Motorsport
Formel 1 2025 - Rookies beim China-GP: Wer tritt mit breiten Schultern an, wer steht unter Druck?
- Aktualisiert: 22.03.2025
- 12:25 Uhr
- Oliver Jensen, Tobias Wiltschek, Daniel Kugler
Sechs Piloten sitzen in der Formel-1-Saison 2025 erstmals in einem Stammcockpit. In Melbourne überzeugen konnte nur einer, und auch der Auftakt in China lief für einige Rookies nicht zufriedenstellend.
von Oliver Jensen, Tobias Wiltschek und Daniel Kugler
Mehr als sonst üblich standen am vergangenen Wochenende die Rookies im Fokus beim Auftakt zur neuen Formel-1-Saison in Australien.
Immerhin hatten gleich sechs Fahrer zum ersten Mal in ihrer Karriere ein Stammcockpit in der "Königsklasse des Motorsports" ergattert.
Die Bilanz fiel nach dem Rennen in Melbourne allerdings ziemlich ernüchternd aus. Nur einer konnte für positive Schlagzeilen sorgen. Alle anderen stehen vor dem zweiten Grand Prix in Shanghai (Sonntag, ab 8 Uhr im Liveticker) schon mehr oder weniger unter Druck.
ran bewertet die Leistungen der sechs Rookies in Melbourne und schaut auch auf das bisherige China-Wochenende.
Das Wichtigste in Kürze
Andrea Kimi Antonelli: Der kommende Held Italiens?
Noch hielt sich die italienische Presse nach dem starken vierten Platz von Mercedes-Pilot Andrea Kimi Antonelli mit Lobeshymnen auf den 18-Jährigen zurück. Sie war dann doch zu sehr mit dem Desaster von Ferrari beschäftigt.
Dabei konnte sich das Debüt des jüngsten der sechs Rookies mehr als sehen lassen. Er kam von dem Sextett mit den schwierigen Bedingungen mit Abstand am besten zurecht und fuhr als einziger Neuling mit Stammcockpit in die Punkte.
"Wenn er Fehler macht, steht Toto Wolff hinter ihm. Und wenn er George Russell nahe kommt, wird es im Team eher schwierig für Russell“, hatte der ehemalige Formel-1-Pilot Ralf Schumacher schon vor dem Saisonstart bei einem Presseevent von "Sky" gesagt.
Es könnte also schwierig werden für den 27-Jährigen. Immerhin landete der Engländer im Albert Park nur einen Platz vor seinem jungen Teamkollegen.
Im Sprintrennen des China-GPs kam Antonelli auf den 7. Platz. Beim Rennen am Sonntag wird der Youngster von Startplatz acht ins Rennen gehen.
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Oliver Bearman: Der Höhenflug ist einstweilen vorbei
Das Beste vorneweg: Oliver Bearman war neben Antonelli der einzige Rookie, der das Ziel in Melbourne gesehen hat.
Allerdings betrug sein Rückstand auf Sieger Lando Norris über 40 Sekunden, er war damit 14. und Letzter derjenigen Piloten, die beim Saisonauftakt mit der schwarz-weiß-karierten Flagge abgewunken wurden.
In der vergangenen Saison löste der Brite einen regelrechten Hype aus, als er als Ersatzfahrer für Carlos Sainz jr. in Saudi-Arabien im Ferrari in seinem allerersten F1-Rennen auf Platz sieben fuhr.
Doch in diesem Jahr ist Bearman nicht mehr Ersatzfahrer, sondern muss als Stammpilot bei Haas Woche für Woche zeigen, dass er die nötige Klasse hat. "Das ist schon ein Unterschied. Er steht nun in der Verantwortung und wird gefordert", sagt "Sky"-Experte Schumacher.
Die Aufgabe, in Shanghai mehr als Platz 14 zu erreichen, wird nicht einfach sein. Im Sprint landete der 19-Jährige auf Rang 15. Am Sonntag wird Bearman von Position 17 aus ins Rennen gehen.
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Jack Doohan: Sind seine Tage als Stammpilot schon gezählt?
Den größten Druck unter den Rookies vor dem zweiten Saisonrennen wird sicherlich Jack Doohan spüren. Der Sohn des fünfmaligen Motorrad-Weltmeisters Mick Doohan lenkte seinen Alpine in Melbourne schon in der ersten Runde in die Streckenbegrenzung.
Ein denkbar schlechter Start in die neue Formel-1-Saison, und ein denkbar schlechtes Argument im Kampf um das Stammcockpit. Denn das ist bei Alpine schon in der Frühphase der Saison so hart umkämpft wie bei keinem anderen Team.
Dem Australier sitzt der Argentinier Franco Colapinto im Nacken. Der 21-Jährige ist Zögling von Alpine-Chefberater Flavio Briatore, als Testfahrer angestellt und dürfte spätestens beim nächsten Ausrutscher Doohans seine Chance wittern.
