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Formel E live auf ProSieben und ran.de

Pascal Wehrlein: "Im Schnitt ist die Formel E stärker als die Formel 1"

  • Aktualisiert: 18.04.2023
  • 11:11 Uhr
  • ran.de
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© IMAGO/PanoramiC

Pascal Wehrlein bestreitet als WM-Führender der Formel E die Heimrennen in Berlin (Samstag und Sonntag, 14:30 Uhr live auf ProSieben und ran.de). Im exklusiven ran-Interview spricht der 28-Jährige über den erfolgreichen Saisonstart, den Kurs von Berlin, die körperlichen Anforderungen im Motorsport und über Videospiele sowie Rennsimulatoren.

Von Oliver Jensen

ran: Herr Wehrlein, wie groß ist Ihre Vorfreude auf das Heimrennen in Berlin?

Pascal Wehrlein: Sehr groß, denn das ist sowohl für mich als Fahrer wie auch für uns als Team ein Heimrennen. Überhaupt sagen zu können, ein Rennen in Berlin vor heimischem Publikum zu fahren, fühlt sich richtig gut an. Berlin ist immer eines der Highlights der Saison. In der Vergangenheit waren wir dort nicht sehr erfolgreich. Das wollen wir nun unbedingt ändern.

ran: Was zeichnet diesen Kurs aus?

Wehrlein: Eigentlich ist Berlin ein relativ einfacher Kurs. Die Strecke ist eher kurz und man kann an mehreren Stellen gut überholen. Die Kurven sind nicht die schwierigsten. Die Schwierigkeit besteht eher darin, dass der Boden, also diese Betonplatten, ganz andere Grip-Verhältnisse haben als andere Strecken. Dadurch müssen wir mit den Reifen ganz anders umgehen. Das heißt: Das Auto benötigt in Berlin ein anderes Setup als auf anderen Strecken.

ran: Würde es besonders kompliziert werden, wenn es in Berlin regnen würde?

Wehrlein: Das wäre spannend. Wir sind in diesem Jahr noch kein Regenrennen gefahren, haben also mit den neuen Autos keinerlei Erfahrung damit. Es wäre interessant, wie sich das Auto mit den Reifen auf Regen verhält, besonders in Verbindung mit dem Asphalt dort.

ran: Als WM-Führender dürften Sie mit dem Saisonstart insgesamt sehr zufrieden sein, oder?

Wehrlein: Ja, natürlich gibt es immer das eine oder andere Rennen, das noch besser hätte ausgehen können. Aber insgesamt sind wir mit dem Saisonstart sehr zufrieden. Wir führen sowohl die Fahrer- wie auch die Teamwertung an. Wir haben von meiner Seite zwei Siege und einen weiteren Podiumsplatz in Mexiko eingefahren. Das ist ein super Saisonstart. Aber das Jahr ist noch lange, und wir wollen am Ende oben stehen. 

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ran: Sie führen die WM Wertung mit 86 Punkten an, aber dahinter geht es sehr eng zu. Von Rang 2 bis Rang 5 folgen vier Fahrer, die zwischen 58 und 62 Punkte auf dem Konto haben. Wie schätzen Sie die Kräfteverhältnisse in der Formel E ein?

Wehrlein: Ich glaube, jeder kommt jetzt besser in Schwung. Dadurch, dass wir in der Formel E neue Autos fahren, waren wir zum Saisonbeginn richtig stark und hatten im Rennen ein Vorteil. Aber unsere Konkurrenten holen immer mehr auf, weil sie das Auto immer besser verstehen. Auch wir müssen uns im Verlaufe der Saison immer weiter verbessern, denn niemand wird stillstehen. Insgesamt aber haben wir ein super Paket und sind vor allem im Rennen sehr effizient. Darauf kommt es in der Formel E an.

ran: Sie erleben nicht nur ein sportlich erfolgreiches Jahr, sondern sind in diesem Jahr auch noch Vater geworden. Wie sehr hat sich Ihr Leben zwischen den Rennen dadurch verändert?

Wehrlein: (lacht) Eigentlich gar nicht so sehr, denn ich war auch vorher nicht derjenige, der abends immer unterwegs war. Ich bin sehr gerne zu Hause und jetzt natürlich umso mehr. Natürlich dreht sich unsere Welt im Moment nur noch um unsere Kleine. Aber das ist eine sehr schöne Erfahrung.

ran: Themawechsel: Es ist bekannt, dass Motorsport körperlich viel anstrengender ist als es für viele Außenstehende aussieht. Sie sind bereits in der DTM sowie in der Formel 1 gefahren und nun in der Formel E. Inwiefern unterscheiden sich die körperlichen Anforderungen von Rennserie zu Rennserie?

