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Motorsport DTM

"Zwei Sachen bleiben in Erinnerung": Wo van der Linde den DTM-Titel verloren hat

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© Alexander Trienitz

Kelvin van der Linde ist der unglückliche Verlierer der DTM-Saison 2024. Obwohl der Abt-Audi-Pilot den Titelkampf mit einem perfekten Samstag bis zum Schluss offen hielt, reichte ein zwölfter Platz beim Finale nicht aus, um Mirko Bortolotti (SSR-Lamborghini) vom Thron zu stoßen. "Ich bin enttäuscht, wie jeder es wäre nach einer langen Saison, die natürlich viel Energie gekostet hat", gibt der Südafrikaner zu.

Dennoch ist Kelvin van der Linde "sehr stolz auf die Saison", denn er habe "immer gut gekämpft, aber keine Strafen kassiert". Der Abt-Audi-Pilot ist überzeugt, eine "saubere Saison" gefahren zu sein. Warum es am Ende trotzdem nicht mit dem Titel geklappt hat? "Mir bleiben zwei Sachen in Erinnerung", sagt der 28-Jährige zu Motorsport-Total.com.

"Einmal Rennen zwei am Norisring, wo ich unverschuldet umgedreht wurde", erinnert van der Linde an die Situation, als er von Jack Aitken (Emil-Frey-Ferrari) abgeschossen wurde und einen möglichen Podestplatz verlor. "Und dann auch natürlich Oschersleben, wo wir das Problem mit dem Chassis hatten."

Zur Erinnerung: Beim Saisonauftakt in Oschersleben kam Kelvin van der Linde überhaupt nicht in Fahrt und sammelte in beiden Rennen insgesamt nur 15 Punkte. Bei der Analyse nach dem Rennwochenende stellte das Abt-Team winzige Risse an mehreren Schweißpunkten fest, die als Ursache für die Probleme ausgemacht wurden.

Van der Linde: "Immer das Maximum herausgeholt"

Tatsächlich feierte der Südafrikaner schon beim zweiten Rennwochenende auf dem Lausitzring seinen ersten Saisonsieg, gefolgt von zwei weiteren Erfolgen auf dem Nürburgring und beim Finale in Hockenheim. "Außerdem, glaube ich, haben wir immer das Maximum herausgeholt", bilanziert der Vizemeister.

Ausgerechnet im letzten Rennen des Jahres, in dem er seinen Titelrivalen Bortolotti hätte schlagen müssen, kam der Abt-Audi-Pilot aber nicht über den zwölften Platz hinaus. Ein Tiefpunkt in der Saison, denn nur in Zandvoort war van der Linde mit der 13. Position im ersten Rennen noch schlechter!

Warum der plötzliche Performance-Einbruch? "Ich habe mich schwergetan auf kalten Reifen", analysiert der 28-Jährige, der vorerst ohne DTM-Titel bleibt. "Auch nach den Boxenstopps lief irgendwas schief, ich habe die Reifen nicht auf Temperatur bekommen."

Im Verlauf der ersten Runde wurde der Abt-Audi-Pilot auch noch auf dem Dreck gedrückt und verlor dadurch weitere Positionen. "[Es war eine] typische erste Runde und dann kam ich nicht so wirklich in den Rhythmus", berichtet der enttäuschte Südafrikaner.

Mit dem Reifendruck "auf der sicheren Seite"

"Und dann, die 20 Kilo schwimmen natürlich auf jedem Meter mit, auch wenn es die erste Runde ist", erinnert van der Linde daran, dass er nach seinem Sieg am Samstag mit dem Erfolgsballast zu kämpfen hatte. "Und da wird man natürlich aufgefressen."

"Er hat die Reifen nicht auf Temperatur gebracht, beziehungsweise auch nicht wirklich Grip bekommen", ergänzt Abt-Sportdirektor Martin Tomczyk bei Motorsport-Total.com. "Ich glaube, mit dem Reifendruck waren wir auf der sicheren Seite und nicht zu tief. Daher war es schon ein bisschen überraschend, dass er sich so schwergetan hat am Anfang."

Erst in der dritten Runde konnte sich der Audi-Pilot fangen. "Und dann ist er die Pace mehr oder weniger da mitgegangen, wo er gefahren ist", sagt Tomczyk. "Aber man hat auch gesehen, dass nach vorne nichts geht. Deshalb war für uns klar, dass wir ein bisschen mit stumpfen Waffen unterwegs sein werden und eigentlich auch ein bisschen Glück oder sehr viel Glück benötigen, um da vorne noch irgendwas zu ändern."

