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Motorsport DTM

"Sollte mit Jordan in F1": Löste "Schumi" Bernd Schneiders große Karriere aus?

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© LAT
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Bernd Schneider, der heute seinen 60. Geburtstag feiert, ist mit fünf Titeln der erfolgreichste DTM-Pilot aller Zeiten und einer der erfolgreichsten Rennfahrer Deutschlands . Was aber nur wenige wissen: Michaels Schumachers sensationelles Formel-1-Debüt 1991 im Jordan in Spa-Francorchamps ist eng mit der großen Mercedes-AMG-Karriere des späteren "Mr. DTM" verbunden.

"Ich sollte 1991 mit Eddie Jordan in die Formel 1 einsteigen", erzählt Schneider im Gespräch mit Motorsport-Total.com. "Ich war schon in Verhandlungen mit ihm, weil sie wollten unbedingt einen deutschen Fahrer haben, aber ich habe das Geld nicht gehabt."

Schneider kannte den irischen Formel-3000-Teamchef, der 1991 mit den Jordan-Team in die Formel 1 einstieg, aus seiner eigenen Formel-Zeit. Wie es zu den Verhandlungen über das Cockpit kam?

Warum Eddie Jordan 1991 Schneider in der F1 wollte

"Er hat mich einfach angerufen", erzählt Schneider. "Er hat jeden angerufen, von dem er sich Geld versprochen hat." Schneider war Formel-1-erfahren und galt als schneller Mann, auch wenn er das von 1988 bis 1990 wegen des schlechten Materials bei Zakspeed und Arrows nicht zeigen konnte.

Warum Jordan unbedingt einen Deutschen im Cockpit wollte? "Weil er das Potenzial an Sponsoren in Deutschland gesehen hat - und die deutsche Autoindustrie", so Schneider. "Er hat gesagt: Wenn er einen deutschen Fahrer hat und erfolgreich ist, dann kann er BMW oder Mercedes in die Formel 1 locken. Er hat das große Geld gerochen."

Dass man sich dann nicht einig wurde, hatte nicht nur mit finanziellen Engpässen beim Saarländer zu tun. "Ich hatte ein gewisses Sponsoring", erzählt Schneider. "Aber er wollte nicht nur ein Sponsoring, sondern auch einen Managementvertrag. Und das war eigentlich auf Lebzeit - das wollte ich nicht eingehen. War mir einfach zu viel Risiko."

Als durch Schumachers F1-Deal eine Türe aufging

Als dann Jordan-Stammpilot Bertrand Gachot nach dem Ungarn-Grand-Prix wegen der Tränengas-Attacke im Gefängnis saß, benötigte Jordan dringend Ersatz und meldete sich erneut bei Schneider. Doch dann machte Schumacher, der rund 450.000 US-Dollar mitbrachte, das Rennen um das Cockpit und stellte den Jordan im Qualifying von Spa-Francorchamps sensationell auf Startplatz sieben.

Kurz darauf wurde der Senkrechtstarter von Flavio Briatore mit allen Mitteln zu Benetton gelotst - der Rest ist Geschichte. Durch den Formel-1-Aufstieg von Schumacher, der fünf Jahre jünger ist als Schneider und damals schon Mercedes-Junior war, wurde in der DTM das Cockpit beim Zakspeed-Team frei.

"Dadurch hat mich Norbert Haug angerufen und gefragt, ob ich nicht für den Michael die letzten vier Rennen fahren kann", erzählt Schneider, wie sich plötzlich dank des verpassten Jordan-Deals eine Tür bei Mercedes öffnete.

"Ich musste mir die Freigabe von Ford und Porsche holen, aber da man weder auf der Rennstrecke noch auf dem Markt konkurriert hat, war das kein Problem", erklärt Schneider, der 1991 Werksverträge bei Ford und Porsche hatte und für Joest im Porsche 962 Sportwagen-Rennen fuhr.

Winkelhock-Unglück als zusätzliche Motivation für Haug

Und das DTM-Comeback Schneiders verlief durchaus erfolgreich: Denn der damals 27-Jährige, der davor von 1986 bis 1989 für Ford 13 DTM-Rennen absolviert hatte, stand schon bei seinem zweiten Saisonwochenende in Singen als Zweiter hinter Audi-Pilot Hans-Joachim Stuck auf dem Podest.

Somit trieb Haug, der seit 1990 Mercedes-Motorsportchef war, die Bemühungen voran, Schneider 1992 dauerhaft in die DTM zu holen. Das hatte auch einen anderen Grund: Der Schwabe war Trauzeuge von Manfred Winkelhock, der 1985 bei einem Sportwagen-Rennen in Mosport wie auch ein Jahr später Jo Gartner im Porsche 962 verunglückte.

"Der Norbert Haug wollte unbedingt, dass ich Mercedes fahre, weil er den 962 als sehr gefährlich ansah", so Schneider. "Deswegen hat er gesagt: Ich will nicht, dass du da weiterhin fährst."

Aufrecht über Schneider: "So einen brauche ich nicht!"

Doch es gab internen Widerstand: Ausgerechnet Hans-Werner Aufrecht, Chef des Mercedes-Einsatzteams AMG, sträubte sich. "Meine Freunde haben mir damals Schneider empfohlen, dass ich den unbedingt haben muss. Ich, der Schneider? Niemals! So kann man sich täuschen", sagt Aufrecht heute.

Wieso er so skeptisch war? Beim Training für das 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife überschlug sich Schneider 1991 mit seinem favorisierten Ford Sierra RS Cosworth schon in der ersten Runde. Ein Folgeschaden bedeutete später auch das Renn-Aus. Was Aufrecht nicht wusste: Der Unfall passierte Schneider wegen einer undichten Ölleitung.

"Ich habe gesagt: So einen brauche ich nicht!", erinnert sich Aufrecht. "Aber gottseidank waren Leute um mich herum, die dann gesagt haben: Den müssen wir haben, der ist der Richtige! Gottseidank haben sie Recht gehabt." Und wie - Schneider holte bis Ende 2008 mit Mercedes in der DTM 43 Siege und fünf Titel.

Trickreicher Haug: Wie er Schneider an Bord holte

Besonders kurios war die Art und Weise, wie es Ende 1991 zum AMG-Dreijahresvertrag kam: Denn Schneider erfuhr nach dem DTM-Saisonfinale in Hockenheim aus der Zeitung, er hätte unterschrieben. Glaubt man Schneider, steckte Haug selbst dahinter. "Eigentlich hat er mir die Entscheidung abgenommen, weil er hat direkt nach dem Hockenheim-Rennen bekanntgegeben, dass ich für Mercedes fahre", sagt er.

Noch heute ist Schneider seinem langjährigen Chef, mit dem er neben der DTM-Rekordjagd auch in der FIA-GT-Serie erfolgreich war, dankbar. "Er hat mein Leben gerettet", sagt er mit Blick auf die gefährliche Sportwagen-Ära, die er durch den Deal hinter sich ließ.