Lenkung so einstellen, wie man es gerne hätte, theoretisch könnte man mehr Rückmeldung in langsamen Kurven und in schnellen Kurven weniger Widerstand einstellen. So kann sich der Fahrer auch Kräfte sparen, was weniger bei uns in der DTM als vielleicht in Langstreckenrennen relevant sein kann."