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Motorsport Formel 1

Ist Massa wegen des WM-Skandals sauer auf Ecclestone? "Ich kenne seinen Stil"

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© Ferrari

Felipe Massa kämpft weiter um die Zuerkennung des WM-Titels: Der Brasilianer hat deshalb Klage gegen die FIA und die Formel 1 eingereicht. Am Rande des Großes Preises von Singapur, jenem Rennen, das Massa aus der 2008-er Saison gestrichen haben möchte, wodurch er rechnerisch nachträglich zum Weltmeister würde, haben wir uns mit dem ehemaligen Ferrari-Piloten exklusiv über seine beispiellose Mission unterhalten:

Frage: Felipe, Singapur ist natürlich ein besonderer Platz für dich, mit all den Dingen, die hier 2008 vorgefallen sind. Wie ist es, wieder zurück zu sein? Felipe Massa: Ich mochte es hier immer, die Stadt, die Leute, auch die Strecke. Aber natürlich, ich kann nicht nicht daran denken, was hier vor langer Zeit passiert ist. Aber ich bin auch hergekommen, um ein paar Freunde zu sehen, und natürlich für die Arbeit. Und es ist immer nett rumzulaufen, ein paar Leute zu sehen, Gespräche zu führen.

Frage: Wenn wir über den Tag 2008 sprechen: Natürlich gab es diesen Vorfall beim Boxenstopp (mitgerissener Tankschlauch), aber während wir heute darüber reden, läuft auch noch der Gerichtsprozess nach dem Bernie-Ecclestone-Aussagen. Wie ist da der aktuelle Stand, gibt es Neuigkeiten? Felipe Massa: Wir sind seit vier, fünf Monaten vor Gericht, und die Dinge laufen. Wir kämpfen definitiv um die Gerechtigkeit, denn es war nicht fair. Vor allem nach 15 Jahren zu hören, dass sie es schon 2008 wussten, und sich entschieden haben, überhaupt nichts zu machen. Das war zu viel für mich. Deswegen habe ich eine Gruppe von professionellen Rechtsvertretern zusammengestellt. Es ist natürlich nicht mein Fachgebiet, aber wir haben ein großes Team, das um die Gerechtigkeit und die richtige Sache kämpft, und das ist es, was wir tun.

Frage: Wann hast du erstmals davon gehört - war es dieses Bernie-Ecclestone-Interview mit F1-Insider vor anderthalb Jahren? Felipe Massa: Ja, zu Beginn von 2023.

Frage: Von den anderen involvierten Personen hat dir nie jemand etwas erzählt? Weil Nelson Piquet jun. und Sr. zum Beispiel, die wussten es ja ... Felipe Massa: Ich wusste es aber nicht genau. Es ist schade, es erst so viel später zu erfahren. 15 Jahre später in der Zeit jetzt darum zu kämpfen, ist etwas, das ich nie in meinem Leben gedacht hätte. Aber es ist nicht gerecht für mich, aus meiner Perspektive.

Frage: Also fühlst du dich betrogen? Felipe Massa: Ja.

Frage: Aber was ist der bestmögliche Ausgang? Also für wie wahrscheinlich erachtest du es, dass sie dir jetzt noch den WM-Titel geben? Oder geht es mehr um Kompensation oder so etwas? Felipe Massa: Mit Sicherheit kämpfen wir wegen etwas, das nicht fair war, wegen dem, was vorgefallen ist. Wonach ich definitiv strebe, ist, anerkannt zu werden. Anerkannt als Champion, weil ich das verdient habe. Es war nicht fair, was mir passiert ist, wegen etwas, das im Rennen passiert ist, und nicht Teil des Sports ist. Deswegen kämpfe ich, und ich kämpfe definitiv bis zum Schluss.

Frage: Hast du jemals mit Bernie direkt darüber gesprochen, und wenn ja, was hat er gesagt? Felipe Massa: Ja. Er hat gesagt, dass ich im Recht damit bin, vor Gericht zu gehen.

Frage: Aber war er zunächst nicht Teil des Problems? Felipe Massa: Was soll ich sagen? Es ist etwas, von dem er sich entschieden hat, etwas dazu zu sagen, und seinen Mund aufzumachen. Wenn auch sehr spät.

Frage: Warst du sauer auf ihn, dass er das nicht früher getan hat? Felipe Massa: Ich kenne seinen Stil. Ich weiß, wie er ist. Und ich weiß so viele Sachen, die in der Formel 1 passieren, die viele Leute vielleicht nicht wissen. Es gibt so viel Politik drumherum ...

Frage: Aber das ist doch eine gute Frage: Was ist vielleicht noch alles passiert, von dem niemand von uns bisher überhaupt weiß? Du wirst ja nicht der einzige sein, dem da mitgespielt wurde - vielleicht sind auch andere Sachen gelaufen? Felipe Massa: Ja, aber was wir nicht wissen, darum können wir auch unmöglich kämpfen. Wenn du es aber weißt, und verstehst, dass es nicht korrekt war, was dir widerfahren ist, dann ist es natürlich eine andere Sache. Deswegen habe ich mich dazu entschieden, aber es ist nicht einfach. Es ist sehr schwer für mich, Teil von so etwas zu sein, was mir in meinem ganzen Leben noch nicht passiert ist. Mit Sicherheit keine schöne Sache, aber ich glaube, dass es das Richtige ist, das zu tun.

Frage: Hast du jemals mit Lewis darüber gesprochen? Felipe Massa: Nein.

Frage: Weil ihr einfach nie gesprochen habt, oder weil es nicht sein Fehler ist? Felipe Massa: Um ehrlich zu sein, der Kampf ist nicht mit Lewis. Lewis hat mit diesem Kampf doch überhaupt nichts zu tun. Der Kampf ist, was in dem Rennen passiert ist, was keine korrekte Sache für den Sport war. Der Kampf ist, dass dieses Rennen annulliert werden sollte. Das ist der Kampf.

Frage: In Singapur war das Thema jetzt mal wieder präsent - auch durch Daniel Ricciardo, der sich nach dem Qualifying einen Scherz erlaubte, und sagte: "Holt Piquet zurück!" Ich nehme mal an, du fandest das weniger witzig? Felipe Massa: Ich denke, Witze sind Witze. Aber das ist vielleicht kein besonders netter Witz. Über etwas Witze zu machen, das nicht korrekt für den Sport war, ist nicht so schön. Aber ich war nicht dabei, ich habe nicht den genauen Wortlaut gehört, und ich verstehe, dass Witze Witze sind. Aber definitiv ist es kein netter Witz, und natürlich keine schöne Sache, dass mir das passiert ist.

Frage: Wenn wir schon über Wortlaute sprechen, dann bringt uns das eigentlich direkt zu der Diskussion zuletzt über die Schimpfwörter der Fahrer und Max Verstappens Strafe in Singapur. Wie bewertest du diese Causa? Felipe Massa: Ich denke, alles in unserem Leben und in diesem Sport, hat ein Limit. Man kann nicht etwas sagen, das dieses Limit überschreitet. Aber das ist nicht so etwas, das gehört irgendwie dazu. Wenn du beim Fußball jemanden triffst, und du hättest ein Mikrofon am Mund, was denkst du, was der sagen würde? Alles hat ein Limit, aber was passiert ist mit der FIA, das war nicht nett, was sie mit Max gemacht haben - und man kann sehen, dass alle Fahrer komplett dagegen sind. Und das bin ich auch, denn ja, alles hat ein Limit, aber was er gesagt hat, war wirklich nicht über diesem Limit.

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