Blockbuster-Wechsel in der F1
Formel 1: Lewis Hamilton wechselt zu Ferrari und geht einen bewundernswerten Weg - ein Kommentar
- Aktualisiert: 01.02.2024
- 21:01 Uhr
- Chris Lugert
Lewis Hamilton sorgt für einen der größten Formel-1-Schocker seit Jahren und wechselt im kommenden Jahr zu Ferrari. Für seinen Mut gebührt dem siebenmaligen Weltmeister großer Respekt. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Am Tag, als die Fußballwelt den "Deadline Day" feierte, ging der größte Transfer in der Sportwelt ohne Bezug zum runden Leder über die Bühne. Lewis Hamilton, mit sieben WM-Titeln gemeinsam mit Michael Schumacher Rekordweltmeister der Formel 1, sorgte für einen riesigen Schocker, dessen Wellen jeden sportlichen Seismografen in Bewegung versetzten.
Hamilton wird zur Saison 2025 nach dann zwölf Jahren seinen geliebten Mercedes-Rennstall verlassen und zu Ferrari wechseln. Es ist ein Blockbuster-Transfer, wie ihn die Motorsport-Königsklasse selten zuvor erlebt hat. Auch deshalb, weil er mehr oder weniger aus dem Nichts kam.
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Mit seinen inzwischen 39 Jahren gehört Hamilton zu den ältesten Fahrern im Feld. Zwar zeigt ein Fernando Alonso gerade, dass man auch mit jenseits der 40 noch gut in der Formel 1 mithalten kann. Doch Hamilton hatte öfters betont, dass er sich bis Ende seiner Laufbahn eigentlich bei Mercedes sieht. Und Gerüchte über einen Rücktritt gab es bereits häufiger.
Aber statt seine Karriere allmählich ausklingen zu lassen, wagt Hamilton etwas, was ihm nicht mehr viele Beobachter zugetraut hatten. Er sucht noch einmal die ultimative Herausforderung, ohne zu wissen, welches Ergebnis dabei herausspringt.
Ferrari und Hamilton, das war immer auch ein Flirt, aus dem jedoch nie etwas Ernstes entstand. Die Scuderia ist ein Mythos im Motorsport und auch in der Formel 1, die Italiener sind seit Gründung der Rennserie im Jahr 1950 ununterbrochen dabei. Das schwarze Pferd auf gelbem Grund steht für Historie, für Tradition.
Das Wichtigste zur Formel 1
Noch immer versprüht das Team diese besondere Aura, ganz alleine Legenden des Sports erschaffen zu können. Ein Titel mit Ferrari ist für die eigene Vita und das sportliche Vermächtnis mehr wert als zehn Titel mit einem anderen Team.
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Hamilton verlässt seine Komfortzone
Hamilton weiß das. Immer wieder spielte er in der Vergangenheit mit dem Gedanken, irgendwann einmal für das rote Team zu fahren. Doch er wählte stets den bequemen Weg und verlängerte immer wieder bei Mercedes. Jetzt aber verlässt Hamilton seine Komfortzone, was ihm extrem hoch anzurechnen ist.
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Denn ob er in Maranello sportlichen Erfolg haben wird, ist völlig offen. Seit 2007 hat kein Ferrari-Fahrer mehr den WM-Titel gewonnen, was teilweise auch an Hamilton selbst lag, der mit Mercedes den Sport von 2014 bis 2020 dominierte. Der Brite pulverisierte einen Rekord nach dem anderen.
Doch in den vergangenen drei Jahren mussten Hamilton und Mercedes das gemeinsame Verlieren lernen, denn Red Bull und Max Verstappen wurden die neue Macht in der Formel 1. Hamilton wartet seit mehr als zwei Jahren auf einen Grand-Prix-Sieg, eine Durststrecke, die er so in seiner Karriere nie kannte.
Jetzt wuchs in ihm offenbar der Drang, noch einmal etwas Neues zu wagen, vielleicht hatte er auch nicht das Gefühl, dass es bei Mercedes alsbald zu einer deutlichen Verbesserung kommt und er dort den ersehnten achten WM-Titel einfahren kann. Allerdings ist es ein Wechsel nicht ohne Risiko.
Wie schlägt sich Hamilton gegen Leclerc?
Denn bei Ferrari trifft Hamilton nicht nur auf ein Team, das es seit Jahren in beeindruckender Häufigkeit schafft, sich selbst ein Bein zu stellen. Sondern er wird mit Charles Leclerc auch einen extrem starken Teamkollegen an seiner Seite haben. Der Monegasse verlängerte erst kürzlich langfristig bei Ferrari.
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Schon bei Mercedes hatte er immer wieder seine Probleme mit dem jungen George Russell, obwohl er der Arrivierte im Team war. Bei Ferrari aber wird er der Neuling sein und Leclerc der Platzhirsch. Eine krachende Niederlage gegen Leclerc würde sein sportliches Erbe ankratzen und wäre Wasser auf die Mühlen seiner Kritiker, die sagen, dass er nur in perfekten Umständen funktioniert.
Womöglich ist es aber gerade dieser Fakt, der noch einmal neues Feuer in Hamilton entfacht. Raus aus der Lethargie bei Mercedes, rein in ein neues Abenteuer. Eine neue Herausforderung, die noch einmal den jungen Lewis aus der Saison 2007 weckt.
Damals kam er als Rookie in die Formel 1 und machte Alonso - immerhin amtierender Doppel-Weltmeister jener Zeit - bei McLaren das sportliche Leben zur Hölle. Statt bei Mercedes bequem in den Sonnenuntergang zu reiten, versucht sich Hamilton also noch einmal an der ultimativen Prüfung. So geht Sportsgeist!
Macht sich Hamilton endgültig unsterblich?
Ferrari zeigte in der Saison 2023 einen klaren Aufwärtstrend und war lange Zeit mindestens auf Augenhöhe mit Mercedes. In der Konstrukteurs-WM trennten beide Teams am Ende nur drei Punkte zugunsten der Silberpfeile. Beide waren aber chancenlos gegen Red Bull.
Das Reglement wird bis einschließlich 2025 relativ stabil bleiben, Verstappen bleibt also auch für die kommenden zwei Jahre der Favorit. Doch setzt Ferrari den Trend fort, könnte die Scuderia 2025 mit Hamilton ein gehöriges Wörtchen um den Titel mitreden - vorausgesetzt, ihm gelingt die Anpassung an sein neues Team schnell genug.
Holt Hamilton tatsächlich den Titel mit Ferrari? Setzt er sich ausgerechnet im roten Overall, den einst Michael Schumacher zu einem Symbol der Unbesiegbarkeit gemacht hatte, zum achten Mal die Krone auf und wird zum alleinigen Rekordweltmeister? Er würde sich endgültig unsterblich machen. Und die Debatte über den GOAT der Formel 1 wäre dann wohl beendet.