Motorsport Formel 1
Falscher Heckflügel bremst Red Bull ein: Verstappen rutscht "wie auf Eis"
Red Bull verleiht Flügel - in diesem Fall allerdings den falschen: WM-Spitzenreiten Max Verstappen kommt im zweiten Training zum Großen Preis von Las Vegas nicht über Rang 17 hinaus, Teamkollege Sergio Perez landet sogar noch zwei Positionen dahinter auf dem vorletzten Platz.
Das Problem der Red-Bull-Piloten: Mangelnder Topspeed auf den langen Geraden, verursacht durch einen zu großen Heckflügel. Wie die GPS-Daten belegen, verlieren die Red Bulls gegenüber den tonangebenden Autos von Mercedes und McLaren bis zu 7 km/h beim Geradeausfahren - in der Spielerstadt besonders schmerzhaft, denn dort geht es vor allem geradeaus ...
Motorsportberater Helmut Marko räumt nach den Trainingseindrücken gegenüber Motorsport-Total.com ein, dass Red Bull den falschen Flügel mit nach Las Vegas gebracht hat: "Wir haben keinen anderen Heckflügel. Ein kleinerer, so wie wir ihn bei unseren Konkurrenten sehen, wäre mit Sicherheit hilfreicher", erklärt Marko.
Verstappen: "Wir haben einfach keinen Grip"
Zwar habe das Team bereits reagiert, und zumindest den Gurney-Flap abmontiert - mit dieser Lösung müsse man nun aber am Wochenende leben, so Marko. Kurzerhand noch eine bessere Flügelvariante aus der Fabrik im englischen Milton Keynes nach Nevada einzufliegen, das sei keine Option: "Nein", lautet Markos knappe Antwort dazu.
Den Red-Bull-Fahrern steht damit ein schwieriges Wochenende bevor, denn beim mangelnden Topspeed enden die Auswirkungen der Flügelproblematik nicht: "Vor allem mit der Balance bei niedrigem Speed, da bricht das Heck viel aus. Wir sind mit dem Flügel weit runtergegangen, das macht es in den langsamen Ecken jetzt ziemlich schwierig", beschreibt Perez die Folgeprobleme.
Teamkollege Verstappen stellt nach dem Training fest: "Es ist wie Fahren auf Eis." Mit dem Flügel, beziehungsweise was ihm zur Verfügung steht, hat sich der Niederländer allerdings abgefunden, konzentriert sich mehr auf das Feintuning der anderen Stellschrauben - sein Fokus liegt deshalb woanders: "Für mich liegt es extrem an den Reifen. Die Balance des Autos ist gar nicht so schlecht, aber wir haben einfach keinen Grip."
Red Bull noch nicht mit voller Leistung
Hauptverantwortlich dafür sind in Las Vegas die kalten Temperaturen: "Natürlich sind es sehr einzigartige Bedingungen hier, es ist sehr kalt. Aber am Ende des Tages ist es für alle gleich, also müssen wir versuchen zu verstehen, was wir im Moment falsch machen", so Verstappen. Noch sei er zu sehr am Rutschen, vor allem über eine Runde sei die Pace deshalb "recht weit weg".
Wobei Marko nach dem Training zu bedenken gibt, dass nur Perez auf den weichen Reifen fuhr, und Verstappen seine letzte schnelle Runde abbrechen musste: "Ich glaube, da gab es eine gelbe Flagge oder so. Also im Prinzip haben wir uns schon verbessert, man hat es nur in der Zeit nicht gesehen", glaubt der Österreicher an ein etwas verzerrtes Gesamtresultat - zumal Red Bull auch noch nicht die volle Motorleistung aufgedreht habe.
Zumindest etwas Hoffnung bietet laut Marko der Longrun: "Teilweise war der ganz gut, einige Runden waren wettbewerbsfähig, aber dann sind die Hinterreifen eingegangen. Aber es gab zumindest Anzeichen von Speed, wir müssen da jetzt einfach Konstanz reinbringen." Wenngleich der Red-Bull-Berater im ORF einräumt: "Es ist noch viel Arbeit, vor allem, wenn wir da vorne mitfahren wollen."
Dass sich von den Gegnern am Freitag Mercedes mit zwei Bestzeiten zum Favoriten erhebt, davon ist Marko indes weniger überrascht: "Wir haben das von Mercedes heuer öfter gehabt, dass sie plötzlich extrem stark und siegfähig sind."
Zwar könne sich das Kräfteverhältnis mit Zunahme des Griplevels auch schnell wieder ändern, "aber diesmal schauen sie richtig stark aus", sagt Marko über die Silberpfeile: "Was uns aber nicht so sehr stören würde, wenn Mercedes hier 1 und 2 machen würde."
Marko zu WM-Kampf: "Überhaupt keine Chance"
Denn der Blick bei Red Bull richtet sich in Las Vegas ausschließlich auf den WM-Kampf - wenngleich Marko zumindest in Bezug auf die Konstrukteurs-WM einräumt: "Also mit unserer heutigen Leistung haben wir überhaupt keine Chance auf Platz zwei, schon gar nicht auf Platz eins."
Marko weiter: "Aber das war eigentlich schon länger klar, weil wenn man die Punkte hernimmt, die Perez eingefahren hat, im Vergleich zu Max, dann weiß man, wo es fehlt. Aber jetzt schauen wir mal, dass der WM-Titel für Max ins Trockene kommt, dann verschmerzen wir den Konstrukteurstitel leichter."
Trotz des mauen Auftakts für sein Team am Donnerstag (Ortszeit), wirft der Red-Bull-Berater die Flinte in Sachen Fixierung der Fahrer-WM für das Wochenende noch nicht ins Korn - zwar müsse man sich deutlich steigern, um vor Norris ins Ziel zu kommen, aber Marko glaubt: "Das Rennen hier, hat sich auch im Vorjahr gezeigt, dass sich da viel tun kann. Also die Chancen sind da."
Und auch Perez machen zumindest die vielen Überholmöglichkeiten in Las Vegas Mut auf ein Comeback des Teams: "Wir wissen ja, dass nur der Sonntag zählt und man hier überholen kann. Es wird wichtig, dass wir (bis dahin) etwas gute Pace haben", sagt der Mexikaner.
Immerhin: Die Aufgabenstellung an die Red-Bull-Ingenieure für das weitere Wochenende ist laut Marko dabei recht klar: "Wir müssen noch mehr Balance im Auto finden, ohne, dass wir an Topspeed verlieren." Vor allem Letzteres kann sich Red Bull aufgrund des überdimensionalen Flügels nun wirklich nicht leisten.