Motorsport Formel 1
Aston Martin "wie besessen": So sieht der neue AMR25 aus!
Einen Tag vor dem Roll-out des AMR25 in Bahrain hat Aston Martin am Sonntagabend erste Fotos des neuen Formel-1-Autos von Fernando Alonso und Lance Stroll veröffentlicht. Und auch wenn der grüne Bolide vom Team selbst als konsequente Weiterentwicklung bezeichnet wird und nicht als technische Revolution, fallen gleich auf den ersten Blick einige signifikante Änderungen auf.
Der Frontflügel etwa stellt eine bedeutende Evolution des Ende 2025 eingeführten Designs dar. Die Änderungen zielen darauf ab, den Anpressdruck bei niedrigen Geschwindigkeiten zu erhöhen, das Fahrzeug besser auszubalancieren und den Fahrern in allen Phasen der Kurvenfahrt mehr Stabilität zu bieten.
Eine möglichst stabile und berechenbare Balance stand auf dem Wunschzettel insbesondere von Lance Stroll, dem Sohn von Teameigentümer Lawrence Stroll, ganz oben. Stroll jun. kam mit dem 2024er-Aston an manchen Rennwochenenden gut zurecht, tat sich aber auf vielen Strecken schwer, mit seinem Teamkollegen Alonso mitzuhalten. Am Saisonende hatte Alonso 70 Punkte gesammelt und Stroll 24.
Auffällige Änderungen: Seitenkästen, Zacken-Motorhaube
Auch die Seitenkästen des AMR25 wurden neu gestaltet und stellen die wahrscheinlich auffälligste visuelle Veränderung im Vergleich zu 2024 dar. Sie verfügen über einen tiefen Unterschnitt und über einen geschwungenen Kanal entlang des oberen Bodyworks, um den Luftstrom besser zu lenken. Um diese Aero-Modifikation vornehmen zu können, wurde das besonders kompakt gestaltete Kühlsystem neu konfiguriert.
Die Motorabdeckung weist eine gezackte, messerscharfe Rückenlinie auf, die von der Airbox bis zum Heckflügel verläuft und den Luftstrom zum hinteren Teil des Fahrzeugs leitet. Und das Design des Unterbodens wurde überarbeitet, um den Luftstrom unter dem Fahrzeug zu verbessern. Das neue Seitenkasten- und Karosseriedesign ergänzt dies und ermöglicht eine bessere Luftstromführung unter dem Auto und über den Heckflügel.
Interessant: Anders als das Ferrari-Team, das bei der Vorderradaufhängung von einem Pushrod- auf ein Pullrod-Konzept umgestellt hat, bleibt Aston Martin bei beiden Achsen bei einer Pushrod-Radaufhängung. Die Vorderradaufhängung ist durch eine diagonale Struktur mit einem höheren Punkt an der Fahrzeugkarosserie mit dem Chassis verbunden.
Neue Bremskanäle an Vorder- und Hinterachse sind darauf ausgelegt, die Kühlung der Bremsen und die Luftstromführung zu verbessern. Die Bremskanäle leiten Luft in und aus der Bremsanlage. Beim AMR25 besteht diese übrigens aus Brembo-Bremssätteln sowie Kohlefaser-Bremsscheiben und -belägen von Carbon Industrie.
Zudem wurde der Heckflügel mit dem ganz konkreten Ziel designt, das Einlenkverhalten in den Kurven zu verbessern, um das 2024 oftmals unberechenbare Rutschen des Fahrzeugs bestmöglich zu begrenzen.
Alonso & Stroll: Rekord-Fahrerpaarung in der Formel 1
Alonso und Stroll gehen 2025 in ihr drittes gemeinsames Jahr als Teamkollegen. Damit sind sie die am längsten bestehende Fahrerpaarung der aktuellen Formel 1. Stroll startet in seine fünfte Saison in Grün und ist jetzt, mit erst 26 Jahren, der erfahrenste kanadische Grand-Prix-Pilot aller Zeiten. Für Alonso steht erst die dritte Saison bei Aston Martin bevor, und seine 22. insgesamt in der Formel 1.
"Wir haben 2024 viel gelernt, und das Team hat dies als Antrieb genutzt, um mit dem AMR25 in diese Saison zu starten", sagt der 43-jährige Spanier, der 2005, also vor inzwischen 20 Jahren, seinen ersten von zwei WM-Titeln erobert hat.
Sowohl Alonso als auch Stroll werden am Montag in Bahrain im Rahmen eines offiziellen Promotion-Drehtages die ersten Runden mit dem AMR25 absolvieren. Dabei sind laut FIA-Reglement bis zu 200 Kilometer mit speziellen Demoreifen erlaubt. Am Mittwoch geht es dann mit den offiziellen Wintertests aller zehn Formel-1-Teams weiter.
Stroll jun. kündigt an: "Was wir hier aufbauen, ist ein so spannendes Projekt mit großartigen Werkzeugen und talentierten Menschen, und 2025 ist ein Schlüsseljahr für uns, um Fortschritte zu machen."
Andy Cowell: Erstmals Chef eines Formel-1-Teams
Denn: 2025 greifen erstmals die neuen Personalstrukturen, die in den vergangenen Monaten aufgebaut wurden. Teamchef ist jetzt nicht mehr der Luxemburger Mike Krack, der zum Chief Trackside Officer degradiert wurde und als solcher effektiv die Einsätze an der Rennstrecke leitet. Sondern der ehemalige Mercedes-Motorenchef Andy Cowell.