Und auch der Auftakt in China war für den 22-Jährigen alles andere als erfreulich. Im Sprintrennen wurden Doohan nach einem missglückten Angriff auf Gabriel Bortoleto im Kampf um Platz 17 in der letzten Runde zehn Sekunden und zwei Strafpunkte aufgebrummt. Beim Rennen am Sonntag wird der Australier von Startplatz 18 ins Rennen gehen.
Liam Lawson: Glückloser Perez-Nachfolger
Liam Lawson hatte vor seinem Debüt als Stammfahrer in der Formel 1 schon elf Rennen bestritten. Der Schritt ins Cockpit des dominierenden Teams der vergangenen Jahre war dennoch enorm.
Der Neuseeländer hat die Aufgabe, als Nachfolger des entlassenen Sergio Perez Weltmeister Max Verstappen bei dessen Titelverteidigung zu unterstützen. In Australien ist ihm das ganz und gar nicht gelungen. In Runde 46 war sein Rennen nach einem Dreher auf regennasser Fahrbahn bereits beendet.
Das 1. Freie Training und das Sprint-Qualifying in China gaben weiteren Anlass zur Sorge. Das Lawson-Experiment bei Red Bull könnte bereits gescheitert sein.
Teamchef Christian Horner stellte sich zwar schützend vor den 23-Jährigen. Doch "Motorsport-Total"-Experte Marc Surer zählt Lawson bereits an: "Was für ein schwacher Einstand für ihn. Er muss jetzt schon um seinen Platz zittern."
Die Kritik an Lawson reißt nicht ab. Nach Platz 14 im Sprint zeigte er sich selbstkritisch: Das Resultat sei zwar noch okay gewesen, "aber ich sitze in einem Red Bull. Platz 14 ist also nicht wirklich akzeptabel."
Helmut Marko sprach bei "Sky" Klartext. "Das ist nicht das, was wir uns erwartet haben. Das werden wir in Ruhe diskutieren und analysieren", sagte der Red-Bull-Motorsportchef und verwies darauf, dass man unterhalb von Red Bull Racing gut aufgestellt sei.
Auf die Nachfrage, ob ein Wechsel während der Saison nicht ausgeschlossen sei, sagte er: "Formel 1 ist Leistungssport. Und letztlich ist es das, was zählt."
Auch Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve kritisierte den RB-Piloten harsch. Max Verstappen brauche einen Teamkollegen, sagte Villeneuve bei "F1 TV". Bei Lawson sei es im Moment "schlimmer als bei Perez, und dieses Auto muss sich weiterentwickeln, muss besser werden. Und das kann man nicht alleine schaffen", so der Champion von 1997.
Nachdem Lawson bereits im Sprint-Qualifying auf dem letzten Platz landete, geht er auch am Sonntag vom 20. Rang ins Rennen. Das Back-to-Back-Debakel in der Quali dürfte seine Aktien weiter sinken lassen.
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Isack Hadjar: Nächste Chance nach tränenreichem Aus
Isack Hadjar sorgte für die emotionalsten Bilder des Formel-1-Auftakts, musste sich aber auch schon den ersten Spott gefallen lassen.
Nachdem der französische Racing-Bulls-Pilot schon in der zweiten Kurve der Aufwärmrunde in die Mauer gekracht war, stand er weinend am Streckenrand. Für Helmut Marko war das ein wenig zu viel der Emotion. Hadjar habe "eine tränenreiche Show geboten", sagte der Österreicher im "ORF": "Das war ein bisschen peinlich."
Racing-Bulls-Geschäftsführer Peter Bayer tröstete seinen Schützling dagegen und blickte schon da auf den China-GP voraus: "Wir haben ja Gott sei Dank nächste Woche wieder ein Rennen für ihn."
Im Sprint in Shanghai kam der 20-Jährige auf Rang 13. Mit Platz sieben im Qualifying für das Sonntagsrennen sorgte Hadjar für ein Ausrufezeichen und bekam dafür von Marko ein Sonderlob: "Das ist ganz erfreulich, was Hadjar abliefert. Er kennt den Kurs nicht, fährt fehlerfrei. Das ist eine sehr positive Überraschung."
Gabriel Bortoleto: Crash-Pilot braucht neuen Frontflügel
Immerhin 45 Runden hielt es Gabriel Bortoleto in Australien auf der Strecke, ehe auch er nach einem Fahrfehler ausschied.
Der Brasilianer schaute nach seinem gebrauchten Debüt ebenfalls notgedrungen nach vorn: "Ich konzentriere mich lieber auf die kommenden Aufgaben und gebe mein Bestes, statt einfach nur herumzufahren und Letzter zu werden."
In China aber braucht er dafür nicht nur eine bessere Leistung, sondern auch einen neuen Frontflügel. Der alte wurde beim Crash in Melbourne zerstört und ist, wenn überhaupt, erst nach dem Rennen in Shanghai wieder einsatzbereit.
Wirklich Besserung ist dort aber noch nicht zu sehen. Beim ersten Sprintrennen der Saison landete der 20-Jährige auf Rang 18. Am Sonntag wird Bortoleto vom vorletzten Platz ins Rennen gehen.