Anzeige
Motorsport Formel 1

Charles Leclerc: Elf überholte Autos in nur sechs Kurven!

Article Image Media
© Motorsport Images

"Ich nehme an, das ist jetzt ein anderes Rennen." Das funkte Charles Leclerc nach der ersten Runde beim Formel-1-Finale 2024 in Abu Dhabi zurück an die Ferrari-Box. Antwort: "Ja, allerdings!" Kein Wunder: Leclerc hatte von Startplatz 19 kommend binnen einer halben Runde elf Position aufgeholt und fuhr an achter Stelle.

Die Euphorie über den Erstrunden-Coup war entsprechend groß: Als ihn sein Renningenieur Bryan Bozzi über den Platzgewinn informierte, trällerte Leclerc ein fröhliches "Wuhuhu!" in den Funk. Gut 300 Kilometer später nahm er als Dritter an der letzten Formel-1-Siegerehrung des Jahres teil.

"Ich wusste, ich würde sehr aggressiv vorgehen müssen. Deshalb war mir klar: In der ersten Runde würde ich maximales Risiko gehen müssen, um möglichst viele Positionen zu gewinnen, damit ich dann für den Rest des Rennens in einer guten Ausgangslage wäre. Das ist mir gelungen", sagt Leclerc.

Leclercs erste Runde im Detail

Schon sein Losfahren auf der Zielgeraden war sehenswert: Er ließ direkt den Williams von Franco Colapinto stehen, fuhr am gestrandeten Racing Bulls von Yuki Tsunoda vorbei und kassierte noch vor Kurve 1 den Alpine von Jack Doohan.

Nach Kurve 1 umschiffte Leclerc geschickt die Dreher von Max Verstappen im Red Bull und Oscar Piastri im McLaren und überholte auch den Sauber von Guanyu Zhou.

Auf der Anfahrt zur Haarnadel-Kurve nutzte Leclerc zum einzigen Mal in der Startrunde seinen Reifenvorteil aus: Mercedes-Mann Lewis Hamilton mit Hard-Reifen hatte keine Chance gegen Leclerc, der wie alle weiteren Fahrer auf Medium losgefahren war.

Noch in der Haarnadel ging Leclerc außenrum an Lance Stroll im Aston Martin vorbei und schnappte sich eingangs der Schikane zwischen den beiden langen Geraden schließlich noch Liam Lawson im zweiten Racing Bulls, Valtteri Bottas im zweiten Sauber und Verstappen-Teamkollege Sergio Perez. Das war in Kurve 6. Und das Rennen war zu diesem Zeitpunkt noch keine Minute alt.

Ob er jemals eine bessere erste Runde gefahren habe, wird Leclerc gefragt. Er antwortet: "Ich weiß es nicht. In der Formel 2 hatte ich vielleicht ein paar gute erste Runden. Aber in der Formel 1 war das sicher meine bisher beste erste Runde."

Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur jedenfalls fand Leclercs Auftreten "mega" und meint: "In der ersten Runde schon auf P8 zu sein und dann noch Gasly, Hülkenberg und Russell zu überholen, das war bärenstark."

Die Komponenten-Strafe verhindert Besseres

Die Sache hat nur einen Haken: Ferrari hätte noch mehr gebraucht als das, um McLaren im Kampf um den Titel in der Formel-1-Konstrukteurswertung noch gefährlich werden zu können. Oder wie es Leclerc formuliert: "Leider sind wir aber von zu weit hinten losgefahren, um mehr zu erreichen als das, was wir geschafft haben. Ich glaube, das war das Maximum."

Was aber wäre drin gewesen, hätte Leclerc ein besseres Qualifying erwischt? "Ich schätze, dann hätten wir P4 erreichen können. Das wäre dann [mit der Strafe] P14 oder P15 gewesen in der Startaufstellung. Man weiß nie, was von P15 aus möglich gewesen wäre. Hätten wir auch dann elf Positionen gewonnen? Ich halte das für weit hergeholt."

"Aber im Prinzip habe ich in der ersten Runde all das wettgemacht, was wir zu Beginn des Wochenendes verloren hatten. Ich bereue daher nichts", sagt Leclerc.

Auch Teamchef Vasseur gibt nichts auf Gedankenspiele. Von weiter vorne loszufahren sei "natürlich immer einfacher", meint er. "Mir wäre es natürlich lieber gewesen, Charles auf P1, P2 oder P3 zu haben. Aber wir mussten halt mit der Strafe leben, die wir gekriegt haben, und nächstes Mal müssen wir besser sein bei der Batterie."

Ferrari hatte keine Wahl beim Batteriewechsel

Um den Komponententausch wäre sein Team in Abu Dhabi nicht herumgekommen, erklärt Vasseur weiter. "Es war klar: Wir verlieren Leistung. Schwierig war, den Leistungsverlust zu identifizieren. Es war aber ein ordentliches Problem, verbunden auch mit dem Risiko eines Ausfalls."

"Aus der Situation von vor dem ersten Freien Training heraus, als wir noch versucht haben, die Batterie zu laden, haben wir entschieden, wir tauschen sie aus." Damit war das Handicap für Leclerc besiegelt, der WM-Titelgewinn gegen McLaren in weite Ferne gerückt. Und am Ende blieb für Ferrari nur der zweite Platz in der Gesamtwertung.

"Es tut natürlich weh, weil wir bis zum Saisonende so nah dran waren", sagt Leclerc. "Die Strafe hatte mich am Freitag schon schwer getroffen. Wir haben trotzdem alles gegeben und haben es nicht ganz geschafft. Aber immerhin haben wir alles versucht."

Wie Ferrari 2024 die Wende geschafft hat

Trotz der verlorenen WM könne Ferrari erhobenen Hauptes in die Winterpause gehen. Leclerc jedenfalls gibt sich "sehr zufrieden, weil die erste Saisonphase nicht einfach war. Wir hatten definitiv nicht das schnellste Auto, sondern wir hatten Probleme mit der Leistung."

In der zweiten Saisonphase wiederum habe Ferrari "Unglaubliches" geleistet, meint Leclerc. "Wir sind deutlich schneller geworden, waren viel näher dran an der Spitze und hatten bei manchen Rennen tatsächlich das schnellste Auto. Das haben wir den Leuten in Maranello, Carlos [Sainz], mir und dem Team an der Rennstrecke zu verdanken. Die neuen Updates haben super angeschlagen."

Also anders als das Spanien-Update am Unterboden, das Ferrari die größte sportliche Krise des Jahres bescherte, die das Team über Wochen und Monate beschäftigte. Erst das Monza-Update im September brachte die Wende.

Leclerc: "Der Höhepunkt der Saison 2024 war, wie wir es umgesetzt haben, sodass wir bis zum Schluss um den Titel kämpfen konnten. Das ist uns besonders gut gelungen, und darauf bin ich sehr stolz."

Anzeige
Anzeige