Wie das letzte Rennen für Teamkollege Feller lief

Nur Teamkollege Ricardo Feller konnte zu Beginn des Rennens an der Spitze mitfahren und der Abt-Mannschaft etwas Hoffnung machen. "Für die Strategie war klar, dass Ricardo um den Sieg fährt", verrät der DTM-Champion von 2011. "Das heißt, dass er zwangsläufig auch an Mirko [Bortolotti] hätte vorbeigehen müssen."

Allerdings hing der Schweizer zunächst hinter Nicki Thiim (SSR-Lamborghini) fest und musste dann auf die frühen Boxenstopps von Lucas Auer (Winward-Mercedes) und Luca Engstler (Grasser-Lamborghini) reagieren. "Und Nicki hat einfach auf Ricci [Feller] gewartet, um den Overcut zu fahren, damit er wieder vor ihm rauskommt", so Tomczyk. "Das war ganz klar die Abschirmung auf Mirko nach vorne."

Nach seinem Boxenstopp erlaubte sich Feller allerdings einen Fehler, als er im Bereich der Sachs-Kurve durch das Kiesbett rodelte. "Wir haben ihm gesagt, dass er pushen muss", nimmt der Abt-Sportdirektor seinen Piloten in Schutz. "Wir fahren ein virtuelles Rennen, da musst du einfach [mehr] riskieren. Und wenn du riskierst, können Fehler passieren. Das ist ganz klar."

Und wie lief das Rennen von Kelvin van der Linde? "Als das Boxenstopp-Fenster aufging, sind wir sehr aggressiv mit Kelvin gegangen, mit einer Undercut-Strategie, weil wir gesehen haben, dass mit einer Overcut-Strategie höchstens ein Platz rauskommt. Und da wollten wir einfach was probieren."

Allerdings kam der Südafrikaner auch mit dieser Strategie nicht mehr nach vorne, sodass ihm der Titel schlussendlich aus den Händen rutschte. Das lag nach Ansicht Tomczycks vor allem an "20 Kilo im Auto und einem stark performenden Lamborghini, den wir so auch nicht schlagen hätten können, rein auf der Strecke."

War der Audi R8 am Ende einfach zu alt?

"Die waren schnell. Ich kann es nicht erklären", ist der Abt-Sportdirektor ratlos, fasst sich allerdings auch an die eigene Nase: "Ich weiß bloß, dass wir zu langsam waren." Ob das vielleicht auch am Audi R8 LMS GT3 Evo II lag, der schon vor zwei Jahren debütierte und seine besten Zeiten bereits hinter sich hat?

"Ich glaube, für jeden war das eine Saison, wo wir versucht haben, alles aus dem alten R8 herauszuholen", erinnert Kelvin van der Linde im Gespräch mit Motorsport-Total.com. "Wir wussten, dass wir ein altes Auto haben in dem Sinne, dass wir das Rad nicht neu entwickeln können."

"Aber es war trotzdem so eine Saison, wo ich sagen muss, das war einer der schnellsten Audis, die es je gab", lobt der Abt-Pilot seine erfahrene Mannschaft. "Wir haben an jeder Stelle optimiert, an jeder Schraube gedreht, die es zum Drehen gibt. Und das macht mich erstmal stolz."

"Es ist, wie es ist": Abt hält sich mit BoP-Kritik zurück

Anders als die Konkurrenz, die sich gerne über die Balance of Performance (kurz BoP) ausgelassen hat, hielt sich Abt in dieser Saison zurück. Das ändert sich auch nach dem verlorenen Saisonfinale nicht. "Ich will nichts über die BoP kommentieren", sagt van der Linde. "Ich glaube, [Bortolotti] ist ein verdienter Meister und mehr gibt es nicht zu sagen."

Auch Tomczyk möchte "gar nicht mehr darauf eingehen", obwohl das Kräfteverhältnis im letzten Rennen "ein bisschen anders ausgeschaut" hat. "Nichtsdestotrotz ist es so. Die Saison ist vorbei", zieht der Abt-Sportdirektor einen Schlussstrich. "Wir haben die Meisterschaft verloren. Es ist, wie es ist. Nachträglich kann man es nicht mehr ändern."

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