Cowell war von Juli 2008 bis Januar 2013 zunächst Technischer Leiter und ab 2013 Managing Director (Geschäftsführer) von Mercedes AMG High Performance Powertrains. Er verantwortete damit die Entwicklung jener Mercedes-Powerunits, die ab 2014 die Formel 1 dominierten. Bei Aston Martin übernimmt er erstmals die Gesamtverantwortung über ein Grand-Prix-Team.
"Für das diesjährige Auto haben wir die Lehren und das Feedback aus der letzten Saison wirklich berücksichtigt", versichert Cowell. "Wir haben uns darauf konzentriert, ein fahrbareres Auto für Lance und Fernando zu schaffen, und intensiv daran gearbeitet, es berechenbarer zu machen."
"Wir erwarten ab Saisonbeginn in Australien ein enges und wettbewerbsfähiges Feld, daher wissen wir, dass es nicht einfach wird. Unsere Ziele sind realistisch, mit dem Blick darauf, wie wir uns kontinuierlich in allen Bereichen verbessern können, insbesondere da wir, wie alle Teams, auf eine entscheidende Umstellung der Regularien im Jahr 2026 zusteuern", sagt er.
"Bürokratieabbau" als Erfolgsprinzip
Eine von Cowells obersten Prioritäten in seiner neuen Rolle ist der "Bürokratieabbau". Denn: "Flachere Organisationen sind effizienter. Es gibt bei uns jetzt weniger Berichtslinien. Die Kommunikation geht schneller vonstatten. Es müssen weniger Berichte geschrieben werden, es gibt weniger Meetings, und so kommen wir als Team schneller voran."
Seine Mannschaft sei "wie besessen davon, jedes noch so kleine Detail zu optimieren. Jede Abteilung verfolgt dieses Ziel mit enormer Entschlossenheit. Wir möchten, dass jeder Bereich unseres Unternehmens herausragend ist. Wie Fernando richtig gesagt hat: Wenn man alle Elemente zusammenfügt, hat man bessere Chancen."
"Manche sagen, man habe Glück, wenn man gewinnt. Ich finde: Man schmiedet sich sein eigenes Glück, indem man die Puzzleteile richtig zusammensetzt und Teamarbeit fördert. Ich habe immer gerne an effizienten Maschinen und in effizienten Organisationen gearbeitet. Ich liebe es zu sehen, wie Organisationen nahtlos funktionieren, wo 1.000 Menschen wie ein einziges Gehirn denken."
"Genau das streben wir an: sicherzustellen, dass die Organisation effizient und fokussiert ist, jeder seine Verantwortlichkeiten kennt und unsere Prozesse die Kommunikation so verknüpfen, dass Informationen jederzeit fließen. Man muss nicht auf ein Meeting warten", sagt Cowell.
3. März: Erster Arbeitstag von Adrian Newey
Unmittelbar nach den Tests steht für Aston Martin dann aber schon der nächste bedeutsame Tag ins Haus, denn am 3. März ist der offizielle Arbeitsbeginn von Stardesigner Adrian Newey, der nach kurzer Schaffenspause von Red Bull ins Stroll-Camp wechselt. Seine offizielle Funktion: Managing Technical Partner, also de facto Nummer 1 der Technikabteilung und gleichzeitig Anteilseigner.
"Wir freuen uns auf seine Ankunft. Alle vor Ort sind begeistert von der Aussicht, mit ihm zusammenzuarbeiten", sagt Cowell über Newey und grinst: "Für seine Ankunft haben wir ein neues Büro vorbereitet, das groß genug ist, um ein Zeichenbrett unterzubringen!"
"Wir sind begeistert, Adrian an Bord zu haben, um an der Kreativität unserer Rennwagen zu arbeiten, unsere Methoden und Werkzeuge zu optimieren und unsere Qualitätsstandards so zu erhöhen, dass wir hoffentlich jedes Jahr das schnellste Rennauto bauen. Das ist unser Ziel."
Cowell betont jedoch, dass nicht alles von Newey abhänge: "2024 sind 248 neue Mitarbeiter dem Aston-Martin-Team beigetreten. Diese neuen und bestehenden Mitarbeiter werden gemeinsam als Team dieses großartige Rennauto erschaffen. Individuen wie Adrian haben ein tiefes Verständnis für das gesamte Fahrzeug, aber es ist unsere gemeinsame Arbeit, die ein großartiges Auto hervorbringen wird."
Mit 32 Sponsoren kommerziell gut aufgestellt
Indes scheint Aston Martin kommerziell gut aufgestellt zu sein. Auf dem AMR25 und der Teamkleidung befinden sich die Logos von 32 neuen und bestehenden Sponsoren. Seit Jahresbeginn hat das Team fünf neue Partnerschaften angekündigt, darunter zwei Vertragsverlängerungen und eine erweiterte Partnerschaft.
Die wahrscheinlich aufsehenerregendste Partnerbekanntgabe war die Vereinbarung mit dem saudischen Bergbauunternehmen Ma'aden, das als erster "Principal Partner" des Aston-Martin-Teams vorgestellt wurde. Titelsponsor bleibt allerdings der saudische Mineralöl- und Energiekonzern Aramco, der mit einer Marktkapitalisierung von ungefähr 1,7 Billionen US-Dollar zu den zehn wertvollsten Unternehmen der Welt gehört.
In Insiderkreisen wird seit Jahren darüber spekuliert, dass Lawrence Stroll das Team eines Tages an einen saudischen Investor verkaufen könnte. Zumal sich der gleichnamige Sportwagenhersteller Aston Martin Lagonda, dessen Vorstandsvorsitzender Stroll ist, seit 1. Januar 2024 im Börsenwert in etwa halbiert hat. Bewahrheitet haben sich die Gerüchte über einen Verkauf des Formel-1-Teams bisher aber nicht.