Wehrlein: In der Formel E ist es relativ anstrengend zu lenken, weil wir keine Servolenkung haben. Die g-Kräfte sind zwar nicht die größten. Aber weil wir eben keine Servolenkung haben und zudem auf sehr unebenen und wackeligen Strecken fahren, hat man am Lenkrad sehr zu kämpfen. In der Formel 1 sind die Kräfte, die auf den Körper wirken, sehr groß. Wenn man mit dem Fünffachen vom Körpergewicht in den Sitz gepresst wird und den Nacken gerade halten muss, ist das eine hohe Belastung für die Muskulatur und die Stabilität. Aber dafür hat man eine Servelenkung, wodurch das Lenken relativ einfach ist. Und in der DTM ist die Temperatur im Auto das größte Problem. Man hat nur wenig Frischluftzufuhr. Je weniger Frischluftzufuhr man hat, desto besser ist es für die Leistung des Autos. 

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ran: Aber nicht für den Fahrer… 

Wehrlein: Genau, es wird sehr heiß im Auto. An heißen Sommertagen kann es im Auto über 50 Grad heiß werden. Das ist dann wie in der Sauna. Von Auto zu Auto sind die körperlichen Anforderungen also unterschiedlich. Richtig ist aber, dass häufig unterschätzt wird, was wir im Auto körperlich leisten müssen.

ran: David Beckmann, der als Test- und Ersatzfahrer für Porsche tätig ist, hat in einem aktuellen Interview gesagt, dass die Talentdichte in der Formel E Stand heute höher ist als in der Formel 1. Würden Sie ihm zustimmen?

Wehrlein: Ja, ich würde ihm zustimmen. In der Formel E gibt es keine Paydriver, alle Fahrer werden bezahlt. Wir haben ein sehr dichtes und gutes Leistungsniveau. Es ist überhaupt keine Frage, dass die absoluten Top-Fahrer in der Formel 1 auch in allen anderen Rennserien Top-Fahrer wären. Aber ich glaube, vom Durchschnitt her sind wir in der Formel E stärker.

ran: Zu welchen Fahrern haben Sie früher aufgeblickt? Wer waren Ihre Jugendidole?

Wehrlein: Mika Häkkinen und Michael Schumacher. Als ich den Motorsport erstmals aktiv verfolgt habe, haben die beiden nämlich gegeneinander um die Weltmeisterschaft gekämpft.

ran: Schauen Sie sich heute in Ihrer Freizeit immer noch gerne Autorennen an?

Wehrlein: Ja, ich bin Motorsport-Fan und schaue mir, wenn es zeitlich passt, gerne einzelne Rennen verschiedener Serien an. Ich schaue nicht nur die DTM und Formel 1, weil ich dort gefahren bin. Ich gucke auch gerne Rennen der Indycar, NASCAR oder Langstreckenrennen.

ran: Und welche Rennserie empfinden Sie als Zuschauer am spannendsten?

Wehrlein: Um ehrlich zu sein, macht es mir am meisten Spaß, die Formel E zu schauen. Ich gucke mir die Rennen ja im Nachhinein noch einmal an. Es passiert in der Formel E sehr viel, es sind immer unterschiedliche Fahrer vorne. Ansonsten schaue ich gerne Indycar. Auch dort gibt es viele Positionsveränderungen, gerade auf den Ovalkursen kämpfen mehrere Fahrer oft bis zur letzten Runde um den Sieg. 

ran: Sie haben eben gesagt, dass Sie noch immer Motorsport-Fan sind. Spielen Sie manchmal auch noch Rennspiele an der Konsole oder am Computer?

Wehrlein: Nicht mehr so wie früher. Wir sind sehr viel im Simulator unterwegs. Vor jedem Rennen bereiten wir uns mehrere Tage im Simulator vor. Daher ist die Lust nicht mehr so wie früher vorhanden, auch noch in der Freizeit Autorennspiele zu spielen.

ran: Bei Max Verstappen ist das offenbar anders. Der hat sich in sein Motorhome sogar einen Simulator bauen lassen…

Wehrlein: Ja gut, aber die Fahrer in der Formel 1 machen auch kaum Vorbereitungsarbeit im Simulator. Dann ist es noch einmal etwas Anderes, sodass man vielleicht in der Freizeit Lust hat, ein bisschen Autorennen zu spielen.

ran: Wie nahe ist ein Rennsimulator überhaupt an der Realität? Mick Schumacher beispielsweise sitzt als Ersatzfahrer von Mercedes nahezu gar nicht im Formel-1-Wagen und arbeitet vorwiegend im Rennsimulator. Lässt sich das, auch von der körperlichen Belastung, mit dem echten Rennfahren vergleichen?

Wehrlein: Von den körperlichen Anforderungen her ist die Arbeit im Simulator von der Realität mit am weitesten weg. Auch das Feedback vom Auto fehlt. Was aber sehr nahe an der Realität ist, das sind die Daten vom Auto und von den Strecken, die auf den Simulator überspielt werden. Die Strecken wurden dafür extra eingescannt, sodass jede Kurve Eins-zu-Eins der Realität entspricht. Schlussendlich ist das die einzige Vorbereitungsmöglichkeit, die wir haben. Vor allem auch in der Formel E, weil unsere Strecken erst ein paar Tage vor dem Event aufgebaut werden. Wir können also nicht auf den Strecken testen. Daher ist die Arbeit im Simulator sehr wichtig für uns.