Motorsport DTM
"Wo ist Jack?": Wie Aitken sein Team kurz vor dem Start auf die Probe stellte
Jack Aitken ist wohl einer der coolsten DTM-Piloten im diesjährigen Starterfeld. Der Brite ist so abgeklärt, dass er seinem Emil-Frey-Team schon das eine oder andere Mal den Schweiß auf die Stirn getrieben hat. "Er ist sehr cool, aber ich glaube, er hat auch das nötige Selbstvertrauen", sagt Teamchef Lorenz Frey-Hilti.
"Das beste Beispiel: Es ging noch sieben Minuten bis zum Start der Einführungsrunde. Alle haben gefragt: Wo ist Jack? Wo ist Jack? Dann bin ich ihn suchen gegangen", berichtet der Schweizer im Gespräch mit Motorsport-Total.com. "Er saß noch in der Box und hat einen Espresso getrunken."
Und das, obwohl Aitken nur fünf Minuten später in seinem Ferrari 296 GT3 sitzen musste. "Und wir sind ja die erste Box, also bis ganz nach vorne musst du ziemlich weit laufen", erinnert Frey-Hilti. Und Aitken? "Er sagte: 'Jaja, das geht schon'."
Jack Aitken "ist aggressiver geworden"
Doch es ist nicht nur seine Coolness, die den 28-Jährigen in dieser Saison zu einem der besten DTM-Fahrer macht. "Er ist sicher auch ein bisschen aggressiver geworden beim Fahren, macht mehr die Tür zu, geht in die Löcher rein, bei denen er im Vorjahr noch vorsichtiger war", vergleicht sein Teamchef.
Mit drei Polepositions und zwei Rennsiegen sammelte Aitken in diesem Jahr bereits starke Einzelergebnisse - aber in der DTM-Gesamtwertung liegt der Ferrari-Pilot aktuell nur auf dem achten Platz. Dennoch ist er insgesamt viel stärker als noch im Vorjahr. "Klar, er kennt das Auto viel länger, war auch auf allen Strecken schon unterwegs - das wirkt sich auch beim Set-up aus", sagt Frey-Hilti.
"Er hat bis jetzt eine sehr saubere Leistung gezeigt und kann immer das Maximum herausholen. Das Fahrzeug-Konzept liegt ihm extrem." Dabei könnte Aitken auch seine Erfahrung aus den Prototypen entgegenkommen, denn der 28-Jährige startet parallel zu seinem DTM-Engagement auch im V-Series.R - dem Hypercar von Cadillac.
Ferrari-Pilot "arbeitet sehr akribisch"
Diese Erfahrungen kann der Brite auf den Ferrari 296 GT3 übertragen, denn der Italiener gleicht aufgrund seiner Bauweise eher einem Prototyp als dem klassischen Sportwagen der GT3-Szene. Die Entwicklung erfolgte in Zusammenarbeit mit dem französischen Sportwagenbauer Oreca.
"Das Fahrzeug ist sehr sensibel, man darf es nicht überfahren", weiß Teamchef Frey-Hilti. "Man muss schauen, dass man nicht zu viel Lenkwinkel fährt. Er spürt sich richtig ins Auto hinein und findet immer das Limit. Das Auto ist am Limit nicht einfach zu fahren. Vor allem das Heck ist ziemlich lose. Daher muss man das Auto gut im Griff haben."
"Er ist sehr analytisch, arbeitet sehr akribisch", lobt der Schweizer, der allerdings weiß, dass die aktuelle Saison aufgrund der ständigen Umstellungen zwischen den verschiedenen Fahrzeugen nicht einfach ist. "Aber das macht er extrem gut. Er kommt sehr gut vorbereitet an die Strecke und kann wirklich sehr gut vom einem Fahrzeug-Konzept auf das andere wechseln."
Emil-Frey-Team mit DTM-Titelhoffnung
Ob in diesem Jahr noch mit dem DTM-Titel klappt? Immerhin hat Aitken bereits 35 Zähler Rückstand auf die Tabellenspitze. "Wir sind uns der enormen Konkurrenz bewusst. Wir wollen möglichst jedes Rennen gewinnen und - klar - am Ende um die Meisterschaft fahren", sagt Frey-Hilti, der weiß, dass es in der DTM "extrem eng" zugeht.
"Das Wichtigste in dieser Meisterschaft ist es, immer zu punkten. Das haben wir leider nicht geschafft", erinnert der Emil-Frey-Teamchef vor allem an das schlechte Wochenende auf dem Lausitzring. "Aber dank der zwei Siege ist Jack immer noch in der Position, vorne mitzumischen."
Zudem gibt es einen weiteren Punkt, der das Schweizer Ferrari-Team zuversichtlich stimmt. "Die nächsten Strecken im Kalender sollten dem Fahrzeug eigentlich besser entsprechen", blickt Frey-Hilti auf die kommenden vier Rennen voraus. "Das Wichtigste wäre, dass wir in der zweiten Saisonhälfte keine Fehler machen und regelmäßig punkten."