Anzeige
Motorsport Formel 1

Lewis Hamilton: Max hätte Piastri an Norris' Stelle sicher nicht durchgelassen

Article Image Media
© circuitpics.de

Lewis Hamilton ist davon überzeugt, dass sein früherer Erzrivale Max Verstappen beim Grand Prix von Ungarn nicht für Oscar Piastri Platz gemacht hätte, wenn er an Lando Norris' Stelle im McLaren gewesen wäre. Und er betont gleichzeitig, dass er sich selbst wie Norris verhalten und der Bitte des Teams Folge geleistet hätte.

"Max hätte ihn nicht vorbeigelassen", sagt Hamilton und antwortet auf eine entsprechende Frage: "Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, denn ich entscheide das ja nicht. Aber wäre ich in der Situation gewesen, hätte ich getan, worum mich das Team bittet. So schwer das auch sein mag."

"Denn es geht unterm Strich nicht um dich, sondern um 2.000 Menschen, die du repräsentierst und die mit dir arbeiten, und es geht um die Botschaft, die das alles sendet. Insofern denke ich, dass Lando die richtige Entscheidung getroffen hat."

Formel-1-Fahrer wie Verstappen und er selbst, sagt Hamilton, "müssen Teamleader sein, aber auch Teammitglieder. Vielleicht weniger Leader als Teil des Teams. Es muss dir immer bewusst sein, dass du ein Teammitglied mit vielen Teamkollegen bist, und dass du dich verhalten solltest, wie sich ein Weltmeister eben verhalten sollte."

Unabhängig davon gibt es im Paddock, unter Experten, aber auch bei Fans unterschiedliche Meinungen darüber, wie sich McLaren in Ungarn hätte verhalten sollen. Die einen können verstehen, dass das Team den Doppelsieg absichern wollte, und begrüßen es, dass Piastri die Führung, die er sich davor sportlich fair erarbeitet hatte, wieder zurückgegeben wurde.

Andere finden, dass McLaren aufgrund der WM-Situation von vornherein Norris zur Nummer 1 erklären sollte, um noch eine Chance zu haben, dessen 76 Punkte Rückstand auf Verstappen aufzuholen. Eine Konstellation, die allerdings in der echten Welt derzeit weder von Piastri noch von Norris selbst angestrebt wird.

"Ich glaube", sagt Hamilton dazu, "ich hatte irgendwann mal 40 Punkte Rückstand. 70 ist schon eine Menge Holz, vor allem, wenn du gegen ein Auto fährst, das zu nahezu 100 Prozent zuverlässig ist. Hatten sie nicht einen Defekt, als Max' Motor den Geist aufgegeben hat, in Australien? Aber sonst sind sie ein nahezu makellos performendes Team."

Hamiltons Erinnerung ist grundsätzlich richtig, aber im Detail verwässert: Zwar ist Verstappen beim Grand Prix von Australien tatsächlich ausgeschieden. Er hat dort seine bisher einzige Nullrunde der laufenden Saison angeschrieben. Die Ursache dafür war aber ein Bremsdefekt und kein Motorschaden.

Hamilton: WM wird schwierig für Norris

Es sei für Norris "nicht unmöglich, aber eine gigantische Aufgabe", 2024 noch Weltmeister zu werden. Hamilton sagt: McLaren habe "zwei sehr starke Fahrer, die letztendlich dazu in der Lage sind, um die WM zu fahren. Ein Auto könnte es wirklich schaffen, und das andere kann einen Haufen Punkte holen. Sie haben sicher eine Basis, mit der man arbeiten kann."

Nicht weiter geärgert hat sich Hamilton über Norris' Verhalten unmittelbar nach dem für ihn aufwühlenden Rennen auf dem Hungaroring vor einer Woche. Norris kam in den sogenannten Podiumraum und warf dort aus der Emotion heraus gleich mal seine Platz-2-Kappe auf den Boden. Und dann kam es auch noch zu einem kleinen Wortgefecht.

"Wow, seid ihr schnell", sagte Hamilton, worauf sich Norris zu ihm umdrehte und fauchte: "Nun, du hattest vor sieben Jahren ein schnelles Auto, Kumpel." Wobei er wahrscheinlich "für sieben Jahre" und nicht "vor sieben Jahren" meinte. Hamilton blieb gelassen und konterte: "Vor sieben Jahren, das ist eine lange Zeit. Warst du vor sieben Jahren schon hier?"

Norris hatte jetzt immerhin ein Lächeln im Gesicht und beugte sich zu Boden, um die Kappe wieder aufzuheben. Er ließ Hamilton seinen Satz gar nicht zu Ende bringen und sagte: "Du hast das Beste draus gemacht, und jetzt sind wir dran." Worauf Hamilton nur noch antwortete: "Ich habe mich nicht beschwert. Ich habe nur eurem Auto ein Kompliment gemacht."

Hamilton wegen Norris-Auftritt nicht sauer

Ein Wortgefecht in der ersten Emotion, das Hamilton nicht zur Staatsaffäre machen möchte. Er relativiert mit einer Woche Distanz: "Es hat mich nicht gestört. Ich bin fast 40, und ich weiß noch, wie es war, als ich Mitte 20 war. Vieles, was ich damals gesagt habe, würde ich heute so nicht mehr sagen, oder mich anders verhalten."

"Wenn du nach einem Rennen bist, in dem du das Gefühl hattest, dass du es gewinnen hättest sollen, dann gehen deine Emotionen mit dir durch. Das ist eine Sache des Alters, und ich nehme es nicht persönlich. Wir sind alle Rennfahrer, und wir stehen alle unter Druck."

"Ich glaube, es braucht diesen Druck auch. Wenn du dir im Leben was vornimmst und scheiterst, und dann sagst du, es macht dir nichts aus und es ist gar nicht so tragisch, dann wirst du nie das erreichen, was du potenziell erreichen könntest. Kann man auch zu selbstkritisch sein? Klar. Ich wäre in seinem Alter wahrscheinlich drei Tage nicht mehr aus meinem Zimmer gekommen. Ich weiß, wie das ist."

Aber: "Das war nicht gesund für mich. Ich glaube nicht, dass sich Lando jetzt drei Tage in sein Zimmer eingesperrt hat, und ich hoffe, er tut das nicht. Ich glaube, es ist wichtig, dass er einfach so weitermacht. Er fährt großartig, sie haben ein großartiges Auto, und sie müssen einfach weiterhin als Team zusammenarbeiten."

Anzeige
Anzeige