Vom Halo bis zum Monocoque: So schützt die Formel 1 ihre Fahrer
Der Horrorunfall von Romain Grosjean
Es war der Schock-Moment des vergangenen Wochenendes: Beim Großen Preis von Bahrain krachte Haas-Pilot Romain Grosjean nach dem Start mit seinem Boliden in eine Leitplanke. Das Auto brach bei dem Aufprall in zwei Hälften, das Cockpit mitsamt Grosjean durchstieß die Streckenbegrenzung und verschwand in einem riesigen Feuerball. Rund 26 Sekunden war der Franzosen in den Flammen verschwunden, konnte sich aber letztlich mit Hilfe der Sicherheitskräfte in Sicherheit bringen. Grosjean hatte großes Glück im Unglück. Außer ein paar Verbrennungen und Zehenbrüchen trug der 34-Jährige keine großen Verletzungen davon.
Glück im Unglück
Bereits am Abend nach dem Crash meldete sich Grosjean aus dem Krankenhaus und lobte die Helfer und Verantwortlichen des Internationalen Automobil-Verbandes FIA, die das Sicherheitslevel der Formel 1 in den letzten Jahren auf ein neues Niveau gehoben hatten. Insbesondere das sogenannte "Halo" machte sich bezahlt. Ein großer Teil der Fahrer und auch Grosjean selbst waren einst gegen die Einführung des Schutzmechanismus, der ihm am Sonntag das Leben rettete. Neben dem Halo tragen auch viele andere Sicherheitsmaßnahmen dazu bei, dass sich die Zahl der schweren Unfälle in den vergangenen Jahrzehnten reduziert hat. ran.de zeigt, wie die Formel 1 ihre Fahrer schützt.
Halo - der "Heiligenschein" der Formel 1
2015 und 2016 kamen große Diskussionen auf, als das Halo erstmal in der Formel 1 getestet wurde. In der Vergangenheit wurden Fahrer des Öfteren durch herumfliegende Teile verletzt, der letzte Unfalltote der Formel 1 – Jules Bianchi – starb 2015 an den Folgen einer schweren Kopfverletzung. Im Falle von Grosjean schützte es ihn vor den scharfen Kanten der Leitplanke, die das Auto in zwei Teile rissen. Den Namen (übersetzt: Heiligenschein) bekam das Sicherheits-Gadget aufgrund seiner Optik. Der größte Kritikpunkt der Fahrer war einst die Sichtbeschränkung, aber spätestens nach diesem Unfall sollte allen bewusst sein, dass das Halo mehr hilft als stört.
Die feuerfeste Kleidung der Fahrer
Wie beim Halo hat auch die Einführung der feuerfesten Unterwäsche einen traurigen Hintergrund. Nach Niki Laudas schwerem Unfall am Nürburgring 1976 brauchte die Formel 1 drei (!) Jahre, um das aus Nomex hergestellte Material einzuführen. Durch eine Vielzahl von Lagen können die Fahrer bis zu 35 Sekunden im Feuer sitzen, ohne dabei größere Verletzungen davonzutragen. Neben der Unterwäsche sind auch die Rennanzüge feuerfest und schützen die Fahrer so vor großer Hitze. Grosjean erlitt Verbrennungen an Händen und Fußen, diese entstanden aber wohl eher beim Aussteigen - er verlor dabei seinen linken Schuh - und beim Griff auf die heiße Leitplanke.
Das HANS-System
Das "Head and Neck Support"-System schützt folglich Kopf und Nacken im Falle eines Unfalls, bei dem die Boliden teilweise in weniger als einer Sekunde von bis zu 300 km/h auf 0 abbremsen. So auch bei Grosjean, der mit 220 km/h in die Leitplanke knallte und hinter dieser zum Stehen kam. Das HANS-System verhinderte wohl einen Genickbruch, denn es verteilt die einwirkenden Kräfte vom Kopf auf die Brust. Das System, welches seit 2003 verpflichtend ist, besteht aus einem Schulterkorsett, das mit dem Helm des Fahrers verbunden ist. Dadurch wird einer Überdehnung der Halswirbelsäule vorgebeugt. Außerdem schützt das HANS-System die Profis auch vor einer Kollision des Kopfes mit dem Lenkrad.
Das Monocoque
Diese Technik war bahnbrechend für mehr Sicherheit in der Formel 1. Das Monocoque beschreibt den Teil des Autos, in dem der Fahrer sitzt. Es ist abgetrennt von Vorder- und Hinterteil und hat damit keine direkte Verbindung zum Rest des Autos – also etwa zum Tank. Die Konstruktion ist ein Verbund von Kohlefaser- und Aluminium-Waben. Dadurch ist das Monocoque nicht nur leicht, sondern quasi auch unkaputtbar. So werden insbesondere die Beine der Fahrer geschützt. Dieses System machte es für Grosjean leichter, das Fahrzeug zu verlassen, weil er nicht eingeklemmt wurde.
Das Medical Car
Auch dieser Prozess machte sich am Sonntag bezahlbar, denn sofort waren helfende Hände an der Unfallstelle. Das Medical Car fährt dem Fahrerfeld in der ersten Runde hinterher, da es kurz nach dem Start am häufigsten zu schweren Unfällen kommt. Sekunden nach dem Crash sind Ärzte vor Ort und konnten Grosjean so beim Überwinden der Leitplanke helfen. Das Fahrzeug basiert auf einer Idee des ehemaligen Rennarztes Professor Sid Watkins, der durch sein schnelles Eingreifen das Leben von Gerhard Berger, Rubens Barrichello, Weltmeister Mika Häkkinen und vielen anderen Fahrern rettete.
Der Sechs-Punkt-Sicherheitsgurt
Auch im normalen Straßenverkehr enden Unfälle mit Feuer tödlich, weil sich die Opfer nicht schnell genug aus dem Fahrzeug befreien können. Trotzdem ist ein Gurt unabdingbar. Die Formel 1 hat mit dem Sechs-Punkt-Sicherheitsgurt beide Kriterien erfüllt. Die insgesamt sechs Gurte werden jeweils einzeln in ein gemeinsames Schloss eingeklinkt. Dieses kann mit einem Handgriff des Fahrers geöffnet werden, benötigt beim Einsteigen allerdings die Unterstützung eines Mechanikers. In nur fünf Sekunden muss man das Auto verlassen können. Auch Grosjean schaffte das beim Unfall in Bahrain.
Leitplanken verschlimmerten die Situation
Dennoch gibt es auch kritische Stimmen nach den Ereignissen des vergangenen Wochenendes. Sebastian Vettel sagte nach dem Unfall: "Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht wie, aber so sollte die Leitplanke nicht kaputtgehen." Auch Mercedes-Boss Toto Wolff kritisierte das Nachgeben der Streckenbegrenzung: "Der Winkel muss so präzise gewesen sein - wie ein Messer, dass da durchschneidet. Ich finde nicht, dass sich die modernen Barrieren so teilen sollten. Das müssen wir analysieren."
Lehren aus dem Unfall ziehen
"Eine Benzinzelle sollte immer intakt bleiben. Dass das Auto so zerbricht, darf nicht sein. Das Heck sollte zusammen mit dem Motor abbrechen. Der Motor sollte nicht am Chassis bleiben", fügte Wolff nach dem Rennen hinzu. In der Tat wurde die Konstruktion mit Monocoque auch gewählt, um den Tank zu separieren. Dadurch sollten Autos weniger stark Feuer fangen. Auch aus diesem Unfall muss die FIA also noch lernen und wird dies- so zeigen es die Entwicklungen der letzten Jahre - auch tun.